1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Schönebeck
  6. >
  7. Schönebecks Stadtwerkechef: "Solarstrom ist für mich ein reines Wohlstandshobby"

Dreikönigstreffen des FDP-Stadtverbandes Schönebeck zur Strompreis-Entwicklung Schönebecks Stadtwerkechef: "Solarstrom ist für mich ein reines Wohlstandshobby"

Von Heike Liensdorf 07.01.2013, 02:24

Ein Thema, das alle bewegt - das hatte Moderator Horst Rehberger zu Beginn des Forum angekündigt. Und er sollte recht behalten. Die Entwicklung der Strompreise sorgte beim gestrigen Dreikönigstreffen des FDP-Stadtverbandes Schönebeck für eine angeregte, teils kontroverse Diskussion.

Schönebeck l Die Strompreise in Deutschland sollen bis 2025 um 70 Prozent steigen. Das sagt ein Gutachten des Instituts für Technologie in Karlsruhe, das Mitte des vergangenen Jahres öffentlich gemacht wurde. Gründe dafür seien die Kosten für die Energiewende und das geplante Schließen aller Kernkraftwerke bis 2022.

"Die Bürger zerbrechen sich den Kopf über die Entwicklung der Strompreise", sagt Horst Rehberger, ehemaliger Wirtschaftsminister in Sachsen-Anhalt, zu Beginn der gestrigen Gesprächsrunde im Hotel Domicil Schönebeck. Doch warum ist die Entwicklung so? Welche rechtlichen Grundlagen gibt es dafür? Rehberger, der das Forum moderierte, sieht drei Ursachen: Erstens die Stromsteuer, die 1999 eingeführt wurde. Ziel: Strom einsparen, da er teurer wird. Zweitens das Erneuerbare Energien-Gesetz von 2000 (2008 novelliert). Ziel: bis 2050 80 Prozent des Stroms aus regenerativen Energiequellen gewinnen. Und drittens die sogenannte Energiewende. Ziel: langfristig alle Kernkraftwerke abschalten.

Horst Rehberger: Ist die Energiewende, wenn man die technische Entwicklung beachtet, ohne eine Erhöhung der Strompreise möglich?

Friedrich Husemann, Geschäftsführer der Stadtwerke Schönebeck, sieht die Preisentwicklung, die seiner Meinung nach eine politische Eigendynamik entwickelt hat, kritisch. Als Beispiel nannte er die Offshore-Anlagen, dabei soll die Windenergie durch im Meer errichtete Windparks genutzt werden. Diese Anlagen, so Husemann, sollten schon längst fertig sein. Sie sind es aber nicht. "Wir zahlen aber schon alle die Offshore-Umlage." Das Problem sei, wenn die Anlagen im Norden soweit sind, hat der Süden bereits nachgezogen und ist nicht mehr auf den Norden angewiesen. Wer bezahlt das, fragt Husemann in die Runde und gibt auch gleich die Antwort: "Wir." Derzeit sei eine Dynamik in Gange, die in den nächsten Jahren keine sinkenden Preise erahnen lasse.

Horst Rehberger: Heute werden drei bis vier Prozent des gesamten Strombedarfs durch Sonnenenergie gedeckt. Derjenige, der in eine Solaranlage investiert, kann mit hohen Subventionen rechnen: Die Stromabnahme wird für 20 Jahre zu einem Preis von 18 Cent pro Kilowattstunde garantiert - egal, ob der Strom benötigt wird oder nicht. Sollte das so weitergehen?

Für Friedrich Husemann steht fest: "Energiewirtschaftlich ist das völlig sinnlos, ein verrücktes Missverhältnis, das es nirgendwo gibt, nur in Deutschland. Solarstrom ist für mich ein reines Wohlstandshobby." Die Subventionierung in Deutschland halte er für "verrückt, sie sollte korrigiert werden". Da Photovoltaik immer Flächenverbrauch bedeutet, sieht auch Rolf-Dietmar Schmidt, Chefredakteur des Wirtschaftsmagazins Aspekt, das skeptisch. Solarstrom sei eher eine Insellösung.

Kraftwerk-Erbauer müssen für Entsorgung Rücklage bilden

Eine Diskussion begann. Wolfram Schall, einer der Gäste, in Richtung Stadtwerke-Chef: "Können Sie sich vorstellen, eine Energiegenossenschaft in der Region zu gründen?"

Friedrich Husemann winkt ab. Das sei hochkompliziert und hochkomplex. Er kenne keine Energiegenossenschaft, die richtig funktioniert, eher zwei, die sich nach ein, zwei Jahren wieder aufgelöst haben.

Reinhard Banse: Bei Nichtbezahlen der Stromkosten soll es keine Stromsperren geben. Ist das ein Freibrief für notorische Nichtzahler?

So generell könne man mit dem Thema nicht umgehen, meint Stadtwerke-Chef Husemann. Man müsse jeden Fall einzeln prüfen. "Irgendwie müssen wir uns unser Geld aber wiederholen."

Ursula Schall: "Wir sind umgeben von Ländern mit Kernkraftwerken. Gibt es eine Initiative, dass diese sich uns anschließen?"

Benachbarte Länder würden nicht nur mit Kernkraft arbeiten, sondern auch ausbauen, merkt Rehberger an. Der einstige Landeswirtschaftsminister räumt ein: "Es kann sein, dass wir irgendwann erkennen müssen, dass der Weg, den wir gegangen sind, der falsche oder zu zeitaufwändig ist."

Ewald Hünger: Atomstrom wird als billig dargestellt. Doch die immensen Kosten bei Stilllegung und Entsorgung werden nicht beleuchtet. Auch das muss bei der Energiewende mit bezahlt werden.

In Westdeutschland sei das so geregelt gewesen, so der Wissensstand von Rehberger, einem gebürtigen Karlsruher, dass die Erbauer von Kraftwerken auch eine Rücklage für die Entsorgung bilden mussten. Niemand könne aber garantieren, dass dieses angesammelte Geld ausreiche.

Ralf Schneckenhaus: Wenn die Stadt Schönebeck alle Straßenlampen auf LED umstellen würde: Ist der Kaufpreis der neuen Technik so, dass Einspareffekte refinanziert werden können?

"Die Umrüstung kostet: nichts", sagt Thomas Hensel, Geschäftsleitung der Logilux GmbH Schönebeck und blickt in misstrauische Augen. "Für den gewerblichen Bereich, zum Beispiel eine Stadt, ist bei einer Umstellung die monatliche Einsparung immer höher als die Finanzierung", so Hensel. Vom gewerblichen Bereich spreche man bei einer Beleuchtungsdauer von durchschnittlich sechs bis acht Stunden pro Tag.

Holger Dietrich: "Was erwarten Sie von der Politik?"

Thomas Hensel: Subventionen müssen punktueller eingesetzt und damit der Missbrauch eingedämmt werden.

Olaf Galuhn, Geschäftsführer G G Elektrobau GbR: "Der eingeschlagene Weg ist der richtige, aber Fehler müssen sofort korrigiert werden."

Friedrich Husemann: Die Subventionsmentalität muss bereinigt werden. Deutschland braucht ein Energieministerium, um langfristig die Energiewende zu managen.

Rolf-Dietmar Schmidt: Die einzelnen Bundesländer müssten in Sachen Erneuerbare Energien harmonieren, die Netze müssten systematisch ausgebaut werden und das Forschen für Energiespeicher müsste subventioniert werden.