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Hans Werner Gottlieb aus Welsleben ist gern für andere da und kümmert sich Wenn Hilfsbereitschaft normal ist

Von Heike Liensdorf 16.10.2014, 03:17

In Welsleben gibt es wohl keinen, der schon einige Jahre in dem Bördeland-Ort lebt und Hans Werner Gottlieb nicht kennt. Der 87-Jährigen ist ein Urgestein mit ganz viel Herz.

Welsleben l "Er ist immer da, wenn Hilfe gebraucht wird. Nicht nur für die Nachbarn, sondern für alle." Wenn Gisela Ziegler von Hans Werner Gottlieb spricht, gerät sie ins Schwärmen. Er spreche nicht nur von Nachbarschaftshilfe, er lebe sie. In seinem hohen Alter zwar nicht mehr so sehr wie in jungen Jahren, aber dennoch ...

Für sein Engagement im Alltag sei der gebürtige Schlesier noch nie geehrt worden. "Deshalb wollen wir das jetzt an dieser Stelle tun", sagt Gisela Ziegler. Und mit "wir" meint sie sich, seine Nachbarin, und Christine Stephan, ehemalige Leiterin des Welsleber Kindergartens. Denn Hans Werner Gottlieb war viele Jahre in der Einrichtung Hausmeister. Und zwar mit Leib und Seele.

Der heute 87-Jährige kann den Wirbel um seine Person gar nicht verstehen. Für ihn ist jede Hilfe, die er geben kann, selbstverständlich. "Wenn die Nachbarn im Urlaub sind, dann brauchen sie doch jemanden, der sich um Post und Blumen kümmert", sagt er, als sei es das Normalste der Welt, dass sich der eine um den anderen sorgt. Ob im Privaten oder im Beruflichen. Der gelernte Betonfacharbeiter hat nach seiner Zeit bei der Brückenmeisterei der Bahn viele Jahre als Hausmeister im Kindergarten Welsleben gearbeitet. Nebenher hat er sich um den Friedhof gekümmert und hat beim Sanieren des Kirchturms mitgeholfen.

"Hans-Werner war immer für alle da, immer einsatzbereit, ist immer gerannt", betont Christine Stephan, seine frühere Chefin im Kindergarten. Er habe nicht nur mit den Kindern Späße gemacht, sondern sei auch beim Erzieherteam und bei den Eltern in sehr guter Erinnerung. "Weißt du noch, Hans Werner", sagt sie und schmunzelt, "als wir zum Einkaufen von Spielsachen nach Magdeburg gefahren sind? Das war immer eine kleine Weltreise." Aber dank seiner Hilfe haben sie so manches gemeistert. "Wir haben nie etwas sagen müssen, er hat immer schon gesehen, wenn es etwas zu tun gab", so Christine Stephan. Immer wieder kommen von ihr oder Gisela Ziegler Worte wie "nett" und "hilfsbereit". Und derjenige, über den da so lieb gesprochen wird, wundert sich nur, warum dass alles der Rede wert sei. Auf die Frage, warum er anderen gern Gutes tue, antwortet er nur: "Einer muss ja ..."

Christine Stephan lächelt ihn an und meint: "Jeder kennt ihn in Welsleben. Jeder." Hans Werner Gottlieb ist in die Jahre gekommen. Es geht nicht mehr so, wie er gern würde. Die Sehkraft seiner Augen hat stark nachgelassen und schränkt ihn ein. Doch er rastet nicht. Täglich ist er noch im Ort unterwegs. "Er braucht das. Nur zu Hause sein - das wäre nicht er", sagt Christine Stephan.

Obwohl - daheim ist Lilli Marleen. Seine acht Monate alte Urenkelin. "Sie ist die beste, die wir haben", sagt er stolz. Sie hält den Uropa auf Trab. Enkel Stefan und seine Frau Katrin freut es zu sehen, wie toll die beiden miteinander klarkommen. Immerhin wohnen sie auch alle unter einem Dach.

"Sich kümmern, für alle da sein - das ist seine Welt", sagt Christine Stephan und erinnert sich: "Zu den Geburtstagen gab es von Hans Werner immer extra Geschenke. Ich habe noch alle." Der Welsleber schaut sie mit großen Augen an: "Auch den Fisch?" "Ja, auch den Glasfisch. Natürlich."

Und dann sei da noch die eine besondere Episode von Familie Ziegler zu erzählen: Waren sie arbeiten, wenn sich der Schornsteinfeger angemeldet hat, baten sie Hans Werner Gottlieb, das bitte zu übernehmen. Das tat er auch gern. Bald so routiniert, dass der Schornsteinfeger den Ziegler-Termin gleich bei Nachbar Gottlieb in den Briefkasten steckte. Nur: Dieses Mal waren Zieglers daheim - und, da zu sehr früher Stunde, noch im Bett. "Plötzlich stand Hans Werner im Schlafzimmer und meinte nur trocken: ,Bleibt liege, ich kümmere mich.` Mein Mann und ich haben uns verdutzt angeschaut, sind dann aber wirklich im Bett geblieben", erzählt Gisela Ziegler und muss herzlich lachen.