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Händlerschaft begehrt auf / Hellgestraße soll am 6. Mai, Stadionstraße am 14. Mai freigegeben werden Die lange Bauzeit gefährdet Arbeitsplätze

Von Ulrich Meinhard 06.03.2014, 02:24

Seit September dauern die Arbeiten an der Hellgestraße an. Und sie sind noch lange nicht beendet. Wenn alles gut läuft, soll die Verkehrsfreigabe zum Teil Anfang Mai erfolgen. Bisher lief aber wenig genug gut. Ständig gab es bauliche Probleme. Die Sperrung führt zu hohen Umsatzeinbrüchen im Salzer Park. Die Händlerschaft begehrt auf.

Schönebeck l Wo ist die Lösung? Gibt es eine? Die vertrakte Baustelle an der Kreuzung Hellgestraße/Stadionstraße/Am Stadtfeld ruft die Händlerschaft im und am Salzer Park auf den Plan. Ausfälle durch ausbleibende Kundschaft bis zu Zweidritteln der sonstigen Umsätze werden beklagt. Das ist existenzgefährdend. Deshalb begehren viele der Betroffenen mit Nachdruck auf. Hunderte Unterschriften für eine schnelle Beendigung der Bauarbeiten sind unter den Kunden gesammelt worden. Die neue Hausleiterin des E-Centers, Alexandra Pommeranz, hat im Namen der Händlerschaft die Stadtverwaltung Schönebeck um ein klärendes Gespräch ersucht. Das Treffen fand gestern in den Räumen des E-Centers statt.

Baudezernent Guido Schmidt muss sich heftige Kritik anhören. "Wir haben 56000 Kunden verloren. Monatlich fehlen uns 30000 Kundenkontakte. Wir müssen wohl oder übel an einen Sozialplan denken. So kann es nicht weitergehen", sagt Alexandra Pommeranz. Sie hebt hervor, dass die Stadt, beziehungsweise die anderen beteiligten Bauherren (Abs und Stadtwerke) die baulichen Schwierigkeiten nicht auf den Schultern der Händler im Salzer Park austragen können.

Die Antwort des Baudezernenten: "Wir bauen nicht, um Anlieger zu benachteiligen, sondern um die Situation zu verbessern." Er äußert zwar Verständnis für die Sorgen der Gewerbetreibenden, stellt aber auch klar: Ein Abbruch der Arbeiten mache keinen Sinn, Ziel sei eine nachhaltige Lösung.

Die seit September für den Kraftfahrzeugverkehr gesperrte Kreuzung sei nicht nur oberirdisch von großer infrastruktureller Bedeutung, sondern auch unterirdisch. Ein großes, kompliziertes Geflecht wichtiger Ent- und Versorgungsleitungen ist hier verlegt. Teilweise mehr schlecht als recht (Volksstimme berichtete mehrfach, so auch gestern).

"Oft sehe ich nur, dass das Toilettenhäuschen geputzt wird."

Dominique Nawracala

Bauleiter Thomas Iden widerspricht dem am Tisch geäußerten Eindruck, es würde seit Wochen (obwohl frostfrei) nicht oder kaum gearbeitet auf der Baustelle. Dominique Nawracala, Betreiberin der Tankstelle an der Stadionstraße, sagt: "Ich gucke jeden Tag. Oft sehe ich nur, dass das Toilettenhäuschen sauber gemacht wird." In eigener Sache fügt sie hinzu: "Ich habe seit September kein eigenes Einkommen mehr. Im Moment kann ich nur sagen: Im Mai geht für mich gar nichts mehr." Dominique Nawracala verweist darauf, dass der Absatz von Kraftstoff und der Umsatz des Tankstellen-Shops um knapp Zweidrittel zurückgegangen sei. "Wovon soll ich Pacht und Löhne bezahlen", fragt sie in den Raum. Eine Mitarbeiterin habe sie bereits notgedrungen entlassen müssen, und die Mineralölgesellschaft interessiere sich für den Umsatz, nicht für die Schwierigkeiten vor Ort.

Es habe bis auf die Frosttage keinen Stillstand gegeben, sagt Bauleiter Thomas Iden. Zeitweilig seien bis zu 15 Bauarbeiter auf der Baustelle tätig gewesen. Ein Problem sei, dass für eine bestimmte Bauleistung eine frostfreie Periode von vier Wochen notwendig sei. Keiner könne das in der kalten Jahreszeit garantieren.

