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Ortschaftsräte stimmen Haupt- und Entschädigungssatzung sowie Geschäftsordnung zu Zwei Räte wollen nicht mehr Geld

Von René Kiel und Karl Seidel 06.09.2014, 01:19

In den Sitzungen der Ortschaftsräte herrscht künftig ein Alkohol- und ein Rauchverbot. Das sehen die neuen Geschäftsordnungen vor, die in dieser Woche von den Ortschaftsräten beschlossen wurden.

Staßfurt l Sie folgten damit einer Empfehlung des Redaktionsausschusses des Stadtrates, dem Vertreter aller Fraktionen angehören.

Vor fünf Jahren hatte es schon einmal Bestrebungen gegeben, den Alkoholkonsum in den Stadtratssitzungen zu verbieten. Das scheiterte damals bei der Abstimmung nur an einer Stimme. Jochen Meyenberg (Linke-Fraktion) hatte den entscheidenden Antrag gestellt, den Verbotsparagrafen wieder zu streichen. "Wenn ich zum Abend ein Bier trinken will, wird man mir als Erwachsenem das wohl noch erlauben", sagte er. Ansonsten müssten Mitarbeiter der Stadtverwaltung vor jeder Sitzung bei jedem Abgeordneten oder jedem Besucher eine Alkoholkontrolle durchführen, meinte Meyenberg.

Darüber hinaus folgten die Ortschaftsräte von Athensleben, Förderstedt, Löderburg, Hohenerxleben, Rathmannsdorf und Neundorf dem von der neuen Kommunalverfassung abweichenden Vorschlag der Stadtverwaltung, die Sitzungsprotokolle wie in den vergangenen Monaten weiter in eigener Regie zu schreiben. Eine Ausnahme bilde nur der Ortschaftsrat Förderstedt aufgrund seiner Größe von 18 Mitgliedern, sagte der Koordinator des Sachbereiches Sitzungsdienst, Dominik Iser, in Athensleben.

Das begründete er mit den Personalproblemen der Stadtverwaltung. Seit 2004 habe allein seine Serviceeinheit Verwaltungssteuerung und Service zehn Mitarbeiter durch Altersteilzeit verloren. Hinzu komme, dass seine Kollegin Heike Hahn zu 50 Prozent ihrer Arbeitszeit auch noch als Standesbeamtin im Rathaus tätig sei.

"Sind wir für immer daran gebunden, das selbst zu machen", wollte Athenslebens Ortsbürgermeister Jürgen Kinzel wissen. "Wir sind die letzten, die es ablehnen würden, rauszukommen, wenn es eine lange Tagesordnung gibt", sagte Iser.

Er hält es durchaus für möglich, dem als Protokollanten tätigen Mitglied des Ortschaftsrat für dessen Mehraufwand eine Extraentschädigung zukommen zu lassen, wie das der Athenslebener Ortsbürgermeister ins Gespräch gebracht hatte. Dazu müsste dann aber ein Antrag gestellt werden, klärte Iser auf.

Die Ortschaftsratssitzungen in der vergangenen Woche wurden noch vom Sitzungsdienst der Stadt aufgesucht. Mit einem Lächeln und dem Satz: "Gewöhnt euch nicht an meinen Anblick", stimmte Heike Hahn die Neundorfer Ortschaftsräte gleich zu Beginn ihrer Beratung auf die neue Situation ein.

"Bei 17 Ortschaftsräten kann der Versammlungsleiter nicht auch noch das Protokoll schreiben."

Die Neuregelung wurde im Ortschaftsrat Förderstedt begrüßt. "Ich freue mich, dass wir das schriftlich haben und dass das jetzt in der Geschäftsordnung verankert ist", sagte Ortsbürgermeister Peter Rotter (CDU) im Bürgerhaus Glöthe. "Bei 17 Ortschaftsräten kann der Versammlungsleiter nicht auch noch das Protokoll schreiben", sagte FDP-Fraktionschef Günther Döbbel.

Der Vorsitzende des Stadtseniorenbeirates, Peter Maier, der dem Ortschaftsrat Förderstedt angehört, störte sich an der Bezeichnung Ortsbürgermeister in der Geschäftsordnung. "Bürgermeister sind vom Volk gewählt", sagte er. Die Bezeichnung Vorsitzender des Ortschaftsrates sei besser.

