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Arbeitsgruppen, Bürgerinitiative und Stadt stellen erste Ergebnisse bei Informationsveranstaltung vor / Forderung: Wasser als Pflichtaufgabe anerkennen

Von Daniel Wrüske 11.06.2011, 06:36

Die Stadt Schönebeck will mit einem Grundwassermanagement den nassen Kellern und Flächen begegnen. Denkbar ist auch ein Wasserbeauftragter im Rathaus. Doch Geduld ist von Betroffenen gefragt. Das zeigte die Bürgerversammlung im Dr.-Tolberg-Saal.

Schönebeck. Per Beschluss hat der Stadtrat es gefordert, die Beispiele anderer Städte machen es vor: In Schönebeck soll ein sogenanntes Grundwassermanagement dafür sorgen, dass Felgeleber und Sachsenländer nicht mehr auf nassen Kellern sitzen, dass Gräben funktionieren und Wasser nicht mehr länger zur Bedrohung wird, die an die Existenz geht. "Dabei geht es um mittel- und langfristige Planungen, die die Stadt als Ganzes in die Lage versetzen, zu reagieren", sagt Professor Frido Reinstorf. Der Experte für urbane Hydrologie und Hydrogeologie der Fachhochschule Magdeburg-Stendal leitet den Bereich II "Perspektiven für das Stadtgebiet Schönebeck" der Arbeitsgruppe "Grundwasser" in Schönebeck. Reinstorf schätzt, dass die Vorbereitung gut drei Jahre in Anspruch nehmen wird, danach müssten die vorgeschlagenen Maßnahmen schrittweise nach Priorität und Finanzierbarkeit umgesetzt werden. Zehn bis 20 Jahre plant der Wissenschaftler ein und pocht auf "komplette Lösungen". Das schließe allerdings Sofortmaßnahmen in kritischen Situationen nicht aus.

Wasserbeauftragter in der Stadt?

Konkret heißt das, nach der Zustandserfassung und Ursachenanalyse, die jetzt laufen, werden mögliche Maßnahmen gegen das Wasser in Häusern und auf Flächen zuerst auf ihre Effektivität hin abgeklopft. "Anhand von Modellsimulationen wollen wir die Wirksamkeit prüfen und Maßnahmen qualifizieren." Aspekte wie die Schaffung und die (Wieder-) Inbetriebnahme von Brunnen, baulichen Maßnahmen an nassen Gebäuden oder Grundstücken kommen dabei unter die Lupe. In weiteren Schritten wird es um die Prüfung rechtlicher Fragen gehen. Schließlich um Finanzierungsinstrumente. Denn "da fehlt es", sagt Reinstorf. Von allein, so der Experte, werde sich das Problem nicht lösen. Er machte das anhand verschiedener Prognosen bei der Niederschlagsentwicklung und bei Hochwassern deutlich. Die Ursachen seien aber nicht nur hier zu suchen, sondern ebenso in der Flächenversiegelung. Im Ergebnis müsse die Kommune ihre Bauleitplanung anpassen, das Grundwassermanagement könnte Grundwasserstandzielvorgaben für einzelne Quartiere ausweisen, was aber in den Bereich des Wasserechtes reiche.

Als grundlegend erachtet Reinstorf die Kommunikation. Die war auch bei der Bürgerversammlung Kritikpunkt. Rainer Ulbrich verurteilte die seiner Meinung nach unzureichende fachliche Kompetenz der Verwaltung und ihr langes Warten seit den 90er Jahren.

Dem entgegnete Oberbürgermeister Hans-Jürgen Haase, dass in der Stadtverwaltung eine Stelle entstehen solle, die sich nur um das Wasser kümmere. Da es sich aber um eine freiwillige Aufgabe handele, müsse zunächst der Stadtrat einer solchen Stellenplanänderung grünes Licht geben. Danach bedürfe es der Zustimmung der Kommunalaufsicht des Kreises, weil der Haushalt nicht ausgeglichen ist. Zudem lege die Stadt im Herbst zusammen mit der Abwasserentsorgung AbS ein neues Niederschlagsentwässerungskonzept vor.

Finanzierung gemeinsam tragen?

Betroffene erwarten schnelle Lösungen, doch die wird es nicht geben. Dass überhaupt etwas passiert, sehen viele Beteiligte als ersten Erfolg.

Stadtrat Manfred Pöschke (Rettet die Altstadt) brachte auf der Bürgerversammlung die Finanzen ins Gespräch. Sicherlich seien alle Aktivitäten des Landes wichtig, so der Politiker. Doch Geld müsse auch fließen, auch aus Magdeburg. Bei einer Förderung käme es dann darauf an, wie die Finalfinanzierung aussehe, also wie die verschuldete Stadt ihre Eigenanteile aufbringe. Denn es gehe um freiwillige Aufgaben, die innerhalb der Konsolidierung zuerst auf den Prüfstand kämen. Insofern setzt er große Hoffnungen in konkrete Lösungsvorschläge aus den Arbeitsgruppen. "Wenn wir jetzt die Lage versetzt werden, zu erkennen, wie man helfen kann, dann finden wir auch Wege im Stadtrat, das haushalterisch umzusetzen." OB Haase ließ dabei nicht unbemerkt, dass auch die Bürger finanziell herangezogen werden würden.

Dieter Berge von der Bürgerinitiative Felgeleben/Sachsenland ist froh, dass man mit dem Pilotprojekt des Landes in Schönebeck ermittelt, "was zu machen ist und wie man es richtig tut". Endlich, so Berge, würde der Stadtrat mit Beschlüssen seinen politischen Willen bekunden, die Stadtverwaltung reagieren. Das alles sei der Beharrlichkeit und dem Druck betroffener Bürger zu verdanken, die seit 1994 über nasse Keller klagen würden. Mit den Erfahrungen, die man in den Arbeitsgruppen sammele, müsse die Kommune auf die Gesetzgebung im Land Einfluss nehmen. Ziel muss sein, dass der Wasserschutz nicht nur freiwillige Leistung, sondern Pflichtaufgabe für die Kommunen werden müsse.

Ähnlich sieht das OB Haase. Er meint aber, dass die Schönebecker Stimmen dafür allein nicht ausreichen würden, sondern alle betroffenen Kommunen mit einer Stimme sprechen müssten. Im Blick hat er dabei das 2013 auslaufende Wassergesetz, das dann neu diskutiert werden muss.