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Hans-Joachim Behrens mit dem diamantenen Meisterbrief der Handwerkskammer geehrt "Leben geht nicht immer geraden Weg"

27.12.2011, 04:23

Mehr als 60 Jahre ist es her, da machte Tischler Hans-Joachim Behrens seinen Meister. Dafür bekam er den diamantenen Meisterbrief der Handwerkskammer überreicht. Bereits Vater und Großvater des Salzwedelers betrieben eine Tischlerei.

Von Lion Grote

Salzwedel l "Ich habe vor, noch ein Stückchen mitzuspielen", sagt Hans-Joachim Behrens und meint damit das Leben. 1923 wurde er in Salzwedel geboren. Mit 26 Jahren machte er seinen Meister als Tischler. Für das 60-jährige Jubiläum bekam Behrens nun den diamantenen Meisterbrief der Handwerkskammer. Eine Auszeichnung, die in diesem Jahr zum ersten Mal verliehen wurde.

Schon sein Vater und der Großvater betrieben eine Tischlerei in Salzwedel. Als junger Mann dachte Hans-Joachim Behrens nicht unbedingt daran, diese zu übernehmen. "Aber das Leben geht nicht immer den geraden Weg", erinnert er sich. Beim Großvater lernte er den Beruf von Grund auf. Zusätzlich arbeitete er auch in einer Stendaler Möbelfabrik. Kurz nachdem der Enkel bereit war, den Familienbetrieb zu übernehmen, starb der Großvater. "Das geht mir immer noch an die Nieren, wenn ich daran denke", gesteht Behrens.

Doch das Geschäft lief gut, und auch die Kreativität machte ihm Freude. 1958 stellte er als einfacherer Handwerksmeister seine "Möbel aus dem Koffer" auf der großen Messe in Leipzig aus. "Da haben sich einige beschwert, dass ich das mache. Ich solle doch nur bauen und nicht entwickeln." Wandlungsmöbel hießen seine Konstrukte. Was heute üblich ist, war damals neu. Regalsysteme für Kaufhäuser, Stühle oder Schränke für das Wohnzimmer -- alles schnell auseinander- und wieder zusammengebaut. Schnell, leicht und einfach zu transportieren. Die Patente liegen noch heute sorgfältig abgeheftet und beschriftet im Schrank. Reich werden konnte man mit dieser Idee in der DDR allerdings nicht.

Neuen Spaß an seinem Beruf fand Hans-Joachim Behrens nach der Wende wieder. "Da ging es nochmal richtig los", sagt er. Werkstoffe waren in großen Mengen erhältlich, die Aufträge kamen. Neben der Tischlerei, in der vor allem für den Ladenbau gearbeitet wurde, gab es auch noch ein kleines Möbelgeschäft. Bis 1994 stand er selber jeden Tag in der Werkstatt. Auch wenn es nicht immer sein Traumberuf war, Freude hatte Hans-Joachim Behrens an der Arbeit mit Holz immer. "Jedes Holz ist schön, Holz hat immer eine Aussage", beschreibt er geradezu liebevoll. Diese Liebe zum Rohstoff vermittelte Behrens über die Jahrzehnte auch an etwa 40 Auszubildende. Die Werkstatt ist inzwischen geschlossen, auch das Möbelhaus gibt es nicht mehr. Doch Hans-Joachim Behrens und seine Frau sind zufrieden. Mit sich und ihrem Leben.