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Landrat Ulrich Gerstner hat Notifizierungsverfahren zum Klinikverkauf eingeleitet Konglomerat verschiedener Aussagen bietet Spielraum für eigene Interpretation

Von Olaf Koch 23.12.2011, 05:25

Landrat Ulrich Gerstner sieht keine Gründe für einen Rücktritt vorliegen. Das sagte er gestern auf Anfrage der Volksstimme. Diese Forderung war von der Partei die Linke laut geworden.

Salzlandkreis l Die Tage derzeit gehören wohl zu den schwersten seiner Amtszeit. Erstmals musste sich jetzt Landrat Ulrich Gerstner (SPD) den Forderungen eines Rücktritts stellen. Die Partei Die Linke monierte gegenüber der Volksstimme, dass Gerstner die Beschlüsse des Kreistages zum Verkauf der Salzlandkliniken an die Schweizer Gruppe Ameos umsetzen solle. Komme der Landrat dem nicht nach, so die Partei Die Linke, könne er nicht im Amt bleiben.

Die Fraktion Die Linke gehört im Kreistag zur zweitstärksten Fraktion (12 Sitze). Die CDU hat von den insgesamt 60 Sitzen 19, die SPD 12 und die FDP 7. Andere Parteien und Gruppen runden das Gleichgewicht im Kreistag ab.

Mit der Äußerung der Partei die Linke öffnet sich für Gerstner eine zweite Front. Denn er hat nun nicht nur mit der Veräußerung der Kliniken zu tun, sondern auch mit diesen Rücktritts-Vorwürfen zu kämpfen. Es gab in den vergangenen Wochen mehrmals deutliche Kreistagsbeschlüsse, die den Landrat auffordern, die Kliniken an die Ameos-Gruppe zu veräußern und nicht an die Berliner Helios-Gruppe. Gerstner legte daraufhin zweimal Widerspruch ein.

Die Lage um den Klinikverkauf ist im Moment nicht eindeutig und verwirrt nicht nur die Kreistagsmitglieder. Während das Bundeswirtschaftsministerium und die Europäische Kommission der Volksstimme unabhängig voneinander mitteilten, dass eine Notifizierungspflicht zum Verkauf der Salzlandkliniken nicht vorliegt, macht das hiesige Landesverwaltungsamt dies zu einem unabdingbaren Schritt. Nach vorliegenden Informationen fordern die Kommunalrechtler aus Halle den Landkreis zu einer "dringenden Empfehlung" auf. Aber ist damit eine "zwingende Notwendigkeit" verbunden? Leitet sich aus der Empfehlung also eine Pflicht ab?

Grundsätzlich hätte sich Landrat Ulrich Gerstner - wie wohl viele andere Kreistagsmitglieder - vom Landesverwaltungsamt eine eindeutige Entscheidung zu den unterschiedlichen Positionen zwischen Kreistag und Landrat gewünscht. Stattdessen soll nach Auffassung von Gerstner nun Brüssel entscheiden.

In diesem Konglomerat verschiedener Aussagen bleibt Spielraum für eigene Interpretationen. Das Landesverwaltungsamt stellte sich gestern nochmals hinter das eigene Schreiben und damit gegen die Aussagen des Bundes und der EU. "Allgemein gesprochen ist bei einem Krankenhausverkauf kein Notifizierungsverfahren notwendig. Aber in diesem speziellen Fall der Salzlandkliniken sprechen wir schon eine dringende Empfehlung aus", betonte gestern Gabriele Städter, Sprecherin des Landesverwaltungsamtes in Halle. Dieser Weg sei weitergehend und rechtlich sicherer.

Dieser Auffassung schließt sich nach wie vor auch Landrat Gerstner an. Wie er am Nachmittag mitteilte, habe er bereits am Donnerstag vergangener Woche mit der Abforderung aller notwendigen Unterlagen beim Innenministerium des Landes die Notifizierung eingeleitet. Die Zusammenstellung des kompletten Vorgangs inklusive der vielen Anlagen aus dem Bieterverfahren habe das Landratsamt am Wochenende erledigt. Seit Dienstagvormittag lägen die Unterlagen beim Landesverwaltungsamt, dem Innenministerium und dem Wirtschaftsministerium des Landes vor. Nur Letzteres ist berechtigt, die Papiere weiter an das Bundeswirtschaftsministerium zu leiten. Dort erfolgt eine Vorprüfung, bevor Brüssel eingeschaltet wird. "Solange muss ich mich an das gesetzliche Durchführungsverbot halten. Ein Verstoß würde zu einer unheilbaren Nichtigkeit des Vertrages führen", so der Landrat.

Er bekräftigte gegenüber der Volksstimme, dass er den Beschluss des Kreistages selbstverständlich unverzüglich umsetzen wird - aber erst, wenn zum Beihilferecht eine eindeutige Aussage kommt. "Solange werde ich meiner gesetzlichen Pflicht gerecht, Schaden vom Landkreis abzuwenden. Und das ist aus meiner Sicht nun überhaupt kein Rücktrittsgrund", so Gerstner zur Volksstimme.