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Verschiebung des Planfeststellungsverfahrens für Saale-Kanal heizt Diskussion über künstlische Wasserstraße neu an Schlagabtausch: Wirtschaft contra Natur

Von Daniel Wrüske 29.01.2011, 05:35

Der durch das Berliner Bundesverkehrsministerium zurückgestellte Termin für die Eröffnung des Planfeststellungsverfahrens zum Saale-Kanal stößt in der Region auf unterschiedliche Reaktionen. Das Elbe-Saale-Aktionsbündnis hofft, dass mit den Planungen beim Bund, nicht nur der Scopingtermin, sondern der gesamte Kanalbau ausgesetzt wird. Sachsen-Anhalts Verkehrsminister Dr. Karl-Heinz Daehre fordert den Kanal und hebt seine Bedeutung für den mitteldeutschen Wirtschaftsraum hervor.

Barby. "Aufgeschoben ist nicht aufgehoben", sagt Jutta Röseler. Die erste Reaktion der Sprecherin des Elbe-Saale-Aktionsbündnisses zum abgesetzten Scopingtermin für das Planfeststellungsverfahren zum Saale-Kanal macht deutlich, dass die Gruppe die Planungen in Berlin genauestens im Blick hat. Gleiches denkt man auch im sachsen-anhaltischen Verkehrsministerium. Doch die Erwartungen laufen auseinander: Während das Aktionsbündnis hofft, dass der Kanal nicht kommt, hält man in Magdeburg an der künstlichen Wasserstraße fest.

"Unsere großen Hoffnungen ruhen auf der Aussage von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer, die Schifffahrtswege in Deutschland neu zu ordnen", sagt Jutta Röseler. Das Bundesverkehrsministerium hatte angekündigt, die Flüsse anhand ihres Verkehrsaufkommens auf den Prüfstand zu stellen und dementsprechend zu investieren. Weil der Haushaltsausschuss des Bundestages aber erst am 9. Februar über Ramsauers Konzept diskutiert, hat man den Beginn des Planfeststellungsverfahrens für den Kanal am 1. Februar verschoben.

"Wir brauchen diese Chance für die wirtschaftliche Entwicklung"

Dass der Scopingtermin schnell nachgeholt wird und damit die Planungen für den Kanalbau Fahrt aufnehmen, fordert das Verkehrsministerium in Magdeburg. Ressortchef Karl-Heinz Daehre hält die Betrachtungsweise seines Berliner Amtskollegen für "nicht fair". Nur weil es in Sachsen-Anhalt keine Schifffahrtswege gebe, die den geplanten Kategorien des Bundesverkehrsministerium beim Verkehrsaufkommen entsprechen würden, könne die Entwicklung hier jetzt nicht still stehen. Karl-Heinz Daehre: "Das wäre ein eindeutiger Wettbewerbsnachteil." In Sachsen- Anhalt setze man nach wie vor auf alle drei Verkehrsträger: Schiene, Straße, Wasser. Und letzteres sogar betont: Denn dem Minister liegen nach eigenen Aussagen konkrete Angebote von Unternehmen vor, ihren Warentransport auf die Schifffahrt zu verlegen oder auszuweiten. "Das Prinzip ¿Weg von der Straße‘ ist immer noch die umweltverträglichste Variante und entlastet die Bevölkerung", meint Karl-Heinz Daehre. Er hege deshalb keinen Zweifel, dass der Kanalbau unrentabel und unwirtschaftlich sei, damit zu Lasten der Steuerzahler gehe, wie ihm das unter anderem die Naturschützer vorwerfen.

Dass man in Berlin jetzt die Wasserstraßen nach neuen Prioritäten ordnen will, sieht der Verkehrsminister nicht ganz ein: "Dann muss das mit allen Verkehrswegen tun und die Regionen, die keine Autobahn haben, müssen eben zusehen, was aus ihnen wird", sagt der Minister leicht ironisch. "Der Bund hat den Saale-Kanal in sämtlichen Bundesverkehrswegeplanungen fortgeschrieben und damit getragen", so Daehre. Damit habe man nicht nur Erwartungen in Sachsen-Anhalt geweckt, sondern auch in Sachsen. "Die Chemieregion Leuna/Buna will eine Pipeline zum Hallenser Hafen legen, die Stadt Leipzig interessiert sich für die Planungen. Wir brauchen diese Chance für die Wirtschaftliche Entwicklung in Mitteldeutschland." Insofern bedürfe es des Planfest- stellungsverfahrens und seiner ökonomisch-ökologischen Abwägungen.

"Ein Eingriff in den Wasserhaushalt ist immer Störung komplexer Abläufe"

Die von Daehre angesprochene Wirtschaftlichkeit sieht das Aktionsbündnis nicht und wartet noch auf aktuelle Zahlen. Es betont auch die Umweltverträglichkeit. Um den Kanal und die Saale verbinden zu können bedarf es Vertiefungen, erwartet werden zudem Folgearbeiten für die Elbe und Auswirkungen auf die Auenlandschaften sowie die Grundwasserströme. Aktionsbündnissprecherin Jutta Röseler: "Denn ein Eingriff in den Wasserhaushalt ist immer auch eine Störung von komplexen Abläufen."