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Werden SPD und Die Linke die Kandidaten Knoblauch und Goldschmidt mit Wahlempfehlungen unterstützen? Parteien suchen Unterstützung hinter den Kulissen

Die Stadt Schönebeck wählt nun in einer Stichwahl endgültig ihren neuen
Oberbürgermeister. Hinter den Kulissen versuchen die Parteien,
Mehrheiten zu finden.

Von Olaf Koch 21.12.2013, 02:06

Schönebeck l Dass der gemeine Wähler hin und wieder eine unberechenbare Masse ist, wurde erst wieder am 15. Dezember deutlich. An diesem Tag fand das erste Rennen um die Wahl des neuen Oberbürgermeisters statt. Mit dem Ergebnis waren am Ende etablierte Politiker und Parteien dann doch überrascht. Wer an diesem Tag Holger Goldschmidt als Einzelbewerber auf der Liste hatte und eben nicht Frank Schiwek von der SPD, dürfte bei so mancher Wette eine Flasche Wein gewonnen haben.

Der Barbyer schaffte den Sprung in die Stichwahl als relativ Unbekannter aus den Stand und deplatzierte den Sozialdemokraten Schiwek. Noch heute knapp eine Woche nach der Wahl sitzt der Schock bei den Genossen tief. Dort beginnt das Nachdenken, woran es gelegen hat, dass der Sonderschulpädagoge nicht mehr Stimmen bei den Schönebeckern ziehen konnte und mit Werner Herrler von den Linken fast gleichauf war.

Bei der Analyse des Wahlergebnisses darf der Blick auf die große Bundespolitik nicht vernachlässigt werden. Das konservative Lager befindet sich mit Bundeskanzlerin Angela Merkel derzeit in einem nie dagewesenen Hoch. Schon allein deshalb hatte es Bert Knoblauch relativ einfach, jede Menge Stimmen abzugreifen und mit 40 Prozent eindeutiger Sieger in der ersten Runde zu werden.

Im Lager der sozialdemokratischen Genossen ist man heute noch leicht genervt, dass die Linkspartei einen eigenen Kandidaten ins Rennen geschickt hat. Erzählt wird, dass sich beide Parteien eigentlich auf einen gemeinsamen Kandidaten geeinigt hatten und so eine starke rote Macht gegenüber dem schwarzen Lager aufbauen wollten. Doch mit der frühen Kandidatur von Schiwek und später Werner Herrler (Die Linke) haben sich beide Parteien am Ende die Stimmen untereinander weggenommen.

Dieser Vorgang erregt noch die Gemüter bei der SPD. Herrler wird es sicherlich in den nächsten Monaten nicht leicht haben als Leiter des Städtischen Eigenbetriebes Bauhof, zumal auch die Christdemokraten immer noch fragen, warum "ein Kommunist seit 25 Jahren den Bauhof führt".

So kommt es zur Stichwahl mit den bekannten Gesichtern: Knoblauch (CDU) und Goldschmidt (Einzelbewerber). Die Frage ist nun, wie sich das rote Lager am 12. Januar positionieren wird? Hinter den Kulissen werden dafür schon die Fäden gesponnen. Denn am Ende zählen Mehrheiten und die Frage: Was bekomme ich dafür?

Dass sich die Linkspartei für Bert Knoblauch ausspricht, scheint so unwahrscheinlich wie Berlusconi, der sich im Seniorenheim seine nächste Freundin sucht. Beide Parteien verbindet nicht einmal eine sympathische Zweckgemeinschaft. So ist es gut möglich, dass Die Linke den Einzelwerber Holger Goldschmidt unterstützen wird. "Ja, darüber denken wir nach", sagt auf Anfrage der Volksstimme Sabine Dirlich.

Die Genossen wollen rechtzeitig vor der Stichwahl eine Empfehlung aussprechen - eben für jene Klientel der Wählerschaft, die Hilfe benötigt. "Wir werden uns in der nächsten Woche mit Holger Goldschmidt zusammensetzen und ausloten, was möglich ist", so Dirlich. In kleiner Runde wollen sich die Genossen anbieten, denn die Unterstützung der Linken-Stimmen soll es nicht zum Nulltarif geben. Gemeinsam soll das Wahlprogramm der Linken mit dem von Goldschmidt auf Übereinstimmungen verglichen werden.

Aus Sicht der Linkspartei bringt Holger Goldschmidt viel Verwaltungserfahrung mit. Sabine Dirlich: "Nicht das Parteibuch oder ein Jurastudium qualifizieren einen guten Oberbürgermeister. Wir brauchen jemanden, der Mehrheiten finden kann."

Ein Parteibuch und ein Jurastudium disqualifizieren einen Kandidaten auf der anderen Seite aber auch nicht. Kandidat Bert Knoblauch weiß aber auch, dass er sich auf sein 40-Prozent-Polster nicht ausruhen und darauf hoffen kann. "Die Stichwahl ist noch nicht gewonnen, das wird kein Selbstläufer", sagt er der Volksstimme.

Beide Kandidaten sind zur SPD eingeladen

Knoblauch und seine CDU-Mannen stehen vor zwei Aufgaben: Erstens müssen die Wähler vom vergangenen Sonntag erneut mobilisiert werden. Außerdem muss er Nichtwähler und Wähler finden, die er bisher nicht überzeugt hat. "Deshalb werde ich mich über jede Unterstützung freuen und auf die Parteien zugehen", so Knoblauch.

Keiner Partei im Hintergrund Rechenschaft ablegen zu müssen, ist aus Sicht von Holger Goldschmidt ein Vorteil der Wahl. Er ist frei von Belastungen der Schönebecker Vergangenheit und versichert, ausschließlich für Sachpolitik zu stehen. "Ich begrüße die Gespräche der Parteien, mich eventuell zu unterstützen. Das Machbare muss nun geprüft werden", meint der Einzelbewerber.

Welcher Kandidat die meisten Schnittmengen mit der SPD hat, wollen nun auch die Sozialdemokraten prüfen. Wie Ortsvereinsvorsitzende Petra Grimm-Benne gestern berichtete, sind Anfang Januar beide Kandidaten zu einer Vereinssitzung eingeladen - ergebnisoffen, wenngleich das Anbändeln der Linkspartei in Richtung Goldschmidt von der SPD mit geballten Fäusten in den Taschen beobachtet wird - nach dem Motto: Was die jetzt machen, müssen wir nicht noch unterstützen.

Dass das so ist, beweist ein Geheimtreffen gestern Abend: So sollen sich Steffen Behm und René Wölfer (beide SPD)mit CDU-Mann Knoblauch in kleiner Runde getroffen haben.

Ob die Absprachen und Empfehlungen an das gemeine Wahlvolk später Erfolg haben werden, bleibt indes abzuwarten: In der Wahlkabine ist nämlich wieder jeder Wähler ganz allein und muss nur sich selbst Rechenschaft ablegen. Der Wähler ist eben eine unberechenbare Größe.