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Breitenhagenerin schreibt Kinderbücher "Waldmännchen" für die Enkel und für die Seele

Heidi Ihlau aus Breitenhagen hat in der Juni-Flut 2013 ihr Haus
verloren. Das Wasser hat alles zerstört. Doch die 62-Jährige verliert
nicht den Mut. Im Gegenteil, sie wird künstlerisch tätig und schreibt
Kinderbücher. Die drehen sich allesamt um die Erlebnisse des kleinen
"Waldmännchens". Dass das Buch zustande kommt, hängt mit viel Idealismus
zusammen - aller Beteiligter.

20.06.2014, 01:19

Breitenhagen l Ein dreijähriges Enkelkind und das Hochwasser im Juni 2013 an Elbe und Saale - unterschiedlicher können Inspirations- und Motivationsquellen für künstlerische Beschäftigung nicht sein. Heidi Ihlau hat diese besondere Konstellation dazu bewegt, Autorin zu werden, Märchen für Kinder aufzuschreiben. Wer die 63-Jährige erlebt, lässt sich schnell von ihrer direkten Freundlichkeit, ihrer offen-herzlichen Art, ihrer Quirligkeit anstecken. Genau diese Eigenschaften machen sie auch zur Märchenerzählerin. Ein bisschen sind sie genau die Attribute, die das "Waldmännchen" auszeichnen, den Helden in Heidi Ihlaus Kindergeschichten.

Angefangen hat alles in der eigenen Familie. Der kleine Enkel Thomas, gerade einmal drei Jahre alt, hat ein Wochenende in Breitenhagen erlebt. "Der Garten, die Hühner, das Spielen im Freien, alles das hat Tommi begeistert", sagt Heidi Ihlau. Mittags musste der Wirbelwind ins Bett. Vor dem Einschlafen waren Omas Geschichten gefragt. "Ich überlegte und mir fielen die Geschichten ein, die ich vor 25 Jahren schon meinen eigenen Kindern erzählt habe." Mit einem niedlichen Protagonisten. Denn Tommi erfuhr viel über das "Waldmännchen", seine Abenteuer mit der Schnecke Marta oder dem Teufelchen, das nicht zurück in die Hölle konnte. "Ich habe an dem Wochenende bestimmt zehn Geschichten erzählt, alles, was mir gerade so eingefallen ist", sagt Heidi Ihlau.

Dieses Märchenwochenende hat Tommi derart nachhaltig geprägt, so dass er fortan zu Hause nur noch vom "Waldmännchen" hören wollte. Heidi Ihlaus Tochter Sabrina berichtete ihr, dass die eigenen Versuche, "Waldmännchens" Abenteuer darzubieten, fehlschlugen. "Tommi hat zu seiner Mutter gesagt: Wenn du Oma bist, dann kannst du bestimmt auch so schön erzählen wie Oma jetzt." Sabrina bat ihre Mutter also, die Geschichten aufzuschreiben. "Ich setzte mich hin, fing mit zwölf an, und es wurden mehr und mehr", berichtet die 62-Jährige. Bis heute.

Weiß man, dass Heidi Ihlau in der Flut ihr Haus verloren hat, das Wasser unerbittlich in ihren eigenen vier Wänden wütete, dass ihr geliebtes Familienmitglied, der Hund "Räuber" den Stress bei und nach dem Hochwasser nicht verkraftet hat und starb, dann erstaunt es, mit wie viel Kreativität Heidi Ihlau ausgestattet ist. Und sie gibt zu: "Ich schreibe auch, um zur Ruhe zu kommen." Denn im Schreiben findet die Breitenhagenerin andere Gedanken, verliert sich im Schönen. Keine Weltflucht, aber das bewusste Schaffen besonderer Momente. Die meisten Ideen für die Geschichten kommen Heidi Ihlau zwar nicht im Schlaf, aber drum herum. Sie geht früh zu Bett, dann sinnt sie oft noch Stunden lang nach. Kommt ein Einfall, wird er sofort schriftlich festgehalten. "Und sei es morgens um 5 Uhr!" Oder Heidi Ihlau schreibt gleich die ganze Geschichte auf.

