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Anna Maria und Rüdiger Meussling feiern heute ihre goldene Hochzeit Meusslings: Eine Liebe, die den schweren Zeiten im Leben zum Trotz weiter wächst

Von Kathleen Radunsky-Neumann 16.02.2013, 02:24

Seit 50 Jahren verheiratet sind heute Anna-Maria und Rüdiger Meussling. Kennengelernt haben sich der Pfarrer und die Restauratorin einst beim Chorsingen. Seit 40 Jahren wirken beide in und um Plötzky. Deshalb sind die engagierten Eheleute in der Region bekannt wie der sprichwörtliche "bunte Hund".

Plötzky l Sind Sie noch glücklich verheiratet? Rüdiger Meussling schaut seine Frau an. Nach einem kurzen Moment fordert er sie auf: "Sag du ruhig." Anna-Maria Meussling antwortet ohne Probleme. "Seitdem Rüdiger im Ruhestand ist, können wir intensiver leben." Und ja, soll heißen: Meusslings, die heute auf den Tag genau seit 50 Jahren verheiratet sind und sich seit genau 51 Jahren kennen, lieben sich noch immer. Und sie sind immer noch glücklich. Glücklicher denn je.

Das müssen die beiden eigentlich nicht mit Worten ausdrücken. Wer das Paar erlebt, der weiß das auch so. Obwohl sie inzwischen 73 und 70 Jahre alt sind, sprühen sie Lebensfreude aus. Ein Lächeln im Gesicht und auf den Lippen tragen sie sowieso immerzu. Wer einen der beiden Meusslings treffen will, begegnet meist auch der zweiten Meussling-Hälfte. Und das sind immer angenehme Zusammenkünfte.

"Unser Grundprinzip ist, dass wir uns immer vor dem Schlafengehen vertragen."

Meusslings sind sich nicht immer einig. Damit halten sie nicht hinterm Berg. Doch ihre Devise und vielleicht auch das Geheimrezept für die lange und glückliche Ehe lautet schlicht: "Unser Grundprinzip ist, dass wir uns immer vor dem Schlafengehen vertragen." Das sei dem Ehepaar gelungen, sagt Anna-Maria Meussling. Auch wenn das nicht immer einfach gefallen sei. Denn einen großen Schatten, über den jeder springen muss, haben beide. "Wir blicken auf ein schönes Leben zurück. Aber eben auch auf schwere Zeiten", sagt Rüdiger Meussling in diesem Zusammenhang. Und seine bessere Hälfte ergänzt: "Das bleibt in keiner Ehe und auch nicht im Leben aus."

Recht hat sie. Es geht nicht darum, wer hat mehr Leid ertragen müssen. Wie man damit umgeht, ist wichtiger. Meusslings haben wohl genau das geschafft, woran viele Beziehungen scheitern. In leichten wie auch schweren Zeiten haben sie zusammengehalten. Die nicht so einfachen Zeiten haben bei Meusslings zeitig begonnen. Denn bereits ein Jahr nach ihrem Kennenlernen sind sie als Ehepaar in die Altmark gezogen, wo genauso wie in Plötzky, Pretzien und Ranies ebenso Kirchenhäuser saniert werden mussten.

Doch zuerst zurück zum Kennenlernen. Anna-Maria Meussling war 1962 als Lehrling in den kirchlichen Werkstätten in Erfurt beschäftigt. In ihrer Freizeit sang sie im Chor. Eines Tages kam der junge Student Rüdiger Meussling ebenfalls zum Chor. Und da hat er direkt Anna-Maria für sich "entdeckt". Am 16. Februar 1962, beim Faschingsfest, beschlossen beide, dass sie nur noch gemeinsam durch das Leben gehen wollen.

Und was hat Rüdiger an seiner heutigen Ehfrau begeistert? "Dass sie so leicht zu heben war", sagt der 73-Jährige in seiner gewohnt charmanten Art. Man muss sich in die Zeit zurückversetzen. Die 1970er Jahre waren der Inbegriff des Rock\'n\'Roll und der Petticoats. Da musste man die Dame beim Tanz schon irgendwie über die Schulter fliegen lassen. Rüdiger hat das offenbar mit Anna-Maria getan. Und irgendwie sprang dabei der Funke über.

Ein Jahr später, am 16. Februar 1963, haben sich die beiden das Ja-Wort gegeben. Recht schnell. Aber es ging nicht anders. "Am 9. April 1963 sollte Rüdiger seine Pfarrstelle in der Altmark antreten, unverheiratet hätten wir nicht nach Baben bei Stendal ziehen können", erklärt Anna-Maria Meussling. Und die Passionszeit sei für eine Hochzeit tabu gewesen. So fiel der Tag der Eheschließung eben auf den Jahrestag.

