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Doreen Schäfer, Thea Hoppmann und Brigitte Zies bereiten die Geschichte des Sports in Atzendorf auf Chronisten: Immer auf dem neuesten Stand

Die Geschichte des Atzendorfer Sports sorgt seit über einem Jahrhundert
immer wieder für Überraschungen - ob es die überklebte Urkunde ist oder
die Schnapsflasche als Preis für die Reiter. All diese kleinen Anekdoten
und die große Historie über 136 Jahre Vereinsleben hüten drei
Atzendorfer Sportlerinnen.

Von Franziska Richter 24.07.2014, 03:28

Atzendorf l Die "Meisterin" über die Chronik, Doreen Schäfer, die bei der Zentralen Landsportgemeinschaft Atzendorf (ZLG) auch für die Sportjugend zuständig ist, kann sich über historische Fotos und alte Dokumente freuen. "Toll, wie die damals aussahen, oder?", sagt sie und zeigt auf ein Foto der Turnergruppe von 1915.

All diese Fotos und Dokumente sowie die bis dato geführte Vereinschronik haben die drei Damen 2004 übernommen. Zuvor hatten Wilhelm Escher, Sportchronist seit Gründung der ZLG 1878 bis 1957, und dann Wilhelm Schöne, 1957 bis 2005, das Vereinsleben Monat für Monat in seinen Höhepunkten notiert und festgehalten.

2006 haben die Sportlerinnen der ZLG, Doreen Schäfer, Thea Hoppmann und Brigitte Zies, die Arbeit an der Chronik fortgesetzt. "Ich sammele im Prinzip alle Artikel der Volksstimme - das E-Paper ist dabei eine große Hilfe -, stelle Bilder zusammen, notierte mir Eckpunkte des Vereinsleben und schreibe damit die Chronik weiter", erklärt Doreen Schäfer.

Unzählige Wettkämpfe, Treffen, Fotos von erfolgreichen Sportlern bei Siegerehrungen und Höhepunkte wie das Pfingstsportfest sollen für die Nachwelt festgehalten werden. Die Chronistin muss dafür immer auf dem aktuellsten Stand sein und die Heimatzeitung täglich verfolgen - keine einfache Aufgabe neben Job und Sportjugend. Auch Ausstellungen und Präsentationen zu bestimmten Anlässen gehören zu der Arbeit.

"Der Name Zentrale Landsportgemeinschaft bedeutet einfach Sport auf dem Lande, auf dem Dorf also. Zu DDR-Zeiten hießen viele Sportvereinigungen so, wir ab 1966. Nach der Wende haben sich andere Sportvereine dann umbenannt, wir aber behielten den Namen und sind jetzt, glaube ich, der einzige Verein, der noch den Namen ZLG trägt", sagt Doreen Schäfer.

Im Laufe der Zeit trugen die Atzendorfer Sportler viele imposante Namen: Im Calbenser Landboten erscheint 1878 eine Anzeige, die vom "Männer-Turnverein Atzendorf" spricht und der früheste Nachweis des Vereins ist. Der Verein beziehungsweise die Abteilungen, die sich mit in der Zeit bildeten und wieder auflösten, hießen zum Beispiel "Turn- und Sportbewegung", "Deutsche Turner", "Arbeiter-Turn- und Sportverein", "1. FC 26 Atzendorf", "BSG Traktor Atzendorf", "Freie Turner" oder "Volkssport-Volleyball-Mannschaft". Gegründet wurde der Verein 1878 nach der "Lehre des Turnvaters Jahn über die Gesunderhaltung des Körpers durch den Sport" von mehreren Brüdern unter Leitung von Gastwirt Georg Wittenberg.

Die Anekdote mit der überklebten Urkunde gehört in die Zeiten von "BSG Traktor Atzendorf". Die Mannschaft erkämpfe sich 1957 den Aufstieg in die Bezirksliga und holte überraschend den Bezirkspokal des FDGB (Freier Deutscher Gewerkschaftsbund) in Magdeburg gegen Hötensleben. Da wurden selbst die Verantwortlichen überrascht. Die Organisatoren des Turniers hatten die Siegerurkunde nämlich schon vorbereitet, allerdings versehen mit einem anderen Vereinsnamen, dem erwarteten Gewinner. Nach einer improvisierten Siegerehrung klebten die Atzendorfer dann ihren Namen selbst auf. "Und ganz am Anfang der Vereinsgeschichte gab es wohl mal ein Fußballspiel, bei dem Atzendorf mit 4:21 gegen Förderstedt verlor. Das war auch eine Rekord-Niederlage", erzählt Doreen Schäfer.

Neben den vielen alten Fotos vom schicken Arbeiter-Radfahrer-Verein mit Anzug und Hut oder von stattlichen Turnern gibt die Chronik, von der die drei Sportlerinnen auch eine Kurzfassung erstellt haben, auch Aufschluss über frühere Sitten und Bräuche beim Sport. Beim Ringreiten gab es früher nicht etwa Pokale und Abzeichen zu gewinnen, sonder einen Hut (1. Preis), eine Tabakspfeife mit Prozellankopf (2. Preis) und eine Flasche Schnaps (3. Preis). Um diese Trophäen kämpften die Atzendorfer Pferdeknechte. Diese Männer, auch "Geschirrführer" genannt, veranstalteten nämlich ab 1920 jährlich das Ringreiten - ein wahres Volksfest.

Für die drei Chronistinnen war es keine einfache Aufgabe, die ausführliche Chronik zu einer Kurzfassung zusammenzufassen und sich durch die Jahre 2004 bis 2009 zu wühlen. "Die Zeit ab 2009 müssen wir noch aufarbeiten", erklärt Doreen Schäfer. Sie, Brigitte Zies und Thea Hoppmann sammeln dazu jetzt - neben dem täglichen Zeitungslesen - weitere Bilder und Dokumente.

Wer sich für die Vereinschronik "130 Jahre Sport in Atzendorf" interessiert, kann diese bei der ZLG erfragen.