"Ein Kinderbuch ohne Bilder, das geht ja nun gar nicht." - Heidi Ihlau

Bei dieser Produktivität lag die Idee nahe, alles in einem Buch zusammen zu fassen. Zunächst für den "familiären Gebrauch", das Werk sollte Enkel Tommi gewidmet sein. Doch Text allein sollte nicht das Werk ausmachen. "Ein Kinderbuch ohne Bilder, das geht ja nun gar nicht", berichtet Heidi Ihlau von ihrer Auffassung. Sie hörte sich um, suchte nach Malern, die ihren Worten zu lebendigen Bildern verhelfen.

So kam sie mit Renate Däumichen aus Calbe zusammen. "Sie hat sich meine Geschichten durchgelesen und nach einigen Tagen rief sie mich an. Sie sagte, sie fände die Geschichten sehr schön und sie wolle mir helfen, das Buch zu illustrieren." Von da an trafen sich die 60-Jährige und Heidi Ihlau regelmäßig, um sich zu beraten. "Die Bilder sind wunderschön und kindgerecht. Ich freue mich, dass wir uns gefunden haben."

"Wir haben creme-farbenes Papier verwendet, Hochglanz wäre hier falsch an der Stelle." - Astrid Meves

Die Autorin ist noch auf eine weitere Person, die schnell Feuer und Flamme für das "Waldmännchen" war, gestoßen. Auf Astrid Meves. Sie betreibt zusammen ihrem Mann Andreas eine Druckerei in Glinde, ein kleines Familienunternehmen mit Wurzeln bis ins Jahr 1830. Denn Heidi Ihlau hatte bald vor, das Buch drucken zu lassen. Sie fragte bei einem renommierten Verlag in Frankfurt/Main an und fand auch Gehör. Die Parteien besprachen Umfang und Auflage. Doch dann der Schock: "Ich sollte 10000 Euro Autorengeld bezahlen. Das holte mich auf den Boden der Tatsachen zurück."

Nach Flut und zerstörtem Haus konnte Heidi Ihlau unmöglich so viel Geld in ein Buch investieren. Nicht in dieser Situation. "Ich machte mich auf die Suche nach einer Druckerei, die wenigstens ein Buch für meine Enkel zu Weihnachten drucken würde." Astrid Meves besaß genug Idealismus, um diese Idee zu verwirklichen. "Ich habe die Geschichten gelesen und fand sie wunderbar, sie haben mich angesprochen und berührt."

So entstand zunächst der Druck für die Enkel. "Die Freude war riesig", sagt Heidi Ihlau und berichtet von einem schönen Weihnachtsfest im Winter nach der Flut. Astrid Meves setzte noch einen drauf. Sie bot an, zunächst auf Selbstkosten, 80 Bücher mit elf Geschichten zu drucken. "Wahnsinn, eine erste, richtige Auflage", freute sich Heidi Ihlau.

Renate Däumichen zeichnete die Bilder und kleine "Waldmännchen"-Button für Leerseiten und Füller. Astrid Meves setzte alles auf die Seiten des Buches. Sie wählte auch Papier und Schrift aus. "Die Geschichten drehen sich um die Natur, so haben wir ein creme-farbenes, warm-töniges Papier verwandt, Hochglanz wäre hier falsch an der Stelle." Das Buch hat einen kleinen Umschlag, erinnert so ein wenig an ein Schulbuch, eben für Kinder.

Im April erschien das erste Buch, ein zweites ist in Planung, dann mit 14 Tier- und Fabelgeschichten. Insgesamt sind fünf Bände geplant. "Ich habe viele Anfragen." Heidi Ihlau hat das Buch in der Kinderklinik in Magdeburg vorgestellt und in Kindergärten. Sie ist im Literaturclub Magdeburg, sammelt hier neue Ideen und spricht mit anderen über ihre Geschichten. Mit ihren "Waldmännchen"-Geschichten bereitet Heidi Ihlau vielen Menschen große Freude - und sich selbst ein bisschen Seelen-Streicheleinheiten nach den Erlebnissen im Sommer 2013.

Wer sich für die "Waldmännchen"-Geschichten interessiert, erreicht Astrid und Andreas Meves in der Dorfstraße 23, in 39249 Glinde, Telefon: (03 92 98) 2 59 55, E-Mail: info@druckerei-jansa.de, Internet: www.druckerei-jansa.de