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Wildfang Ronja ist der unerwartete Neuzugang im Heimattiergarten Bierer Berg Die Geschichte vom kleinen Fuchs, der im Hühnerstall das Futter stibitzte

Von Ulrich Meinhard 25.06.2011, 06:27

Schönebeck. Still stehen? Nein, das geht gar nicht. Wie ein Wiesel huscht Ronja im Gehege hin und her. Es hat gerade Futter gegeben. Tierpfleger Uwe Schlöcker hat einen fetten Bissen vorbei gebracht. "Ronja also", sagt der Leiter des Heimattiergartens Bierer Berg, Matthias Willberg, belustigt. "Ich wusste noch gar nicht, dass ihr dem Tier einen Namen gegeben habt", wendet er sich an Uwe Schlöcker. Der findet: "Ein passender Name." So wild und unbändig wie die Ronja aus Astrid Lindgrens gleichnamiger Erzählung sei schließlich auch das wieselflinke Fuchsmädchen. Das Tierchen ist der "wilde" Neuzugang auf dem Bierer Berg.

Ein nicht geplanter Neuerwerb. Und das ging so. "Unsere Kollegen berichteten in den vergangenen Wochen mehrfach von Jungfüchsen, die sie entweder rund um den Bierer Berg oder sogar hier im Tiergarten gesehen hatten", berichtet Matthias Willberg. Er selbst, wissend um einen Fuchsbau in der Nähe, habe sich eines Abends dort auf die Lauer gelegt. "Nach einer Weile zeigten sich zwei Jungtiere. Die Mutter sah ich nicht", erzählt er weiter. Wenige Tage später gab es Alarm. Beim Säubern des Geheges muss es wohl passiert sein: Plötzlich befand sich ein Fuchs im Hühnerstall. "Ich bin sofort hin. Und dann habe ich es gesehen. Der junge Fuchs fraß gierig. Vom Hühnerfutter", sagt Willberg. Das Tier war wohl eines der beiden zuvor gesichteten Rotpelze.

"Ist der Fuchs auf Menschen geprägt, wird Auswilderung schwierig"

Willberg geht davon aus, dass das Muttertier ums Leben gekommen ist. Der ungebetene Gast im Hühnerstall ließ sich ohne größere Probleme einfangen. Seitdem ist Ronja festes Ensemble-Mitglied. Untergebracht ist das jetzt etwa sieben Wochen alte Tier im Fuchsgehege. Hier hatte Capper bislang freie Bahn. Den Neuzugang nimmt die Füchsin erstaunlich gelassen hin, ja, sie lässt sich von Ronja sogar das Futter stehlen, ganz so, als würde sie das Junge als eigene Tochter akzeptieren.

"Jeder Jäger hätte das Tier erschossen", meint Willberg. Zum Glück für Ronja gehen die Tierpfleger nach anderen Prämissen vor. Auf die Frage nach einer späteren Auswilderung winken er und Uwe Schlöcker ab. "Wenn ein Fuchs erst einmal auf den Menschen geprägt ist, wird das ganz schwierig", erläutert Uwe Schlöcker. Das Tier würde immer wieder die Nähe des Menschen suchen, statt sie zu meiden. Wer erst einmal an den Vorzügen der Zivilisation geleckt habe, lasse sich nicht ohne weiteres wieder an den blanken und rauhen Busen der Natur zurück stoßen. "Deshalb sollten Spaziergänger nicht gleich jedes aufgefundene Wildtier aufheben und mit nach Hause nehmen", rät Matthias Willberg. Aus dem Nest gefallene Vögel etwa würden weiterhin von den Eltern versorgt.

"Ein Fuchs lässt sich nicht einfach abrichten"

Für die Verpflegung und Pension von Ronja sorgt jetzt Uwe Schlöcker. Abends nehmen er oder einer seiner Kollegen das Jungtier in einer Kiste mit auf den Betriebshof. Das dient der Sicherheit von Ronja Fuchstochter, denn Krähen beispielsweise machen nicht viel Federlesen und würden so ein junges Tier mit ein paar Schnabelhieben töten können. Ronja lässt sich den alltäglichen Ortswechsel sogar gern gefallen. Das ist eine Abwechslung die Kurzweil bietet und kommt bei ihr gut an. Dann kann sie jeden Morgen das Fuchsgehege neu entdecken.

Trotzdem bleibt sie ein Wildtier. "Das ist anders als bei Hunden. Ein Fuchs lässt sich nicht abrichten" stellt Matthias Willberg klar. Fast schon begeistert ist er von Capper, der gutmütigen Pflegemutter. "Sie ist für einen Fuchs ganz außergewöhnlich. Sie ist anders. Am Tag lässt sie sich sehen, während sich die meisten Füchse verkriechen. Sie lässt sich auch von den Besuchern nicht einschüchtern", stimmt der Tiergartenleiter ein kleines Loblied an.

Auch Capper hat ihren Anteil am Futter bekommen. Ronja versucht, ihn ihr streitig zu machen. Capper lässt sich das gefallen. Auch sie ist übrigens ein Findelkind, das - im Gegensatz zu Ronja - noch mit der Flasche großgezogen werden musste. Vielleicht verstehen sich die beiden deshalb so gut.

Die Füchsinnen haben ihr Futter inzwischen vergraben. "Sie warten jetzt, bis wir fort sind. Zum Fressen ist ihnen zu viel Publikum hier", erklärt Willberg.