"Wir wären ohne uns nicht klar gekommen."

Geheiratet wurde in Gebesee bei Erfurt. "In der Kirche herrschten minus 10 Grad Celsius", erinnert sich Anna-Maria Meussling. Das dünne Hochzeitskleid musste trotzdem sein. "Ich habe ganz schön gefroren", sagt sie. Und Rüdiger ergänzt seine ganz eigene Anekdote mit Bezug zu heute: "Damals konnte ich meine Frau noch auf den Händen über die Domschwelle tragen." Heute, so der 73-Jährige, könnte er seine Frau nicht mal mehr Huckepack die Treppe heruntertragen. Das ist nicht schlimm, sagt der Außenstehende. Doch wer Rüdiger Meussling kennt, weiß, dass der rüstige Rentner seine Frau noch heute auf Händen trägt.

Anna-Maria Meussling weiß das. Nicht nur das. Sinnbildlich gesprochen hat sie genau das Gleiche mit ihrem Mann getan. Wo auch immer der Pfarrer Hilfe benötigt hat, konnte und kann er auf ihre Unterstützung bauen. "Wir wären ohne uns nicht klar gekommen", sagt die 70-Jährige. So habe Rüdiger seiner Frau immer geholfen, wenn sie ihn beim Restaurieren brauchte. Genauso hat sie ihn seit Beginn der Beziehung unterstützt. "Meine Frau ist eine starke Hilfe für mich", fügt Rüdiger an dieser Stelle hinzu. Ob nun die Christenlehre oder das Ausschmücken der Kirche, immerzu hat Anna-Maria ihrem Mann den Rücken gestärkt. Es ist wohl das Geben und Bekommen, das beide abhängig voneinander macht, oder besser gesagt: Was sie zu einem so guten Team zusammengeschmolzen hat.

Heute lieben sich beide mehr denn je. Mit einem Augenzwinkern sagt Anna-Maria: "Wir haben uns neu verliebt." Ernst steckt sicher hinter dieser Aussage. Denn seit 2000 ist Rüdiger Pfarrer im Ruhestand. Seither haben beide mehr Zeit füreinander. "Früher haben wir nur für andere gegeben, heute können wir uns auch um uns kümmern", erklärt sie.

In den zehn Jahren in der Altmark und den vergangenen 40 Jahren in der Region Schönebeck haben beide zahlreiche Kirchen saniert. Denn Pfarrhaus als auch Kirchen seien in einem schlimmen Zustand gewesen. Eine Arbeit, die nicht einfach war. Die vielmehr kräftezerrend war. "Wir haben nie gefragt, ob wir das schaffen, sondern wir haben einfach angefangen", sagt Rüdiger Meussling mit Blick in die Vergangenheit.

Fragen musste auch keiner, beide wussten um den Rückhalt des anderen. In der Altmark bekamen die zwei recht schnell ihre drei Kinder oder wie es Rüdiger zu sagen pflegt: "Ich weiß nicht, wie das kam, aber ruckzuck kamen drei Kinder." Das war auch ein Grund, warum Anna-Maria ihren Beruf als Restauratorin erst zehn Jahre später, als Familie Meussling nach Plötzky zog, ausüben konnte. Hier hat sie ihre eigene Werkstatt im Haus. Genauso wie Rüdiger. Er hat sich der Buchbinderei verschrieben.

"Ich weiß nicht, wie das kam, aber ruckzuck kamen drei Kinder."

Doch die beiden verbringen nun nicht etwa den ganzen Tag in ihren Werkstätten. "Wir sind sehr aktiv", sagt Anna-Maria. Die Nachmittage verbringen sie meist mit einer ausgiebigen Radtour von rund 15 Kilometer Länge oder mit einem Spaziergang durchs Dorf. "Wenn man abends sagen kann, das war ein schöner Tag, dann schläft man gut", sagt Rüdiger Meussling in diesem Zusammenhang. Schenkt man dieser Devise Glauben, so müssen Meusslings in ihrem Leben recht oft gut geschlafen haben. Langeweile haben beide noch nie und werden sie auch nicht empfinden.

Anna-Maria und Rüdiger Meussling haben heute vor 50 Jahren geheiratet. Mit einem kleinen Empfang feiern sie am Vormittag ihre goldene Hochzeit.