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Mark Kowolik (parteilos) will die mögliche Schließung des Freibades nicht hinnehmen Stadtrat kritisiert Rathauspolitik

Von Olaf Koch 03.03.2015, 02:24

Schüler und Stadträte kämpfen um den Erhalt des Freibades. Die mögliche Quersubventionierung über die Stadtwerke ist noch nicht vom Tisch. In diesem Monat soll es ein Gespräch mit Vertretern aus Zerbst geben.

Schönebeck l Symbolischen Beifall gibt der parteilose Stadtrat Mark Kowolik. "Ich möchte auf diesem Wege auch im Namen vieler Stadträte meinen Respekt gegenüber den Schülern der Europaschule `Maxim Gorki` zum Ausdruck bringen, solch eine Befragung und vor allem solche Unterschriftenaktion durchzuführen", schreibt Kowolik der Volksstimme und bezieht sich damit auf die mögliche Schließung des Freibades. Schüler der Schule wollten diese Maßnahmen auf keinen Fall unkommentiert hinnehmen, sammelten in der Schule Unterschriften gegen die Planungen. "Sie haben damit vielen Stadträten aus dem Herzen gesprochen. Es muss eine mittelfristige Lösung geben, damit die Lebensqualität in Schönebeck nicht weiter sinkt."

Der Vorschlag des Sozialausschusses mit den Stadträten Matthias Menzel, Thomas Mogge und Ralf Arndt könne weiter verfolgt werden, da die Stadt in der Pflicht steht, ihren Bürgern für die gezahlten Steuern auch eine gewisse Lebensqualität zurück zu geben, wird argumentiert. "Es geht lediglich um das zur Verfügung stellen eines Busses, der in der schönen Jahreszeit die Badewilligen zum Seepark nach Barby und zurück befördert, damit unsere Kinder dort unter Aufsicht eines bereits vorhandenen Rettungsschwimmers und unter Nutzung der sanitären und gastronomischen Angebote eine vernünftige Freizeitgestaltung haben", konkretisiert es Kowolik.

Würde das nicht passieren, gebe es nur eine Alternative: Kinder und Jugendliche fahren nach Ostelbien, wo teilweise Radwege kaum benutzbar sind, und baden in Gewässern, die keine Rettungsschwimmer oder überhaupt keine Aufsicht haben. "Die Diskussion, wenn es zu einem Unfall kommt, möchte ich nicht führen: Der Transport inklusive des Besuchs darf meiner Ansicht nach nicht sehr viel teurer sein als die Tageskarte im Freibad", so der Stadtrat. "Ich kann hier nur ausdrücklich Stadtrat Menzel beipflichten: Auch in Verwaltungen sollte viel gehen, wenn man es denn will. Hier drängt sich der Eindruck auf, dass man eben nicht will!"

Ende Januar wurde im Finanzausschuss darüber informiert, dass es eine gewaltige Schieflage im Haushalt gibt und dass als eine Sparmaßnahme das Freibad geschlossen werden soll. "Ein Großteil der Stadträte erfuhr davon dann aus der Presse. Hier stellt sich die Frage: Wie lange ist diese Schieflage der Stadtverwaltung bekannt?" Diese Frage von Mark Kowolik, an die Verwaltung gestellt, muss nun den Stadträten bis zum nächsten Stadtrat schriftlich beantwortet werden.

Erst über die Volksstimme-Diskussion und gezielte Nachfragen einzelner Stadträte stellte sich später heraus, dass es diverse, schon seit dem letzten Badebetrieb bekannte Mängel und Beschädigungen gibt, so beispielsweise die Chloranlage oder in der weiteren Folge die Information, dass das große Becken massiv Wasser verliert - wahrscheinliche Ursache sollen defekte Zu- und Abwasserleitungen im Reinigungskreislauf sein.

Nach Meinung von Kowolik werde nur stückweise in Salamitaktik mit der ganzen Wahrheit herausgerückt, um letztendlich die Stadträte zu einer Entscheidung zu zwingen, die nur heißen kann, das Freibad dauerhaft zu schließen und die Bösen sind dann die Stadträte.

Da die Mängel bereits im vergangenen Jahr bekannt waren, hätte zumindest eine gründliche Analyse dieser und eine grobe Kostenschätzung der Beseitigung vorliegen müssen. "Ist aber so gegenüber dem Stadtrat nicht passiert, keiner der daran beteiligten Ausschüsse kannte diese Problematik, dieses Verhalten lässt für mich tief blicken", moniert der Stadtrat.

Er möchte auf diesem Wege Dezernent Joachim Schulke persönlich fragen, wie er denn den Neubau von Schwimmhalle und Freibad als Kombination vorziehen will, aber in der Stadtkasse kein Geld ist und auch auf Grund falscher konzeptioneller Entscheidungen keines in nächster Zeit sein wird. "Also die Frage: Wer und wann und vor allem was passiert bis dahin? Hier steht der verantwortliche Dezernent in der Pflicht", fordert der Stadtrat die Verwaltung auf.

Auch zur steuerlichen Quersubventionierung macht Kowolik noch einige Anmerkungen: Es soll in diesem Monat einen Wissensaustausch des Stadtrates mit dem Geschäftsführer der Stadtwerke Zerbst zu diesem Thema geben. Fast alle Fraktionen haben bereits Interesse bekundet, damit sich die Stadträte im Vorfeld dazu ein gemeinsames Bild machen können, um dann in den Fraktionen und Gremien diskutieren zu können. Die Stadtwerke Zerbst haben seit mehr als 20 Jahren ein fast alle Steuern vermeidendes Kons-trukt im Einsatz.

Bildlich dargestellt sieht das heutige Konstrukt nach Rechnung von Mark Kowolik wie folgt aus: "Die Stadt bekommt von den Stadtwerken einen großen Kuchen (brutto rund zwei Millionen Euro). Dieser wird in drei fast gleich große Stücke geteilt. Da es uns als Stadt so gut geht, verschenken wir ein Drittel an Land und Bund in Form von Steuern, die unwiederholbar abfließen. Die anderen zwei Teile nehmen wir als Stadt und finanzieren damit den Bäderbetrieb über den gewerblichen Betrieb `Städtische Sportstätten`. Über die dort entstandene Gewinn- und Verlustrechnung fließen der Stadt dann Steuern im geringen Maße zurück. Warum will man dann diese Variante nicht auch für das erste Drittel?"