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Rodrigo Rivera, Chefarzt der Psychiatrie der Klinik, zur Entwicklung der Krankheitsbilder Verständnis für psychische Leiden fehlt

Von Falk Rockmann 05.11.2013, 02:10

Die rasante Entwicklung psychischer Krankheiten kommentierte der Chefarzt der Psychiatrischen Tagesklinik des Staßfurter Krankenhauses nach Vorstellung des aktuellen Gesundheitsreports für den Salzlandkreis. Und wie dem Trend entgegenzuwirken wäre.

Staßfurt l Eine enorme Steigerung der Arbeitsausfalltage durch psychische Erkrankungen um 172 Prozent hatte der Gesundheitsreport 2013 für den Salzlandkreis festgestellt (wir berichteten). "Obwohl psychische Erkrankungen meist zu sehr langen Ausfallzeiten führen, ist die Diagnose aus Sicht der Beschäftigten in vielen Unternehmen eine Art Stigma", erklärte dazu Andreas Umlauf von der DAK in Staßfurt. Es bestehe dringender Handlungsbedarf.

Rodrigo Rivera, Chefarzt der Tagesklinik am Staßfurter Ameos-Krankenhaus: "Das fehlende Verständnis im Umfeld ist ein Grund, dass sich die Mehrheit der Patienten mit Händen und Füßen gegen eine psychiatrische Behandlung wehren." Schizophrenie - das sei einmal gewesen. Und Tagesklinik bedeute auch nicht, "wo sich welche kloppen" oder nur Alkoholabhängige behandelt würden. "Es gibt für psychische Krankheiten empfängliche Menschen. Mobbing macht vielen Menschen zu schaffen. Das sollte Beachtung finden", so Rivera.

"Vor 25 Jahren gab es zum Beispiel noch kein Mobbing so wie heute", erklärt er die diesbezügliche Entwicklung."Da gab es keine Konkurrenz unter Kollegen, da gab es keine Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren", hätten ihm Patienten berichtet. "Da gab es auch noch Kollektive, die hinter einem standen." Hinzu käme als Ursache vermehrt die Angst um Treue in der persönlichen Beziehung.

"Wenn man Schmerzen in der Brust hat, wird man gleich zum Kardiologen geschickt. Mit psychischen Störungen sollte man auch möglichst nicht zu lange beim Hausarzt verweilen. Es zeigen sich oft schnelle Erfolge beim Psychiater, mit denen Betroffene selbst nicht gerechnet hätten", weiß der Chefarzt.

Die Psychiatrische Tagesklinik in Staßfurt biete 25 Plätze, die nicht ausreichen würden. Vielleicht gelinge es Ameos, die Anzahl zu erweitern. Der neue Krankenhausdirektor Torsten Jörres ergänzte dazu, dass man sich dazu in der Antragstellung befinde. Offene Punkte müssten mit den Krankenkassen noch "final geklärt werden". Rivera: "Bedarf ist vorhanden, auch aus den Räumen Aschersleben und Schönebeck."

Die Psychiatrische Tagesklinik in der Bodestraße 11 in Staßfurt ist montags bis freitags jeweils 7 bis 15 Uhr geöffnet. Sie unterhält fünf Selbsthilfegruppen und drei Angehörigengruppen. Zum Team gehören neben Diplom-Psychologen auch Krankenschwestern, Ergotherapeuten und eine Horterzieherin.