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Volksstimme-Serie: Was ist geworden aus? / Heute: Nach dem Großbrand in der Tischlerei Ballerstedt in Pretzien Verlass auf Versicherung und Mitarbeiter

Von Olaf Koch 09.12.2014, 02:16

Fast auf den Tag genau vor zwei Jahren wurden Teile der Tischlerei Ballerstedt in Pretzien Raub von Flammen. Mehr als 100 Feuerwehrleuten gelang es, dass der Brand nicht auf andere Häuser übergriff. Die Volksstimme fragt heute: Was wurde aus der Tischlerei Ballerstedt?

Pretzien l Es ist ein kalter Wintertag am Montag, 3. Dezember 2012. Als die Familie Ballerstedt von der gleichnamigen Tischlerei aus Pretzien am Nachmittag nach draußen schaut, sieht sie eine Feuerwehr mit Blaulicht am Fenster vorbeirasen. Sie ist stolz auf die ehrenamtlichen Brandbekämpfer, mehrere Familienmitglieder sind in der aktiven Wehr. Wenig später stockt ihr der Atem: Kollegen berichten, dass eine Halle der Tischlerei in Flammen steht. Rauch steigt auf.

Was dann abläuft, ist eine der größten Rettungsaktionen der Feuerwehren der Region. Bis zum Abend werden mehr als 100 Kameraden der freiwilligen Feuerwehren alarmiert. Acht Wehren kommen mit ihren Fahrzeugen zum Unglücksort. Die Leitung hat der Wehrleiter von Pretzien, Michael Vorwerk.

Übergreifen des Feuers

"Unsere Sorge damals war, dass das Feuer, das in der kleinen Halle für Sonderbau ausgebrochen war, noch auf das benachbarte Wohnhaus und auf die große Produktionshalle übergreift", lässt die Familie die Sorgen von vor zwei Jahren nochmals Revue passieren. Drehleitern der Wehren aus Gommern und Schönebeck werden an dem Wohnhaus und auf dem Gelände der Tischlerei in Stellung gebracht. Tausende Liter Wasser fließen an dem Abend durch die vielen Schläuche. Es ist am Ende so viel Wasser, dass in Teilen des Dorfes die Wasserversorgung zusammenbricht. Doch am Ende geht trotz des Unglücks die Brandbekämpfung aus Sicht der Feuerwehrkameraden gut aus: Wenngleich die eine Produktionshalle nicht zu retten ist, das Feuer sucht sich nicht den vernichtenden Weg auf Wohnhaus und andere Gebäude.

Erst am nächsten Morgen bei Tageslicht wird das verheerende Ausmaß des Großbrandes deutlich: Das Dach der Halle des Sonderbaus ist eingestürzt, alle Maschinen Opfer der Flammen. Überall steht Löschwasser. Teile des Büros mit Unterlagen sind verbrannt und zerstört. Noch am gleichen Tag kommen Vertreter der Versicherung. Es werden Gutachten in Auftrag gegeben.

Denn immerhin, und das wissen auch die Versicherungen, können solche Unglücke Firmen an den Rand der Existenz bringen. Darüber denkt auch die Geschäftsführung und ihre 20 Mitarbeiter nach. "Wir hatten unter anderem einen großen und wichtigen Auftrag, den wird dringend erfüllen mussten. Das war aber jetzt nicht mehr möglich", wird der Volksstimme berichtet. Es dauert einige Telefonate, bis eine andere Tischlerei gefunden ist, die im Auftrag der Pretziener die Rundbogenfenster produzieren. Die Bauherren zeigen zwar Verständnis, sind aber ebenfalls im vertraglichen Druck. "Wir haben in diesen schweren Tagen viele positive Reaktionen bekommen." Allein dieses Gefühl, des Nicht-Allein-Gelassen-Seins, baut die Belegschaft auf. Sie alle beginnen umgehend mit den Aufräumarbeiten, zusätzlich werden Kundenaufträge abgearbeitet.

Technischer Defekt

Parallel dazu beginnt die Brandursachenermittlung. Schon nach kurzer Zeit können die Experten feststellen, dass eine Maschine Ursache des Feuers war, menschliche Fehler werden ausgeschlossen. Diese Information geht an die Versicherung, die die Abwicklung des Schadens zügig vornimmt. Insgesamt, so wird später festgestellt, entsteht ein Schaden von rund einer Millionen Euro.

Keiner wurde entlassen

Ein Jahr später ist die Halle des Sonderbaus der Tischlerei wieder aufgebaut. Spuren des Großbrandes sind nicht mehr zu sehen. In diesem Zusammenhang werden in der großen Produktionshalle kleinere Umbauten vorgenommen, die sich als praktisch erwiesen haben. Zudem zieht das komplette Büro in die Nähe der Einfahrt vom See aus. Alles wirkt repräsentativ.

Heute - zwei Jahre nach der Katastrophe - kann die Familie Ballerstedt sagen, dass die Tischlerei nochmal mit einem blauen Auge davongekommen ist. Das im Jahr 1973 gegründete Unternehmen musste nun schon den zweiten Brand verkraften. Alle 20 Mitarbeiter sind nach wie vor beschäftigt, niemanden wurde wegen des Brandes und der folgenden Umsatzeinbußen die Kündigung gegeben. Positiv berichtet die Geschäftsführung über die Versicherung. Vor allem aber bedankt sie sich bei den Kameraden der Feuerwehren, die Großartiges geleistet haben.