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Bürgermeister will von Ministerpräsident fordern: Bürger brauchen mehr Unterstützung Barby rechnet mit 25 Millionen Euro Flutschaden

Von Thomas Höfs 01.07.2013, 03:17

Auf 25 Millionen Euro taxiert die Bauverwaltung in Barby die Schäden an der öffentlichen Infrastruktur durch die Flut. Die privaten Schäden dürften in ähnlicher Höhe liegen. Bürgermeister Strube fordert nun mehr Unterstützung für die Bürger.

Breitenhagen l Der kleine Platz vor dem Jugendklub ist randvoll gefüllt, als Bürgermeister Jens Strube die erste Einwohnerversammlung nach der Hochwasserkatastrophe in Breitenhagen durchführt. Seit ein paar Tagen dürfen die Bürger wieder in ihre Häuser. Zwei Wochen mussten die tatenlos mit ansehen, wie das Wasser sich ihrer Immobilien bemächtigte.

Die Stimmung am Freitagabend ist gereizt. Die Bürger fühlen sich seit Wochen weitgehend allein gelassen. Kaum Informationen habe es gegeben, werfen sie Bürgermeister Jens Strube vor. Der hatte zuvor den Einwohnern erklärt, dass sie als Hausbesitzer 2000 Euro bekommen können. Die Soforthilfe kann Groß Rosenburg und im Barbyer Rathaus beantragt werden.

Für die immensen Schäden an den Wohngebäuden dürfte die Soforthilfe allerdings kaum mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein sein, ist sich Strube bewusst. Der Betrag reiche nicht mal, um das ölverseuchte Wasser fachgerecht entsorgen zu lassen, schildert er.

"Haseloff muss sich das ansehen", sagt er. Er wolle den Ministerpräsidenten einladen und dabei um mehr finanzielle Unterstützung für die Bürger bitten. Nicht alle werden sich die aufwändigen Reparaturen und Instandsetzungen an ihren Häusern leisten können, ahnt Strube. "Die Leute sind zu recht aufgebracht", schätzt der Stadtchef die Lage ein.

Die Breitenhagener sind vor allem gereizt, weil sie in den Tagen der größten Not kaum etwas aus ihrem Rathaus gehört haben. "Wir haben uns allein gelassen gefühlt", bestätigt Markus Scheibel. Der Breitenhagener beklagt wie seine Nachbarn, das zwei Wochen lang keiner die Bürger informierte. "Nach der Evakuierung war keine Polizei im Ort. Viele haben sich da so ihre Gedanken gemacht", schildert er. Von Aufgeben redet an diesem Abend niemand. Den Ort wollen sie nicht aufgeben, sagen die Bürger.

In der öffentlichen Bauverwaltung haben sich die Mitarbeiter in der vergangenen Woche einen Überblick über das Ausmaß der Schäden an der öffentlichen Infrastruktur gemacht. Auf 25 Millionen Euro, so Strube am Rande, werde der Schaden an den öffentlichen Einrichtungen geschätzt. Das Feuerwehrgerätehaus in Breitenhagen ist ein Totalausfall, schildert Jens Strube. Weit über einen Meter stand die braune Brühe in dem Gebäude. Die Feuerwehrleute konnten das Tragkraftspritzenfahrzeug noch in Sicherheit bringen. Die ganzen Erinnerungsfotos, zeigt Vize-Wehrleiter Henrik Böhme, seien ein Fall für die Müllentsorgung. Tagelang schwammen die Fotoalben im Wasser.

Nebenan die Sportanlage hat es ebenfalls böse erwischt. Ein stinkendes Grau hat das einst satte Grün ersetzt. Welcher Aufwand hier betrieben werden muss, damit wieder Sportveranstaltungen stattfinden können, ist offen. Sport- und Mehrzweckhallen wurden überflutet in den Ortschaften. Versichert gegen das Hochwasser war nach ersten Erkenntnissen auch die Stadt nicht. Sie wartet auf die milliardenschwere Hilfe, die der Bundestag am Freitag beschlossen hat und noch vom Bundesrat bestätigt werden muss.

In Groß Rosenburg kommen unterdes weitere Hilfsgüter für die Bevölkerung an. Bürger der Gemeinde Barntrupp bei Bielefeld haben für die Flutopfer gesammelt, sagt Thomas Scheunemann. In Barby hatten sie angerufen und sich erkundigt, was besonders benötigt wird. Von dem Geld haben die Spender 38 Waschmaschinen und 15 Kühlschränke gekauft und nach Groß Rosenburg gebracht. "Wir werden die Geräte in den nächsten Tagen an die Bürger verteilen", kündigt er an. Freiwillige Helfer, die beim Aufräumen mit anpacken wollen, haben sich in Breitenhagen angekündigt. Ein Lager wird für die Helfer aufgebaut.

In der Technischen Einsatzleitung in Groß Rosenburg geht es zum Ende der vierten Woche Dauereinsatz um den Rückbau nicht mehr benötigter Schlauchleitungen. So langsam, merken die Mitglieder der Einsatzleitung, kehrt die Normalität in die Dörfer zurück. Die hektische Zeit ist vorbei. Heute soll Breitenhagens Stromversorgung repariert werden.

Sauer sind hier fast alle auf den Mobilfunkanbieter E-Plus, sagt Einsatzleiter Tino Puder. Ihre Handys können viele Rosenburger seit dem 8. Juni nicht mehr nutzen, weil das Funknetz des Anbieters ausfiel. "Wir haben schon Mails geschrieben und dort angerufen. Getan hat sich nichts", ist der Einsatzchef von der Gleichgültigkeit des Anbieters entsetzt. Andere Unternehmen hätten sehr schnell ihre im Wasser stehenden Funkmasten repariert, schildert er. Dabei hatte der Anbieter einst als erster ein Funknetz in der Ortschaft aufgebaut. "Das hat bislang auch immer super funktioniert. Bis das Wasser kam", sagt der Einsatzchef.

Zumindest die Abwasserentsorgung funktioniert nach Mitteilung der Stadtverwaltung wieder in den Ortsteilen. Zwar laufen die Pumpen in den Stationen auf Hochtouren. Sparsam sollten die Bürger mit Wasser umgehen, um das Kanalisationsnetz nicht noch weiter zu belasten, heißt es. Vor allem sollten die Bürger kein Drängwasser aus ihren Kellern in das Abwassernetz pumpen, fordert die Stadt. "Wir raten sowieso dringend davon ab", sagt Tino Puder. Das Pumpen bringe nichts, solange der Grundwasserspiegel sehr hoch sei, meint er weiter. Das Wasser würde nur schneller wieder in den Keller laufen.