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Eierfahrt nach Glinde ist wieder zur Tradition geworden Neujahrskater wird einfach "weg gepaddelt"

Von Thomas Linßner 03.01.2011, 05:28

Die Barbyer Kanu-Herrenriege "Elbröwer" begann nach durchzechter Silvesternacht das neue Jahr sportlich. Mit zwei Dickbooten paddelten die Männer am Neujahrstag von Barby nach Glinde. Damit wird die alte Tradition der sogenannten Eierfahrten am Leben erhalten, deren Lohn ein Schock Eier ist.

Glinde/Barby. Es gehört schon die Überwindung des inneren Schweinehundes dazu: Während andere Zeitgenossen den Kater auskurierten, starteten gegen 9 Uhr zwölf Freizeitkanuten mit ihren Dickbooten, um nach Glinde zu fahren. Dabei handelt es sich um Kanadier, die sitzenderweise mit Paddel voran getrieben werden.

"Wir hatten ein paar Mal den Wind ziemlich heftig von vorne. Aber sonst war es eine ruhige Fahrt", sagte Jürgen Ballerstedt. Der 60-Jährige ist wackerer Senior des Trupps, dessen Durchschnittsalter sich von Jahr zu Jahr verjüngt. Startete man vor vier Jahren noch mit einem Dickboot, sind heute zwei erforderlich. Was eine Entwicklung aufzeigt, die man auch bei den sommerlichen Dickbootrennen verfolgen kann: Die "gemütlichen" Kanadier werden für Volkssportler jeglichen Alters zunehmend attraktiver.

Am Ziel lieferten sich die beiden Besatzungen ein publikumswirksames Finalrennen. Wobei jene Besatzung die Nase vorn hatte, die "22 Kilogramm Lebendgewicht mehr an Bord hatte", wie Paddler Dirk Trappe grinste.

An Glindes Anlegestelle mussten die Barbyer feststellen, dass sie nicht die Ersten waren: Zwei Ruderzweier aus Schönebeck lagen bereits an Land. Respekt: Die Ruderer mussten "bergauf", um nach Glinde zu kommen, die Barbyer fuhren "mit der Strömung".

War damit also die Zielprämie in Form von Naturalien vergeben? Einem wiederbelebten Brauch folgend erhält nämlich derjenige einen Schock Eier, der als Erster am Neujahrsmorgen in Glindes Kneipe vorspricht. Weil es heute aber zwei Gaststätten gibt, können sich die Kontrahenten stressfrei aus dem Weg gehen. Die Schönebecker tun das im "Sportpark", die Barbyer im "Goldenen Anker".

Hier überreichte Wirt Henrik Fabian im vierten Jahr den 60er Eierkorb. Die jüngeren Leser werden wissen wollen, warum man die vom Huhn gelegten Nahrungsmittel als "Schock" bezeichnet? Schock ist eine alte Mengenangabe. Sie errechnet sich aus fünf Dutzend, eben 60 Stück.

Die Glinder Eierfahrten wurden von Henrik Fabians Urgroßvater Otto Fritze nach dem Ersten Weltkrieg ins Leben gerufen. Auch er war Wirt des "Goldenen Ankers". Damals schuf die Eierprämie in ihrer Eigenschaft als Lebensmittel besondere Anreize für die Kanuten.

Weil man sich mit der Lichtmess in Glinde auf den nahenden Frühling freute, stellte das Ei, als Fruchtbarkeitssymbol, eine gute Ergänzung dar. Otto Fritzes Eierfahrt wurde sehr populär. Wie Nachkomme Henrik berichtet, kamen damals sogar Paddler aus Magdeburg, Schönebeck und Breitenhagen.

Die "2011er Kanuten" belohnten sich in Fabians gemütlicher Kneipe mit einem ausgedehnten Frühschoppen. Wobei natürlich auch wichtige Fragen beantwortet wurden, die die Welt bewegt. Woran kann man beim Huhn erkennen, welche Farbe seine Eier haben, bevor es sie legt? "An den Ohren. Besser: An der Farbe der Ohrläppchen", wusste Paddler Christian Stark. Recht hat er.

Was uns folgendes zeigt: Paddelfahrten am Neujahrsmorgen können auch eine Bildungsreise sein.