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Pumpen arbeiten auf Hochtouren: Wassermassen beeinträchtigen Kläranlage

Von Julia Ehlers 08.02.2011, 04:26

Schönebeck. Riesige Becken mit brauner Brühe, es muffelt im Schönebecker Klärwerk. "Hier stimmt etwas nicht", erschnuppert Mike Dragon sofort. Der Abwassermeister hat nach Jahren ein Gespür dafür entwickelt, wann auf der Kläranlage etwas nicht reibungslos läuft. "Für mich riecht es auch jeden Tag aufs neue unangenehm, aber man gewöhnt sich daran", erklärt er. Diesmal könne der Grund für die Geruchsschwankung das Abwasser aus Gommern sein.

Denn in der Kläranlage kommt nicht nur das Abwasser aus Schönebeck an, sondern auch das aus Gommern, Plötzky, Pretzien, dem Sülzetal und der östlichen Börde. Zurzeit sind es 20 000 Kubikmeter Wasser täglich, davon stammen rund drei Fünftel aus Schönebeck. Weil die hydraulische Grenze der Kläranlage bei 16 000 Kubikmetern liegt – diese Menge kommt eigentlich nur bei lang anhaltenden Regen zustande –, ist die Kläranlage hydraulisch teilweise überlastet. "Die Vermutung liegt nahe, dass dieses Mehr an Nass das abgepumpte und in die Kanalisation geleitete Grundwasser aus dem Stadtgebiet und den Ortsteilen ist. Denn am Spitzentag in 2011, dem 19. Januar, liefen hier 32 519 Kubikmeter Wasser ein", sagt Frank Richter, Projektverantwortlicher für den Standort Schönebeck. Das Problem dabei: Die Pumpen sind überfordert. Das Wasser wird schlechter gereinigt, weil zu große Mengen durch die Kläranlage drängen. "Damit die Qualität der Reinigung gleichbleibend gut ist, müssen wir Chemikalien zuführen", bemerkt Richter. Das erhöht die Kosten, auch der Stromverbrauch steigt durch die Fluten. Zur Verdeutlichung: Die Kläranlage verbraucht innerhalb von zwei Stunden genauso viel Energie wie ein durchschnittlicher Vierpersonenhaushalt.

Ein weiteres Problem der ankommenden Fluten: Im Gegensatz zum Abwasser, das in der Regel bei rund zehn Grad Celsius liegt, ist das ankommende Wasser kälter – schlecht für die biologische Behandlung. Denn: Sinkt die Wassertemperatur in den Klärbecken, arbeiten die Bakterien langsamer. Sie ernähren sich von Inhaltsstoffen des Klärwassers und tragen so ihren Teil zur Säuberung bei. "Wir gehen davon aus, dass wir mit Absinken des Hochwasserpegels und mit nachlassenden Grundwasserspiegel im Frühjahr wieder mit einem regulären Betrieb rechnen können", sagt Richter.

Die Folgen der riesigen Massen, die das Klärwerk überfordern, bekommen jetzt noch einige Schönebecker zu spüren: Das Wasser staut sich, drückt auf die Hausanschlüsse und sprudelt aus der Toilette oder dem Duschabfluss. Auf der Straße kann es vorkommen, dass Wasser aus den Kanalisationsdeckeln zurückströmt. Deswegen gilt weiterhin der Hinweis: Das Grundwasser nicht in die Schmutzwasserkanalisation pumpen, sondern in die Gräben.