Neundorfs Ortsbürgermeister Burkhard Hennicke sagte, er finde es gut, dass die Bürger mit der neuen Geschäftsordnung in der Fragestunde auch zu den Punkten der Tagesordnung reden können.

Zustimmung fand auch die neugefasste Entschädigungssatzung. Hier hatte der Redaktionsausschuss empfohlen, die Höchstsätze der vom Innenministerium angehobenen Aufwandsentschädigungen aufzugreifen, sagte die Rechtsexpertin der Stadt, Antje Herwig in Löderburg. Die Verwaltung habe zuvor auf die angespannte Haushaltslage aufmerksam gemacht. Schließlich ziehe das Mehrausgaben in Höhe von rund 10 000 Euro pro Jahr nach sich.

Auf Unverständnis stießen die höheren Aufwandsentschädigungen lediglich beim Athenslebener Ortschaftsrat Eric Maindok (UBvS) sowie bei seiner Löderburger Kollegin Christel Kretschmer (Linke). "Ich bin dafür, dass wir kinderfreundlich bleiben. Jeder Cent, den wir dem Haushalt entziehen, fehlen der Stadt für diese Zwecke", betonte Maindok auch unter Hinweis auf die geplante Schulschließung in Löderburg. Er könne als ehemaliger Stadtrat nicht eine Steuererhöhung ablehnen, wenn es dann aber um mehr Geld für die Kommunalpolitiker gehe, zustimmen, meinte Maindok.

"Wenn wir alle eine höhere Aufwandsentschädigung ablehnen, erhalten wir nicht mehr Kinder."

Die Aufwandsentschädigung habe nichts mit der Schule zu tun, stellte der Ortsbürgermeister klar. Wenn mehr Kinder da wären, gebe es keine Probleme. "Im Bund und im Land erhöht man sich die Diäten dauernd, ohne jemanden zu fragen", fügte Kinzel hinzu.

"Wenn wir alle eine höhere Aufwandsentschädigung ablehnen, erhalten wir trotzdem nicht mehr Kinder", sagte Jens Stephan.

Christel Kretschmar fragte: "Warum musste das gemacht werden? Ich denke, die Stadt muss sparen." Der Ortschaftsrat könne ja beschließen, dass er nicht mehr Geld wolle, sagte Herwig. Löderburgs Ortsbürggermeisterin Elvira Bartsch (Linke) bat die Rechtsexpertin darum, dass alle Kommunalpolitiker der Stadt den entsprechenden Runderlass des Landes zur steuerlichen Behandlung der Aufwandsentschädigungen bekommen. Bartsch kündigte an, mit ihrem Zugewinn die Vereine zu unterstützen.

Im Ortschaftsrat Förderstedt gab Johann Hauser (FDP) den Hinweis, die Stadtverwaltung Staßfurt sollte bei der Reisekostenabrechnung so unbürokratisch wie der Landkreis verfahren. Dort reiche es, wenn die Kreistagsmitglieder vor jeder Sitzung in einer Liste die zurückgelegte Entfernung eintragen.

Die neue Entschädigungssatzung soll erst zum 1. Oktober 2014 in Kraft treten, sagte Iser.

Im Ortschaftsrat Neundorf wurde Fred Hänsel nachverpflichtet, da er in der konstituierenden Sitzung nicht anwesend war.

Im Ortschaftsrat Hohenerxleben wies Helmut Müller dann noch auf einen seiner Meinung nach existierenden Schwerpunkt hin: die eingeschränkte Tragfähigkeit der Bodebrücke.

Die zu DDR-Zeiten vom Volksgut gebaute Brücke sei in der Fahrzeugbreite auf 3,30 Meter beschränkt. Das kontrolliere aber die Polizei aus Kapazitätsgründen nicht und die Brücke werde dadurch von den schweren Erntefahrzeugen kaputtgefahren.

Mehrere kleinere Wehwehchen wurden noch genannt, die zeigen, dass sich die anwesenden zehn Einwohner mit ihrem Ort verbunden fühlen.