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Welche Probleme auftreten können, wenn der Werkleitzer "Fährberg" in Privatbesitz gelangt Was ist, wenn jemand eine Würstchenbude aus dem Fährwindenhaus macht?

Von Thomas Linßner 08.09.2012, 05:19

Das denkmalgeschützte Fährwindenhaus von Werkleitz steht zum Verkauf. Seit wenigen Tagen verbietet ein Schild der Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) das Betreten des Grundstücks.

Tornitz l Hagen Meiling, Stadtrat aus Groß Rosenburg, hatte in jüngster Ratssitzung zwei Kernfragen: Hat es die Kommune vor Jahren versäumt, einen Antrag zum Erwerb des Grundstücks zu stellen, als die Zuordnung noch gratis möglich war? Wie würden die Verkehrsteilnehmer bei erhöhtem Wasserstand auf die Fähre kommen, weil die obere Straße über das angebotene Grundstück führt?

Zum Sachverhalt: Das markante Fährwindenhäuschen steht auf einem 590 Quadratmeter großen Grundstück, das die BVVG jetzt bundesweit per Internet-Bietung versteigert. Die Gebote können bis zum 16. Oktober abgegeben werden.

Das Fachwerkhaus diente früher dazu, die Fähre über den Fluss zu winden. Um Schiffen die Durchfahrt zu ermöglichen, wurde bei deren Annäherung das Fährseil auf den Grund herunter gelassen. Nach Einführung des Giersystems wurde das überflüssig. Die Groß Rosenburg-Werkleitzer Fährstelle besteht seit 1620.

Schmuckstück auf fremden Grund

Vor 13 Jahren ließ die Gemeinde Tornitz das kleine Schmuckstück sanieren, für das sie sich verantwortlich fühlte. Ortsbürgemeisterin Regina Grube: "Für uns war klar, dass Fähre und Fährwindenhaus zusammen gehören. Deswegen hat sich auch niemand Gedanken über irgendwelche Grundstücksfragen gemacht."

Zum Grundstück gehört nicht nur das denkmalgeschützte Häuschen, sondern auch eine Sitzgruppe, an der die Touristen mit herrlichem Blick auf die Saale rasten können. Woran letztere nun seit einigen Tagen durch das Verbotsschild gehindert werden.

Noch wichtiger ist der verkehrstechnische Aspekt. Bei erhöhtem Wasserstand ist die Werkleitz-Groß Rosenburger Gierfähre nur über eine Straße zu erreichen, die über besagtes BVVG-Grundstück führt.

Was sagt die Einheitsgemeinde dazu, die die Fährverbindung betreibt?

Liegenschafts-Sachbearbeiterin Antje Ihlau bestätigt, dass die Gemeinde Tornitz damals keinen Antrag zur Grundstücksübertragung stellte. "Der hätte auch keine Aussicht auf Erfolg gehabt, weil es sich um kein Verwaltungsvermögen handelte", erklärt sie. Das Fährwindenhaus wurde am Stichtag 3. Oktober 1990 nicht mehr als solches genutzt. Nur Objekte, die das Funktionieren kommunaler Aufgaben absicherten, wurden damals auch gratis zugeordnet. Soll heißen: Nur wenn es zu diesem Zeitpunkt noch als Fährwindenhaus in Betrieb gewesen wäre, hätte die Zuordnung auf Antrag erfolgen können.

Die Vermögensübertragung auf die BVVG erfolgte 1996, die seitdem Eigentümer ist. Das Grundstück gehörte früher entweder der Gemeinde Tornitz oder der Wasserwirtschaft. Diese Frage müsse grundbuchmäßig noch geklärt werden, so Antje Ihlau.

Egal wer der neue Besitzer wird: Ist er berechtigt, mit aller Konsequenz auf sein Eigentum zu pochen und beispielsweise die öffentliche Straßennutzung zu untersagen?

"Nein, kann er nicht. Da gibt es Grundsatzurteile zum Wegerecht. Im Gefahrenfall - wie eben bei Hochwasser - muss die Straße von jedermann befahren werden können", klärt Antje Ihlau auf.

Was für Sitzgruppe und das historische Häuschen natürlich nicht gilt. Dort könnte sich faktisch der klassische Imbissbudenbesitzer etablieren.

Die Stadt Barby kann nun im herkömmlichen Verfahren bei der BVVG-Versteigerung mitbieten. Ob sie es tut, steht noch nicht fest. Denn die Kassen sind leer.