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Volksstimme im Gespräch mit dem Vorsitzenden des Staßfurter Stadtrates Dr. Walter Blauwitz "Ein stiller Stadtrat, der nur nach einer Pfeife tanzt, wäre entwicklungshemmend"

31.01.2013, 01:17

Der Staßfurter Stadtrat hatte 2012 eine Menge Entscheidungen zu fällen. In diesem Jahr wird es durch das neue Sparpaket nicht leichter werden. Darüber sprach Volksstimme-Redakteur René Kiel mit dem Vorsitzenden des Stadtrates Dr. Walter Blauwitz (Linke).

Volksstimme: Was war die schwierigste Entscheidung des Stadtrates im vergangenen Jahr?

Dr. Walter Blauwitz: Die Ablehnung des Baus einer Biomethangasanlage in Staßfurt durch den Stadtrat. Nach dem langem Prozess einer Meinungsfindung in Zusammenarbeit mit einer Bürgerinitiative, durch Diskussion in Bürgerforen und gefühltem Mehrheitswillen der Einwohner der Stadt Staßfurt wurde durch den Stadtrat dieser Mehrheitsbeschluss gefasst. Leider respektieren weder Oberbürgermeister René Zok noch die angesagten Investoren den Beschluss. Sie versuchen weiter ihren Plan durchzusetzen, eine solche Anlage in Staßfurt zu bauen, obwohl viele ökonomische und sozial-ethische Gründe dagegen sprechen.

"Eine Jahresbilanz ist meist kein Wunschergebnis. Gemessen an den Gestaltungsmöglichkeiten, die ein Stadtrat hat, ist unsere Jahresbilanz zufriedenstellend."

Volksstimme: Und welche war die beste?

Dr. Blauwitz: Das gemeinsame Wirken des Stadtrates in Zusammenarbeit mit der Verwaltung und einer breiten Öffentlichkeit für die Wiedereröffnung des Staßfurter Krankenhauses. Hervorzuheben ist das entscheidende Abstimmungsverhalten der Staßfurter Kreistags-Mitglieder, die auch Mitglieder im Stadtrat sind. Auch die Wiedereröffnung des Strandsolbades, die Rekonstruktionsarbeiten an der Kindertagesstätte in Atzendorf oder die Fortschreibung des Kinder- und Jugendentwicklungsplanes sind Erfolge unter anderen Erfolgen.

Volksstimme: Wie fällt Ihre Jahresbilanz 2012 des Stadtrates knapp in einem Satz aus?

Dr. Blauwitz: Eine Jahresbilanz ist meist kein Wunschergebnis. Gemessen an den Gestaltungsmöglichkeiten, die ein Stadtrat hat, ist unsere Jahresbilanz zufriedenstellend.

Volksstimme: Mit welcher Entwicklung sind sie unzufrieden?

Dr. Blauwitz: Nach wie vor ist es nicht gelungen, mittelständische Betriebe des produzierenden Gewerbes für den Standort Staßfurt zu gewinnen, die auch eine größere Anzahl von Arbeitsplätzen garantieren. Die Sauberkeit und Ordnung in einigen Ortsteilen lässt zu wünschen übrig.

Volksstimme: Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung und dem Oberbürgermeister?

Dr. Blauwitz: Sie ist vom gegenseitigen Interesse an einer erfolgreichen Arbeit zum Wohle der Stadt sowie von Kooperationsbereitschaft und Freundlichkeit geprägt. Ein vom Oberbürgermeister geforderter langer Informationsweg nur über seinen Tisch würde die Zusammenarbeit beachtlich beeinträchtigen und wird sich hoffentlich als Papiertiger erweisen.

Volksstimme: ... und wie die Kooperation im Stadtrat? Was muss besser werden?

Dr. Blauwitz: Die Kooperationsbereitschaft ist vorhanden und war bei wichtigen Entscheidungen auch erfolgreich. Teilweise fehlt es noch an Toleranz und Respekt für die Meinungen anderer. Ein stiller Stadtrat, der nur nach einer Pfeife tanzt, wäre jedoch langweilig und entwicklungshemmend.

"Unsere Haushaltsplanung ist eine komplizierte Rechenaufgabe, die den Zwängen einer verfehlten Finanzpolitik und -verschwendung höherer Verantwortungsträger unterworfen ist."

Volksstimme: Welche Ziele stellen Sie sich persönlich für das neue Jahr?

Dr. Blauwitz: Eine gute Zusammenarbeit mit allen Kräften, die zu einem weiteren Aufblühen der Stadt beitragen können. Vor allem aber die umsichtige Erfüllung der Aufgaben eines Vorsitzenden des Stadtrates, die manchmal nicht unkompliziert sind.

Volksstimme: Die Haushaltsplanung ist in diesem Jahr schwierig. Es muss auch wieder ein Sparpaket geschnürt werden. Wo sehen Sie noch Einsparpotenziale?

Dr. Blauwitz: Unsere Haushaltsplanung ist eine komplizierte Rechenaufgabe, die den Zwängen einer verfehlten Finanzpolitik und -verschwendung höherer Verantwortungsträger unterworfen ist. Bei der Enge fällt es mir sehr schwer, noch Einsparpotenziale aufzuzeigen. Es ist eine sehr komplizierte Aufgabe für Verwaltung und den Stadtrat einen ausgeglichenen Haushalt zu planen.

"Bei guter Gesundheit sowie physischer und psychischer Leistungsfähigkeit kann sich eigentlich jeder Senior bei Bedarf in die notwendige gesellschaftliche Arbeit einbringen. Das werde ich auch tun."

Volksstimme: Wo darf der Rotstift auf keinen Fall angesetzt werden?

Dr. Blauwitz: Es darf auf keinen Fall bei den freiwilligen Aufgaben der Stadt im Bereich Kinder, Jugend, Sport, Kultur und Vereinsarbeit gespart werden. Die Vielfältigkeit in diesen Bereichen macht ja unsere Stadt erst lebenswert. Aber auch die umsichtige Schulent- wicklung und die Gestaltung der vorschulischen Möglichkeiten sind wichtige Aufgaben.

Volksstimme: Im nächsten Jahr finden die nächsten Kommunalwahlen statt. Treten Sie noch einmal an?

Dr. Blauwitz: Bei guter Gesundheit sowie physischer und psychischer Leistungsfähigkeit kann sich eigentlich jeder Senior bei Bedarf in die notwendige gesellschaftliche Arbeit einbringen. Das werde ich auch tun.