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Oratorienchor singt Bachs Weihnachtsoratorium in St. Marien in Barby und in der Schönebecker Jakobikirche "Jauchzet frohlocket" fernab von jeder Routine

Von Daniel Wrüske 20.12.2011, 05:28

In der Marienkirche Barby und in St. Jakobi Schönebeck erklang am Wochenende Bachs Weihnachtsoratorium. Dem Oratorienchor Schönebeck gelangen eindrucksvolle Aufführungen.

Barby/Schönebeck l Zweifelsohne ist Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium musikalischer Renner in der Adventszeit. Vielfach aufgenommen und noch häufiger aufgeführt ist das Werk im besten Sinn gängiges Repertoire für gestandene Chöre. Trotzdem oder gerade deshalb besitzt es eine ungeheure Anziehungskraft. Eine Aufführung des Kantatenzyklus, zu Bachs Zeiten als Leipziger Thomaskantor niemals in der geschlossenen Form wie in gegenwärtigen Konzerten, wird wegen dieser hohen Erwartungshaltungen zur Herausforderung.

Doch die beiden Konzerte jetzt hatten durchaus etwas zu sagen. Unter der Leitung von Kirchenmusikdirektorin Beate Besser haben die Sängerinnen und Sänger des Schönebecker Oratorienchores und die Mitglieder des Kammerorchesters "musica beata" einen eigenen Zugang zu Bachs musikalischer Verkündigungsgeschichte gefunden - entschlackt von jeder vordergründigen Rührseligkeit. Die Ensembles spielten die Kantaten I bis III. Beate Besser wählte dafür durchweg schnelle Tempi, setzte auf schlanke Chor- und Orchesterstimmen, auf agile Beweglichkeit ohne Schärfe. So wurden der Eingangschor "Jauchzet, frohlocket" oder der anspruchsvolle "Ehre sei Gott in der Höhe"-Chor der Engel über den Hirten zu Stücken, die mitten in das Geschehen der Geburt Christi rissen. Die Chöre waren souverän einstudiert und saßen, klanglich ausgewogen sowie technisch. Wegen dieser Sicherheit konnten die Sängerinnen und Sänger an diesen Stellen wirklich musikalisch erzählen.

Was den großen Chorpassagen an Tempo gut tat, war allerdings manchmal in den Chorälen zu viel. Sie wirkten teilweise gehetzt, zu wenig reflektierend, sind sie doch gerade ganz bewusst als Akzente des Innehaltens im Geschehen der biblischen Geschichte gesetzt. Das strahlende "Herrscher des Himmels" wog das am Ende aber wieder auf.

Frei von jeder Schwere, leicht und zügig gestaltete Dirigentin Beate Besser auch die Arien. Dem Altpart hat Bach in den ersten drei Teilen des Weihnachtsoratoriums große Aufgaben zugedacht und Ilka Hesse meisterte sie mit Bravour. Sie sang ganz natürlich und unaffektiert, ihr Stimmtimbre war in allen Lagen gleich warm und rund. Ilka Hesses Auftakt mit "Bereite dich Zion" war gleich ein Ausrufezeichen. Ihre große Arie "Schlafe mein Liebster" in der zweiten Kantate bot unter genannten sängerischen Zutaten neue Hörerlebnisse. Und Beate Besser hob in ihrer Interpretation hervor, dass der Komponist hier nicht nur das Wiegenlied für den Knaben mit lockigem Haar, sondern auch die im Text eingeforderte "Wachsamkeit" im Sinn hatte.

Als Evangelist wirkte Matthias Schubotz. Er überzeugte aber vor allem in seiner Arie. Bei "Frohe Hirten" gelangen ihm die virtuosen Koloraturen durchweg. Hedwig Geske und Roland Fenes übernahmen die Sopran- und Basssoli. Gerade in den hohen Lagen strahlte Geskes Stimme und Fenes hatte seine Glanzstunde in der Arie "Großer Herr" mit Solotrompetenbegleitung.

Für ihr Solospiel, genannt seien neben den Trompeten auch die Holzbläser, wie auch als Ensemble muss vor den Musikern von "musica beata" der Hut gezogen werden. Unvergleichlich schön die Hirtemusik mit ihrem "Gespräch" zwischen Streichern und Bläsern. Die Barbyer und Schönebecker Konzerte wurden so zu alles anderem als Pflichtprogrammen. Sie waren Verkündigung echter Weihnachtsfreude.