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Drei Kleinauer Räte erklären ihren Rücktritt Norbert Möllmann: "Das ist Betrug am Bürger"

Von Helga Räßler 14.12.2011, 05:27

Als Betrug am Bürger bezeichnete der Kleinauer Ratsherr Norbert Möllmann den Erlass zur "Abweichung von Regelungen der Gebietsänderungsverträge". Er erklärte seinen Rücktritt. Bernd Schulz und Jörg Liestmann folgten seinem Beispiel.

Kleinau l "Wenn das so ist, dann brauche ich hier nicht mehr zu sitzen", erklärte der Kleinauer Ratsherr Norbert Möllmann am Montagabend während der öffentlichen Sitzung des Ortschaftsrates. "Ich komme nicht wieder - ich erklärte meinen Rücktritt", setzte er hinzu. Er bezeichnete den Erlass des Innenministeriums zum "Recht auf Abweichung von Regelungen der Gebietsänderungsverträge aufgrund der Pflicht zur Haushaltskonsolidierung" als einen Betrug am Bürger.

"Für unsere Freiwilligkeit und Engagement werden wir jetzt in den Allerwertesten getreten"

Jörg Liestmann

Erst habe das Land die freiwillige Entscheidung zum Zusammenschluss gefordert und mit der Festschreibung von Steuerhebesätzen und Erhalt der Rücklagen in den Gebietsänderungsverträgen gelockt, jetzt solle das alles null und nichtig sein. "Für unsere Freiwilligkeit und unser ehrenamtliches Engagement werden wir jetzt in den Allerwertesten getreten", machte auch Ratsmitglied Jörg Liestmann seinem Ärger Luft.

Unter den jetzigen Bedingungen halte er den Ortschaftsrat für überflüssig. "Ich trete auch zurück, was soll das noch", sagte er. Ebenso sein Ratskollege Bernd Schulz. "Mit der Aushebelung der Verträge wird doch jetzt nachträglich all jenen recht gegeben, die von Anfang an deren Einhaltung bezweifelten", machte er klar. Und es würden jene Orte belohnt, die sich nicht freiwillig zuordnen ließen. "Die haben abgewartet und ihre Rücklagen aufgebraucht und lassen jetzt die Einheitsgemeinde zahlen", so Bernd Schulz. "Wir sind jetzt die Dummen und müssen womöglich unser Erspartes aufgeben." Er trete zurück, "dann kann schon mal meine Aufwandsentschädigung eingespart werden", sagte er.

Die anderen Ratsmitglieder stimmten ihm zu, wollten aber auf Anraten ihres Ortsbürgermeisters Hans-Georg Kempcke noch mit einem Rücktritt warten. "Wir Bürgermeister der betroffenen Orte treffen uns mit dem Bürgermeister der Einheitsgemeinde, um den Erlass zu beraten und unsere weitere Vorgehensweise", betonte Kempcke. Danach wolle der gesamte Rat im Januar 2012 entscheiden, ob er geschlossen zurücktrete oder nicht.

Hans-Georg Kempcke hatte zuvor den ministeriellen Erlass vorgelesen. Darin werde von der Haushaltskonsolidierung der Kommunen in Einzelfällen gesprochen, bei denen dann die Gebietsänderungsverträge zumindest in Sachen Steuerhebesätze keine Gültigkeit mehr haben sollen. "Was hier als Einzelfälle bezeichnet wird, ist in der Praxis der Regelfall", kritisierte er das Schreiben. "Außerdem ist es ein Unding, dass die Kommunalaufsicht erst die Verträge zwischen Ortschaft und Stadt absegnet und nun für deren Aufhebung sorgen soll", monierte er.

"Diese Vorgehensweise ist eine Beschädigung des Ehrenamts - man wirft uns Knüppel zwischen die Beine"

Hans-Georg Kempcke

Wie könne die Kommunalaufsicht die Interessen der Orte vertreten und gleichzeitig die Forderungen des Innenministeriums durchsetzen. Und: "Diese Vorgehensweise ist eine Beschädigung des Ehrenamts", betonte Kempcke. Einerseits gebe es Ehrungen für engagierte Ehrenamtler, andererseits "wirft man uns ehrenamtlichen Räten Knüppel zwischen die Beine", konstatierte Kempcke.

"Es soll zwar dabei vorrangig um die Anhebung der Steuerhebesätze gehen, aber die Aussagen des Finanzministers lassen keinen Zweifel daran, dass zum Haushaltsausgleich auch die Rücklagen dienen sollen", sagte er.

Das könne er nicht hinnehmen und wolle in der Bürgermeisterrunde einen vernünftigen Kompromiss aushandeln. Denn laut Vertrag stehe das Geld Kleinau zu investiven Zwecken zur Verfügung. Neue Fenster im Schulspeisesaal, ländlicher Wegebau, die Anschaffung von zur Gefahrenabwehr nötigen zwei Feuerwehrfahrzeugen und Modernisierungen in der Kindertagesstätte sind für 2012 geplant.

"Ich sehe ehrlich gesagt die Chance auf Realisierung gleich null", schätzte Bernd Schulz ein.