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Waschbär setzt dem Niederwild im Fasanengrund zu / Fallenjagd dürfen aber nur Berechtigte ausüben Jäger sind verpflichtet, Raubwildvorkommen in Schach zu halten

Von Thomas Linßner 19.11.2014, 02:08

Wenn zwei das Gleiche tun, ist es noch lange nicht dasselbe: Diese alte Weisheit klingt gut, birgt aber die große Gefahr, dass eigentlich immer nur derjenige Recht bekommt, der letztlich auch darüber entscheidet, was denn nun das Gleiche und was dasselbe ist. In nachfolgenden Fall geht es um Menschen, die sich um die Natur sorgen.

Calbe l Aber der Reihe nach: Es gibt einige Dinge auf dieser Welt, die sind so verworren, dass man sie mit dem normalen Menschenverstand nur schwer begreifen kann.

Privatmann Rüdiger Uhlmann (76) hat auf 6,5 Hektar Fläche einen Wald angepflanzt. Auf einem Areal, das der Stadt zuvor nicht eben zur Zierde gereichte. Besonders nahe der ehemaligen Anschlussgleise des Metallleichtbaukombinates wurden immer wieder Schutt und Müll illegal entsorgt. Uhlmann ließ einen Teil der alten Pappeln fällen, pflanzte als Ersatz landschaftstypische Bäume an: Stieleiche, Ahorn, Schwarznuss, Vogelkirsche. Auch ein paar Douglasien und Fichten sind dabei. Es entsteht ein wertvolles Biotop, das eines Tages, wenn die eingezäunten Bäumchen aus dem Verbiss-Alter raus sind, auch Rückzugsgebiet für Niederwild sein wird. Fachleute, wie beispielsweise Forstamtsleiter Detlef Radtke vom Betreuungsforstamt Nedlitz, loben den Zustand des jungen Waldes und das Engagement des 76-Jährigen.

Fasane im Fasanengrund selten geworden

Die Gemarkung trägt den Namen Fasanengrund. Hier sah man früher die schönen Hühnervögel, die sich durch ihr farbenprächtiges Gefieder und stark verlängerte Schwanzfedern auszeichnen.

Früher!

Denn seit (auch dort) der Waschbär sein Unwesen treibt, sind Fasane im Fasanengrund ebenso selten geworden wie das Sumatra-Nashorn auf Sumatra.

Bei der Kulturpflege fand Rüdiger Uhlmann im Frühjahr ein Nest mit zehn Fasaneneiern. Sechs Tage später waren sie verschwunden. Deshalb stellte der Calbenser eine Kastenfalle auf, in der man Raubwild lebend fangen kann. Als Köder wurde ein Ei herein gelegt. Es dauerte nicht lange und ein fauchender Neozon, ein Waschbär, saß in der Kiste.

Rüdiger Uhlmann setzte sich daraufhin mit dem zuständigen Jäger der Jagdgemeinschaft "Calbe I" in Verbindung. Wie er sagt, habe man versprochen, sich zu kümmern.

"Mein Anliegen ist ... Zusammenarbeit"

Doch der zuständige Waidmann sei nicht gekommen. Der Bär harrte noch immer seines Schicksals in der Falle. Uhlmann fragte sich schon bissig, ob er ihn vielleicht ins Tierheim bringen solle ...

Bei einem Anruf bei der Unteren Jagdbehörde verwies man ihn an Kreisjägermeister Jens Hennicke. Woraufhin Bewegung in die Sache kam. Der zuständige Jagdpächter von "Calbe I" (es gibt vier Reviere in und um Calbe) erschoss den Räuber endlich.

"Mein Anliegen ist eine kameradschaftliche Zusammenarbeit mit den Jägern bei dem Waldumbau von Pappeln zu Edellaubhölzern. Aber die Jäger unternehmen nichts, um im Bereich meines Waldes und der angrenzenden Kleingartenanlage die Population der Waschbären einzugrenzen", klagte Uhlmann in seiner Not in Richtung Kreisjägermeister Hennicke. Denn sie räubern Fasanengelege und andere Vogelnester aus. So konnte man bis vor Monaten auch einen Rotmilan beobachten, der im Fasanengrund sein Nest hatte. Nun nicht mehr.

Vermutlich hat auch daran der Waschbär Schuld.

Jagdpächter ist für den Wald verantwortlich

Jäger Hartwig Dostal aus Barby bestätigt auf Volksstimme-Anfrage diese Möglichkeit. Dem Neozon ist kein Baum zu hoch. So hätten Waschbären sogar ganze Kormoran-Kolonien im südlichen Elbe-Saale-Winkel oder dem Erlenteich (Grube Alfred) auf sehr hohen Bäumen ausgeräubert.

Und was sagt Jens Hennicke, erster Waidmann des Salzlandkreises, zu dieser Geschichte? Der klärt auf, dass Uhlmanns Wald kein befriedeter Bezirk, also Teil der jagdbaren Fläche ist: "Das ist so, als wenn in einem Waldstück ein Teil eingegattert ist, um ihn vor Verbiss zu schützen."

Also tragen die Jagdpächter, in diesem Fall von "Calbe I", die Verantwortung dafür, dass das Raubwild in Schach gehalten und das Niederwild geschützt wird. Weil er der "Wilderei" bezichtigt werden könnte, sei Waldbesitzer Rüdiger Uhlmann allerdings nicht berechtigt, eine Falle aufzustellen.

Die Jäger schon. Sie müssen es nur tun.