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Tierfamilie staut den Mortzgraben bereits an zehn Stellen / Gemeinde Bördeland jetzt in Verhandlungen mit dem Kreis Eggersdorfer beißen sich am Biber die Zähne aus

Von Olaf Koch 08.04.2015, 03:23

Mehre Staustufen am Mortzgraben südlich von Eggersdorf erregen die Gemüter. Errichtet hat die Hindernisse nicht der Mensch, sondern das Tier: hier in Form des Bibers. Jetzt schlägt die Gemeinde Bördeland Alarm und sucht nach Lösungen.

Eggersdorf/Welsleben l Das zukünftige Wappentier wird der Biber in Eggersdorf wohl nicht. Er ist zwar fleißig in seinem Sinne, schlägt Bäume und staut den Mortzgraben, damit er sich schnell frei im Wasser bewegen kann. Doch die Folgen dieses natürlichen Tuns wirken sich inzwischen negativ aus. Wie Gemeinderatsvorsitzender Joachim Renning in einem Pressegespräch berichtet, hat der Biber dort südlich von Eggersdorf zwischen den Schachtteichen und der Kreisstraße inzwischen zehn Staustufen angelegt.

Das Resultat ist deutlich zu sehen: Das gesamte Areal ist überschwemmt, weil sich das Wasser einen neuen Weg abwärts sucht. In Mitleidenschaft gezogen sind nicht nur die angrenzenden Ackerstücke, die so feucht sind, dass sich bald der Reisanbau lohnen würde, sondern auch die Anwohner von Eggersdorf spüren das Wasserproblem.

Im Dorf klagen immer mehr Bürger über einen ansteigenden Grundwasserspiegel. Ob dieser nun auf die Aktivitäten des Bibers zurückzuführen ist oder ob der Grundwasserspiegel generell in diesem Bereich nach oben geht, lässt sich objektiv nicht beurteilen. Doch aus Sicht der Bürger gibt es einen Schuldigen: Es ist der "niedliche Biber", wie es Bördelands Bürgermeister Bernd Nimmich unlängst in einer öffentlichen Gemeinderatssitzung ironisch formulierte.

Volksstimme-Leser Klaus Dieter Schmidt, selbst wohnhaft in Eggersdorf, hat sich die Arbeit gemacht, um die Lage des Grabens und der Ortschaft ins Verhältnis zu setzen. Seinen Informationen nach liegen die Schachtteiche südwestlich des Dorfes in einer Höhe von 57 Meter über dem Meeresspiegel. Der Tränkeplatz von Eggersdorf dagegen liegt bei 54 Meter und damit drei Meter tiefer als der Wasserspiegel der Schachtteiche.

"Das Fazit, was wir allein aus diesen Zahlen definitiv ziehen: Ein hoher Wasserstand in den Schachtteichen bewirkt auch einen hohen Grundwasserstand in der Ortslage Eggersdorf", gibt Bürgermeister Bernd Nimmich zu bedenken. Die Auswirkungen im Bereich der landwirtschaftlichen Flächen und im Dorf machten sich bei extremen Niederschlägen sofort bemerkbar.

Im Pressegespräch mit der Volksstimme verweisen Bürgermeister Nimmich und Ratsvorsitzender Renning darauf, dass die Kommune mit dem Biber im Einklang leben möchten. Beide halten die Fahnen dafür hoch, nicht als Naturbanausen betitelt zu werden. Sie wollen aber die Öffentlichkeit darauf aufmerksam machen, dass die Gemeinde sich mit diesem massiven Problem beschäftigt. Zudem sollen nun auch der Landkreis mit dem Umweltamt und der Naturschutzbund (Nabu) mit der Ortsgruppe Schönebeck ins Boot geholt werden. "Uns geht es um eine einvernehmliche Lösung", bekräftigt Renning.

"Das ist ein Kampf zwischen Mensch und Tier."

Beim Naturschutzbund in Schönebeck ist das Problem von Bördeland bekannt. Wie Günter Rockmann von der Nabu-Ortsgruppe informiert, gibt es in diesem Bereich zwei Biber-Lebensräume: einer nordöstlich von Welsleben und ein zweiter südlich von Eggersdorf. Günter Rockmann berichtet, dass letztens Staustufen am Mortzgraben mehrmals von Unbekannten zerstört wurden. "Das ist ein ewiger Kampf zwischen Mensch und Tier und bringt am Ende gar nichts. Der Biber wird immer wieder alles neu aufbauen", weiß das Mitglied der Nabu-Ortsgruppe zu berichten.

Der Biber steht unter strengem Naturschutz. Grund dafür ist, dass in der Vergangenheit die Population stark rückläufig war. Das konnte gestoppt werden. "Die Population ist nun konstant", so Rockmann. Im Freistaat Bayern dürfen unter Auflagen Biber wieder geschossen werden.

Soweit möchten die Börderländer nun nicht gehen. Sie suchen gemeinsam mit der Unteren Umweltbehörde in Aschersleben einen anderen und in ihren Augen gangbaren Weg: Sie wollen die "Zustimmung auf eine Befreiung von artenschutzrechtlichen Verboten". Einfacher gesagt: Der Biber soll fachgerecht umgesiedelt oder wie es in der Jäger- und Fachsprache heißt, vergrämt werden. "Die Gemeinde trägt sich mit dem Gedanken, einen entsprechenden Antrag gemäß des Bundesnaturschutzgesetzes zu stellen", erläutert Bernd Nimmich. Aus diesem Grund finden dieser Tage Verhandlungen mit dem Umweltamt in Aschersleben statt.

Ob das Umsiedeln nützt, bezweifelt Naturschützer Günter Rockmann. "Ist die Biberfamilie dort im Mortzgraben vergrämt, wird eine neue den Weg dorthin finden. Das wird ein ewiger Kreislauf werden", sagt er der Volksstimme.

Günter Rockmann vom Nabu betont, dass er nicht weltfremd ist. Selbstverständlich sehe er, der sich seit 35 Jahren für den Naturschutz engagiert, dass es auch eine andere Sichtweise auf das Problem gibt. "Wir müssen es gemeinschaftlich lösen und uns gegenseitig die Sorgen austauschen", schlägt Rockmann vor. Auch vor der Tatsache, dass die Kommunen rings um Schönebeck tausende Euro für die Grabenpflege ausgeben, aber vier Biber am Ende alle Anstrengungen zunichte machen.