Der ehemalige Magdeburger Stadtrat Jens Ansorge ist Filialleiter der im Salzer Park ansässigen Apotheke. Er sagt: "Das Kind ist sehenden Auges in den Brunnen gefallen." Ihm falle auf, dass in Schönebeck Bauleistungen oft erst im September vergeben werden und dass - offenbar der Einfachheit halber - immer gleich jede Straße bei jeder noch zu kleinen Baumaßnahme voll gesperrt werde. An einer neuralgischen Kreuzung wie dieser hätte es unbedingt mehr Fingerspitzengefühl seitens der Stadt gebraucht, es sei auch hier bedenkenlos von vornherein mit einer Vollsperrung geplant worden. Vor allem hätten Informationen im Vorfeld gefehlt.

Viele Händler bemängeln, von den Bauarbeiten im September erst aus den Medien oder durch Hörensagen erfahren zu haben. In der Tat scheint Kommunikation nicht zu den Stärken der Schönebecker Verwaltung zu gehören. Beispiel: Zu einer gestrigen Bauberatung, hieß es, seien die Händler eingeladen worden. Keiner der Anwesenden wusste allerdings etwas davon.

Ebenfalls große Umsatzrückgänge muss Monika Zug, Agenturinhaberin eines Schuhgeschäftes im Salzer Park, nach eigenem Bekunden hinnehmen. "Uns steht das Wasser bis zum Hals. Wir müssen hier eine Lösung finden, dass der Salzer Park wieder besser besucht wird", sagt sie. Und fügt nach dem Gespräch gegenüber der Volksstimme hinzu: "Wenn wir hier als Händler nichts unternehmen, gehen wir sang- und klanglos unter."

Alexandra Pommeranz vom E-Center kritisiert auch, dass die Stadt es der Edeka untersagt hatte, im September vergangenen Jahres Hinweisschilder für die Kunden in den Straßen aufzustellen. "Das hätten wir doch auf eigene Kosten getan", verdeutlicht sie und räumt ein: "An meinem ersten Tag habe ich als Auswärtige eine halbe Stunde gebraucht, um hierher zu finden." Ähnliche Schwierigkeiten dürften dann wohl auch andere Ortsunkundige haben. Es sei auch nicht akzeptabel, dass auf den Sackgassenschildern lediglich steht "Frei bis Baustelle". Die Info "Frei bis Salzer Park" wäre sehr viel hilfreicher.

Baudezernent Schmidt begründet das Schild-Aufstellverbot mit dem Hinweis auf geltendes Recht, sagt aber zu, die Angelegenheit in der Verwaltung noch einmal zur Sprache zu bringen. Einen zweiten Vorschlag hat er auch: Er werde sich dafür einsetzen, dass künftig sonnabends gearbeitet wird. Thomas Iden: "Ich befürchte, dass wir die Fertigstellung nicht wesentlich nach vorn ziehen können. Das Baufeld ist einfach nicht groß genug." Für die Arbeiten seien große Kräne nötig, für die wiederum große und stabile Standflächen. "Unter einer schwebenden Last können wir keinen Verkehr durchlassen", so Iden. Mit diesem Hinweis weist er den Vorschlag, zumindest einseitig die Straßen befahrbar zu machen, zurück.

Läuft nun alles nach Plan, soll die Hellgestraße am 6. Mai, die Stadionstraße am 14. Mai für den Verkehr freigegeben werden. Aber bisher lief auch nichts nach Plan, was kann denn noch kommen, will die Runde wissen. Bekannt ist bereits, dass die Brücke über den Solgraben bauliche Mängel aufweist, diese Mängel sollen beseitigt werden. Ein Material-Gutachten steht aber noch aus. Sollte sich herausstellen, dass die Brücke nicht repariert sondern nur erneuert werden kann, dann ... Aber das sei rein hypothetisch. Schmidt appelliert, positiv zu denken. Und lädt alle ein, die wöchentlichen Bauberatungen (jeden Mittwoch, 13 Uhr) zu nutzen, um sich mit Hinweisen und Fragen an die Bauleute zu wenden.