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  7. Frank und sein "Flusspferd" lieben das Saalebaden

Tornitz-Werkleitzer Heimatvereinsvorsitzender ist das Urbild eines bodenständigen Typen Frank und sein "Flusspferd" lieben das Saalebaden

Von Thomas Linßner 25.05.2012, 05:23

Bei hochsommerlichen Temperaturen gönnen sich Frank Pätzold und sein Pferd Beauty nach Feierabend etwas Gutes: Beide baden in der 21 Grad warmen Saale.

Tornitz-Werkleitz l "Wenn ich das mal nicht mehr schaffe, höre ich auf", prustet Frank Pätzold. Grund für diesen Merksatz ist eine überstandene Sportübung. Wie ein Indianer schwingt sich der 49-Jährige aufs Pferd, das zwar Zaumzeug, aber keinen Sattel und damit auch keine Steigbügel trägt. So aufzusteigen verlangt schon ein gerüttelt Maß Spannkraft.

In Vorbereitung des 159. Tornitzer Ringreitens weiß der Heimatvereinsvorsitzende in diesen Tagen, was gut für ihn und sein Ross ist: Beide baden abends in der Saale, die 21 Grad warm ist. Das hohe Ufer von Werkleitz ist nicht nur malerisch gelegen, sondern für derartige Sommerfreuden auch gut geeignet. "Besonders jetzt, wo das Wasser fällt und die Kiesstrände zutage treten", sagt Pätzold. Das erleichtert ihm und seinem "Flusspferd" den Badegang, weil Werkleitz dann einen Strand hat. Doch zuvor muss er mit Beauty, seinem 18-jährigen Wallach, ein Dickicht aus Brennessel, Beifuß und hohem Gras überwinden. Denn die Zeiten, in denen jeder Quadratmeter Deich von den Kleintierhaltern requiriert und kurz gehalten wurde, sind vorbei.

Es ist Mittwochabend. Gerade hat ein heftiger Platzregen die dürstende Natur erquickt. Derweil sich in Tornitz und Werkleitz große Pfützen bilden, fällt im gut einen Kilometer entfernten "Handweiser" kein Tropfen vom Himmel. Frank und Beauty genießen diese Wetterstimmung, die plötzlich alle Naturgerüche auf wunderbare Weise verstärkt. Mehrmals schwimmen sie durch die Saale. Der Fluss schimmert friedlich im letzten Abendlicht.

So gut haben es Hartwig Bergmanns Pferde Seppel und Moritz nicht, die am Ufer eingekoppelt sind. Besonders der 23-jährige Hengst Seppel dreht bald durch, als er Beautys Wasserplanscherei beobachtet. Sein Temperament unterscheidet sich sehr deutlich von dem ausgeglichenen Artgenossen, der als Wallach "ja nicht mehr ganz komplett ist", wie Frank Pätzold grinsend sagt.

"Mit 15, 16 habe ich mir schon eine Kutsche aufgebaut, ohne überhaupt ein Pferd zu haben."

Zu aller Seelenqual für Hengst Seppel wälzt sich Beauty nach dem Flussschwimmen mit den Hufen gen Himmel gerichtet genüsslich im Kies. "Keine Ahnung, warum er das macht. Muss ihm aber wohl gefallen", sagt Pätzold.

Für ihn ist diese Art sommerlicher Freizeitgestaltung nichts Neues. Der 49-Jährige badete schon "zu LPG-Zeiten" die Pferde. "Als ich 16 war, haben meine Kumpel und ich schon darauf gewartet, dass die Pferde abends nach Hause kamen", erinnert er sich. Die LPG hatte trotz aller Technisierung noch ein paar Gespanne, die zur Rinderkoppel zuckelten. Dort wurden die Kühe zweimal täglich an die Melkanlage angeschlossen, anschließend wurde die Milch in 20-Liter-Alukannen zum Dorf gebracht.

"Ich kann mich sogar noch an einige Namen erinnern", lächelt Pätzold: "Strolch, Sophie, Liese und einer, der nur Schimmel gerufen wurde." Den Jungen war es beim Pferdebaden egal, wie dreckig die Saale war.

Der Fluss zählte in den 80er Jahren zusammen mit der Elbe zu den vergiftetsten Europas. "Ich glaube, wir haben danach nicht mal geduscht", sinniert der Werkleitzer. "Wenn ich so überlege", fasst er sich ans Kinn, "hatte damals ja auch kaum jemand eine Dusche."

Frank Pätzold ist nicht nur Vorsitzender des Heimatvereins, sondern seit 34 Jahren auch leidenschaftlicher Ringreiter. Und ein Pferdenarr. Ohne sein Wallach im Stall würde er wohl kaum leben können.

Damit passt er in die Gemeinschaft des Doppeldorfes. Dort drehen sich viele gesellschaftliche Ereignisse bodenständiger Typen um Pferde. Das beginnt mit Schlittenfahren im Winter, geht über Kremser-Ausflüge im Frühling und Herbst sowie Ringreiten zu Pfingsten und endet mit Erntedank oder Neujahrsausritten.

"Mit 15, 16 habe ich mir schon eine Kutsche aufgebaut, ohne überhaupt ein Pferd zu haben", gesteht der 49-Jährige. Die Komplettierung gelang ihm erst 1991. Dafür nahm er bereits als Teenager an Ringreiten teil. Mit geliehenen Pferden, die damals rar waren. "Die Leute haben mich für bekloppt gehalten, als ich mir ein Kaltblut aus Wespen holte, das noch nie einen Sattel auf dem Rücken hatte."

Heute organisiert Pätzolds Heimatverein auch das Ringreiten. Am Sonntag beginnt es um 14 Uhr. Mal sehen, wie Beauty dann los galoppiert. Gebadet hat er ja schon.