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Groß Börneckes Ortsbürgermeisterin Ethel-Maria Muschalle-Höllbach "Zusammenschluss zur neuen Stadt Hecklingen war keine Liebesheirat"

22.02.2014, 01:43

Der vor zehn Jahren erfolgte Zusammenschluss der Städte Hecklingen und Cochstedt sowie der Gemeinden Groß Börnecke und Schneidlingen zur neuen Stadt Hecklingen war keine Liebesheirat. Das erklärte Groß Börneckes Ortsbürgermeisterin Ethel-Maria Muschallle-Höllbach (Wählergemeinschaft) aus Anlass dieses Jubiläums im Volksstimme-Interview.

"Bedauerlich ist, dass die Fusion zur neuen Einheitsgemeinde Stadt Hecklingen von Anfang an unter keinem guten finanziellen Stern stand."

Volksstimme: Wie bewerten Sie die Gründung der Einheitsgemeinde aus heutiger Sicht?

Ethel-Maria Muschalle-Höllbach: Das war keine Liebesheirat, sondern die Einsicht in die Notwendigkeit, da das Land zu diesem Zeitpunkt noch größere Strukturen wollte, denen wir mit unserem Schritt zuvorgekommen sind. Die vier ehemals eigenständigen Gemeinden hatten bereits seit 1994 eng in der Verwaltungsgemeinschaft "Bördeblick" zusammengearbeitet. Bedauerlich ist, dass die Fusion zur neuen Einheitsgemeinde Stadt Hecklingen von Anfang an unter keinem guten finanziellen Stern stand. Es wurden zum damaligen Zeitpunkt Geschenke verabredet, wie zum Beispiel die Sanierung des Schwimmbades in Schneidlingen oder die Zusage einer Vereinsförderung für alle Ortsteile, die sich kurze Zeit später aus Sicht der Kommunalaufsichtsbehörde als nicht mehr realisierbar erwiesen hatten. Wenn ich dagegen die Stadt Aschersleben sehe, deren finanzielle Situation auch nicht besonders rosig ist, hätten wir diese kleinen Präsente im Interesse des Gemeinwohles durchsetzen müssen. Statt dessen haben wir zugelassen, dass sich die allgemeine Situation in fast allen Gebieten sichtbar verschlechterte. Das einzige, was sich für den Haushalt der Stadt verbessert hat, sind die Mehreinnahmen in Folge von immer größeren Steuererhöhungen zu Lasten unserer Bürger und der Unternehmen. Gleich Null sind nach meiner Meinung die Aktivitäten des jetzigen hauptamtlichen Bürgermeisters unserer Einheitsgemeinde Hans-Rüdiger Kosche (CDU), der die Stadt nicht wie im Bürgermeister-Wahlkampf versprochen gestaltet, sondern mehr schlecht als recht verwaltet.

Volksstimme: Was hat die Bildung der Einheitsgemeinden den Orten gebracht?

Ethel-Maria Muschalle-Höllbach: Nicht viel, denn danach ging es spürbar bergab. Es ereilten uns wie bereits erwähnt höhere Steuern und Gebühren, kulturelle Verluste in Größenordnungen, zum Beispiel im Ortsteil Hecklingen keine Heimatfeste mehr, kein Karneval, keine Festumzüge, die Schulschließung im Ortsteil Schneidlingen, keine hausärztliche Versorgung in den Ortsteilen Cochstedt und Schneidlingen mehr sowie auch fast keine Einkaufsmöglichkeiten in diesen beiden Ortsteilen. Der Öffentliche Personennahverkehr ist schlechter und teuerer geworden. Die Bahnverbindung von Staßfurt über Hecklingen, Groß Börnecke und Schneidlingen nach Egeln wurde vom Land ganz und gar eingestellt. Das alles spiegelt sich auch in der rückläufigen Einwohnerzahl wieder. Das Leben ist hier nicht mehr so lebens- und liebenswert wie es einmal war!

"Wir brauchen eine gemeinsame Aktion mit den Mitgliedsgemeinden der `Egelner Mulde`, die wie wir in Folge der Abwassermisere finanziell darben."

Volksstimme: Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Stadt?

Ethel-Maria Muschalle-Höllbach: Wir sind nicht bei "Wünsch Dir was". Denn schöne Wünsche allein nützen nichts! Wir brauchen eine gemeinsame Aktion mit den Mitgliedsgemeinden der "Egelner Mulde", die wie wir in Folge der Abwassermisere finanziell darben. Wir verlangen vom Bürgermeister, dass er mit aller Kraft beim Land für eine Komplettentschuldung unserer Stadt kämpft, denn allein kommen wir aus dieser Haushaltsschieflage, die die Kommunalaufsichtsbehörden mit zu verantworten haben, nicht mehr heraus. Wenn die Stadt eine Zukunft haben soll, dann braucht sie auch wieder finanziellen Handlungsspielraum. Man kann nicht auf Dauer an der Steuerschraube drehen und gleichzeitig die Leistungen für die Bürger drosseln. Das Ende der Fahnenstange ist längst erreicht. Bürgermeister Kosche sollte bedenken, dass eines Tages kein Saft mehr fließen wird, wenn man die Bürger nur noch als Zitrone behandelt und ständig weiter auspressen will. Die Erdrosslungswirkung steht kurz bevor. Und deshalb wünsche ich mir, dass es so schnell wie möglich und auch unbedingt nötig wieder aufwärts geht und dass die vor zehn Jahren erfolgte Bildung unserer Einheitsgemeinde letztlich doch noch eine positive Entwicklung für uns alle nimmt.