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Verein "Freundeskreis Mühle Sachsendorf" setzt sich seit 20 Jahren für den Erhalt des Technikdenkmals ein Ab in die Ferien: Einsatz mit Rückenwind

Von Daniel Wrüske 28.07.2012, 05:21

Ob uriger Bauernhof, himmelstürmender Rundflug oder historisches Schloss: Wer in den Sommerferien keine große Reise plant, kann auch die nähere Region erkunden. "Ab in die Ferien!" heißt die neue Volksstimme-Serie, in der wir heute die Bockwindmühle in Sachsendorf und ihren Verein vorstellen.

Sachsendorf l Kirchen gehören sprichwörtlich zum Dorf. So mancher Landflecken ist aber mit einem ebenso die Silhouette prägenden Gebäude gesegnet: einer Mühle. In Sachsendorf ist das so und dem Engagement vieler Ehrenamtlicher zu verdanken. "So was muss einfach erhalten bleiben: Die Mühle gehört zum Dorf!", sagt Reinhard Höfflin, Vorstandsvize im Verein "Freundeskreis Mühle Sachsendorf". So selbstverständlich das klingt, und nach wie vor Motivation für die Vereinsleute ist, so nötig war ihr Einsatz.

Denn die Bockwindmühle war längst aufgegeben. In ihrer Entstehungszeit Anfang des 18.Jahrhunderts ein technisches Wunderwerk, musste sie dem technischen Fortschritt Platz machen. 1937 wurde in einem Nebengebäude durch Müllermeister Albert Liebeherr in einem Nebengebäude eine Motormühle errichtet. Ein Jahr später wurde der Betrieb an der mechanischen großen Schwester eingestellt. Die Mühle war dem Verfall preisgegeben.

Bis zur Wende zog sich das hin. Das riesige Gebäude machte einen jämmerlichen Eindruck: demolierte Flügel, das Dach eingestürzt, Feuchtigkeit und Wind setzten der Technik im Inneren dadurch unbarmherzig zu. Der Mühlen-Torso erzählte nichts mehr vom einst so stolzen Müller-Stand. Das dörfliche Bewusstsein hatte sich mit der Ruine abgefunden. Als sich dann 1991 Freiwillige zusammentaten und sich die Rettung auf die Fahnen schrieben, wurden sie anfangs belächelt. "Seid ihr verrückt", hätten manche gesagt, "die könnt ihr verfallen lassen", so wieder andere. Dieter Sablottny erinnert sich. Anderen aber gefiel die Idee. "Zu DDR-Zeiten waren einem die Hände gebunden. Es gab weder Material, noch Genehmigungen, selbst wenn man Initiative aufbringen wollte. Alles hat bis 1973 zur LPG gehört", so das Vereinsmitglied. Dann, nach dem Tod des Müllermeisters Albert Liebeherr, wurde auch der Motormühlenbetrieb eingestellt.

Viele Arbeiten wurden als Eigenleistung beigesteuert

Dabei wollten es einige Sachsendorfer nicht lassen. Sie schlossen sich um das Ehepaar Eva und Gustav Radespiel - Nachfahren der Müller - zusammen. Dieter Sablottny, Reinhard Höfflin und auch Martin Häniche gehörten dazu: "Der Arbeitskreis Mühlen in Sachsen-Anhalt, in Person Thorsten Neitzel, hat uns viel Rückenwind gegeben, für den Erhalt der Mühle einzutreten", sagt Martin Häniche. Von fachlicher Seite sei der Wert der Anlage bestätigt gewesen. Auch die Gemeinde war überzeugt, dass etwas geschehen müsse. Die Mühle wurde als eingetragenes Denkmal anerkannt, der etablierte Verein konnte öffentliche Gelder zur Finanzierung von Sanierungsarbeiten akquirieren, die Arbeitsverwaltung gestand den Mühlenfreunden Mitarbeiter aus Qualifizierungsmaßnahmen wie der ABM zu. Die Sachsendorfer haben ihren eigenen großen Anteil an der Auferstehung der Mühle. Nicht nur, weil sie sich im Dschungel der Antragstellung durchgefunden haben, sondern auch weil sie sich in die Technikwelt von Mahlgang, Sichter, Kammrad und Co. hineingedacht haben und viele Arbeiten als Eigenleistung beisteuerten.

Allen voran Reinhard Höfflin. Durch seinen Tischlerberuf hatte eine Art "natürliche Affinität" zur Mühle. Viel hat er sich angeeignet. "Man lernt aus den vorhandenen Teilen. Das ist einfache Puzzlearbeit. Wenn man etwas Kaputtes hat, muss man es so nachbauen, wie das Original gewesen sein könnte."

Und zu tun gibt es bis heute etwas. Verschiedene Teile wurden von anderen Mühlen zusammengetragen wie das riesige Kammrad oder der zweite Mahlgang. Ein alter Müllermeister hat dem Verein dabei geholfen. "Vereinsziel ist, die Mühle unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten zu erhalten und weiter zu sanieren", sagt Reinhard Höfflin. Das nehme viel Zeit in Anspruch. Daneben macht die Gruppe die Mühle zugänglich, auf Führungswunsch natürlich, sowie am Denkmaltag im September und auch am Mühlentag zu Pfingsten. Dann holt Reinhard Höfflin auch seine Sammlung historischer ländlicher Gegenstände aus Haus und Hof mit auf das Mühlengelände und stellt es aus. "Mit der Mühle zusammen ist das eine runde Sache - es zeigt das Leben früher auf dem Dorf."

Wer das auch erleben und einmal die Technik im Inneren einer Bockwindmühle kennenlernen will, der kann sich bei "Ab in die Ferien" um einen Mühlentag bewerben. Zusammen mit der Volksstimme gibt es einen Tag an der Mühle zu gewinnen. Die Mitglieder vom "Freundeskreis Mühle Sachsendorf" freuen sich schon auf interessierte Urlaubsgäste.

Bewerbungen bis Mittwoch, dem 1. August, entweder schriftlich per E-Mail an redaktion.schoenebeck@volksstimme.de oder per Postkarte an Volksstimme, Wilhelm-Hellge-Straße 71, 39218 Schönebeck oder unter Telefon (03928)486820. Bitte Name und Telefonnummer angeben.