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Pfarrer Wolfgang Wenzlaff beim gestrigen Abschiedsgottesdienst in Schwarz "Wir haben in mehr als zwei Jahrzehnten vieles geteilt"

Von Andreas Pinkert 28.07.2014, 03:26

Mit einem bewegenden Gottesdienst in einer voll besetzten Schwarzer Dorfkirche hat sich gestern Nachmittag Wolfgang Wenzlaff von seinen Kirchgemeinden verabschiedet. Nach 22 Jahren als Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinden Calbe, Schwarz, Gottesgnaden und Trabitz geht der Familienvater nun nach Bernburg.

Calbe/Schwarz/Trabitz l "Man merkt es mir sicher an, dieser Tag ist mit viel Wehmut verbunden", sagte Pfarrer Wolfgang Wenzlaff zu Beginn seines letzten Gottesdienstes. Dafür hatte der 49-Jährige innerhalb seines Wirkungsbereiches die Schwarzer Dorfkirche der großen St. Stephani-Kirche vorgezogen. Beim gestrigen schwülwarmen Wetter wäre das mächtige Calbenser Gotteshaus wohl die bessere Wahl gewesen. Doch geht es nach dem Abstand zwischen ihm und seiner Kirchgemeinde, dann sitzen die Gottesdienstbesucher in der Schwarzer Kirche einfach näher dran. Nah am Menschen und vor allem an den Schwachen unter ihnen - so werden viele Calbenser ihren Pfarrer in Erinnerung behalten. In zahlreichen Grußworten würdigten Vertreter der Gemeindekirchenräte, der katholischen Kirchgemeinde, der Stadt und den beiden Ortsteilen dem dreifachen Familienvater diese Menschenfreundlichkeit.

Hannes Urmoneit, Probst im Ruhestand: "Die Freundlichkeit des Herzens auch gegen den Wind getragen, kann Kräfte kosten." Der 80-Jährige berichtete in seiner Ansprache offen davon, wie er Anfang der 1990er Jahre plötzlich eine schwere Depression bekam. "Warum? Das weiß ich bis heute nicht", bekannte Urmoneit und ermutigte daher jeden, zu seiner eigenen Unvollkommenheit und Schwäche zu stehen. Denn trotz einer persönlichen Schwäche könne man anderen Halt und Kraft gegeben werden.

Es war der Nikolaustag 1985, als Wolfgang Wenzlaff als junger Mann die Saalestadt zum ersten Mal aus der Ferne sah. Mit dem Zug war der frisch Verliebte auf dem Weg von Halle nach Schönebeck. "Bei der Einfahrt zum Bahnhof Calbe (Ost) konnte man aber damals schon vom Glauben abfallen", sagt Wenzlaff mit einem Augenzwinkern. Damals ahnte er noch nicht, dass er einmal 25 Jahre in der Saalestadt leben und arbeiten sollte. Wolfgang Wenzlaff wird ab kommender Woche zur Bernburger Schloßkirchengemeinde St. Ägidien und den umliegenden Gemeinden Baalberge, Gröna und Poley in der Landeskirche Anhalt wechseln. Zu 50 Prozent wird er den dortigen Pfarrer unterstützen und mit 50 Prozent für den Schuldienst am Sekundarschulstandort "campus technicus" in Bernburg für die Klassenstufen 5 bis 10 betraut sein. Bis zur Klärung der Wohnungsfrage wird Wolfgang Wenzlaff mit seiner Familie in der Saalestadt wohnen bleiben. Er ist - wenn auch mit dem berühmten weinenden Auge - bereit für den Aufbruch. "Für Aufbrechende als auch für Zurückgebliebene gibt es jede Menge zu tun", blickt Wolfgang Wenzlaff optimistisch in die Zukunft.

Bei einem gemeinsamen Kaffeetrinken wurden im Anschluss die guten Wünsche zum Abschied beim Kaffeetrinken im Freien fortgesetzt.