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Erinnerungen an die 1950er Jahre in Barby Blue Jeans, Lederjacken und ein Parteitag

Von Thomas Linßner 22.01.2015, 02:00

Zum Barbyer Heimaträtsel, in dem es um den Hobby-Musiker Joschi Zahn und seinen Auftrittsort Hotel Conrad/Decker ging, teilten nachträglich weitere Zeitzeugen ihre Erinnerungen mit.

Barby l Wir berichteten vor zwei Wochen über die Marotte des gebürtigen Sudetendeutschen, der Schnäpse in eine Glasflasche füllte, die ihm für Wunschtitel- und Extratänze ausgegeben wurden. Egal, ob es Weinbrand, Pfeffi oder Klarer war. So weiß Volker Uhlmann aus Dresden noch genau, wie das Tanzlokal beschaffen war: "Etwa fünf Treppenstufen musste man erklimmen, und dann war man im Hotel Decker. Rechts ging man zum Tresen, dahinter stand Frau Decker mit noch einem Fräulein. Vom Eingang links saßen die drei Musiker und vor ihnen war die Tanzfläche. Joschis Flasche konnte jeder sehen." Am Tresen seien Tauschgeschäfte West- gegen Ost-Mark mit Übersiedlern oder Rückkehrern des Aufnahmeheims gemacht worden. Hier wechselten auch Lederjacken oder Jeans ihre Besitzer.

Seltener hätte man ihn im Hotel Polizei-Paul (Abschnittsbevollmächtigter Paul Jenel) gesehen, der vermutlich mehr im Rautenkranz zu tun hatte. Neben Jenel sei im Barbyer Straßenbild auch Alfred Russack stets präsent gewesen, den die Leute wegen seiner geringen Körpergröße Kinderpolizist nannten. "Er erzählte mir mal, dass er als Delegierter am Vereinigungsparteitag zwischen KPD und SPD 1946 in Berlin teilgenommen hatte. Dort soll es drunter und drüber gegangen sein", schreibt Volker Uhlmann. Er erinnerte sich noch an eine andere Kapelle mit den Musikern Kurti Kegel und Horst Eberding. Kurti hätte einen Sprachfehler gehabt, der besonders bei Ansagen für allgemeine Erheiterung sorgte. Er sagte zum Beispiel "ein Ekt-rasolo", weil er Schwierigkeiten mit dem X hatte.

Auch Egon Ziegner aus Groß Rosenburg, der aus Barby stammt, hat noch viele gute Erinnerungen an Joschi Zahn und dessen Zeit. "Ich habe gesehen, wie der eine Art Wärmflasche vor der Brust trug, wo er die spendierten Schnäpse mit einem Trichter reinkippte." Grund sei wohl gewesen, dass besonders kecke Gäste dem Musiker die Glasflasche neben dem Schlagzeug mehrmals geklaut hatten.