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Kreisverbände von Bündnis 90/Grüne und AfD sowie Bürger üben Kritik Fragen zur Dickstoffanlage noch offen

Von René Kiel 03.02.2015, 02:16

Der geplante Dauerbetrieb der Dickstoffversatzanlage des Sodawerkes sorgt in Staßfurt weiter für kontroverse Diskussionen. Die Kreisverbände von Bündnis 90/Grüne und AfD lehnen das Projekt strikt ab.

Staßfurt l "Diesem Vorhaben stehen Bündnis 90/Grüne des Salzlandkreises sehr kritisch gegenüber", sagte der Kreischef der Partei Andreas Gernegroß, der von einer hohen Verkehrsbelastung für die gesamte Umwelt ausgeht.

Die Grünen fordern daher den Betreiber auf, offen zu legen, wo die ganzen Abfälle genau herkommen ebenso die Anfahrtswege und Anfahrtszeiten.

Zudem fordert die Partei, dass die Geheimniskrämerei um die Anlage beendet wird und die Ergebnisse der vom Vorhabenträger vorgelegten Nachweise zur Langzeitsicherheit über den seit 2008 lauffenden Versuchsbetrieb einer breiten Öffentlichkeit gerade jetzt im Zusammenhang mit dem Genehmigungsverfahren bekannt gemacht werden.

Gernegroß: "Auch die Frage, wie voll die Kavernen jetzt schon sind, sollte eine Antwort finden."

Der Kreisvorsitzende verwies darauf, dass in vielen Prozessen verschiedene gefährliche Abfälle in Staubform anfallen, zum Beispiel Aschen und Stäube aus Rauchgasreinigungen. Es bestehe die Notwendigkeit, diese gefährlichen Abfälle langzeitsicher zu verwahren. Im Vergleich verschiedener Deponierungsvarianten erscheint die untertägige Deponierung am sichersten. Dabei sei eine Konditionierung, die die Stäube in eine verfestigte, ausgehärtete Struktur zwingt gegenüber einer Einlagerung in staubförmiger Form (zum Beispiel 500-Kilogramm-Big-Bags) ebenso vorzuziehen, wie die Ablagerung in isolierten Einzelkavernen gegenüber der in einem stillgelegten Bergwerksbetrieb.

Die Salzland-Grünen verlangen Informationen darüber ein, wie der in den Untergrund eingebrachte Dickstoff mit der in den Kavernen vorhandenen Sole reagiert.

"Darüber hinaus fordern wir die Vorlage der Sicherheitskonzepte für die überirdische Aufbereitungsanlage, insbesondere auch bezüglich des Explosionsschutzes im Zusammenhang mit Gasbildungen in den Mischprozessen. Die Fragen des Immissions- und Lärmschutzes und insbesondere des Gewässerschutzes müssen ebenso zwingend Beachtung finden wie die Sicherung der Einhaltung der Dickstoffrezepturen", sagte Gernegroß.

Er appelliert an die Betreiber der Anlage, die Ängste der Bevölkerung ernst zu nehmen und die Öffentlichkeit umfassend und offen über die Vorgänge in der Dickstoffversatzanlage zu informieren. "Wir werden den Prozess weiter kritisch begleiten", versicherte der Parteichef.

AfD-Kreisverband spricht von Taschenspielertricks

Der AfD-Kreisverband spricht sich gegen die Dickstoffversatzanlage in Staßfurt aus. "Die geplante Einlagerung großer Mengen von zirka 730 000 Tonnen hochgiftiger Abfälle pro Jahr aus Müllverbrennungsanlagen in alten Salzkavernen im Umfeld von Staßfurt darf nicht genehmigt werden", so AfD-Kreischef Daniel Rausch.

"Es ist eine Unverschämtheit, wie hier der Bürger überrumpelt werden sollen. Damit keine Umweltverträglichkeitsprüfung nötig ist, wird das Genehmigungsverfahren einfach nach Bergrecht durchgeführt. Es handelt sich aber um hochgiftige Stoffe, die hier eingelagert werden sollen. Also ist das Abfallrecht anzuwenden", meinte Rausch, der auch Stadtrat in Staßfurt ist.

Er wirft den Verantwortlichen vor, mit "Taschenspielertricks" zu arbeiten und die Staßfurter Bürger für dumm zu verkaufen.

Welche Probleme es mit der Sicherheit von Salzkavernen geben könne, zeige das Beispiel des Salzschachtes "Asse" in Niedersachsen. Dort seien Atommüllfässer eingelagert worden und jetzt drohe nach dem Wassereinbruch der Umweltgau. Dort sei sogar eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden und von den Experten eine völlige und immerwährende Sicherheit bescheinigt worden. "Bei einem Dauerbetrieb der Dickstoffversatzanlage des Sodawerkes ist für die Öffentlichkeit nicht überprüfbar, was da alles eingelagert wird, woher es kommt und was es enthält.Ein solches Verfahren dürfte für viele, die giftige Abfälle zu entsorgen haben, von großem Interesse sein. Eine Einlagerung in Staßfurt ist für diese Unternehmen natürlich viel billiger, als diese Gifte ordentlich unschädlich zu machen", sagte der AfD-Kreischef.

Er möchte gern wissen, was passiert, wenn die Gifte in das Trinkwasser gelangen, welche Risiken es beim Betrieb der Anlage und beim Transport der Abfälle gebe. Es sei zu befürchten, dass es auch hier wie immer werde - die Gewinne bleiben beim Unternehmen, das Risiko trage jedoch der Steuerzahler. "Hier soll etwas durch die Verfahren gepeitscht werden, dessen Folgen für Staßfurt und seine Bürger nicht absehbar sind", stellte Rausch fest.

Ausgelegte Unterlagen waren nicht vollständig

"Ist die Genehmigung der Versatzanlage durch?", fragt sich Eberhard Scholz aus Staßfurt. "Wenn man die forschen Ausführungen von Wirtschaftsministers Möllring in seiner Antwort auf die Kleine Anfrage des Landtagsabgeordneten André Lüderitz (Die Linke) liest, dann ist das so", fügte er hinzu.

"Warum dann eigentlich noch nervige Debatten im Bauausschuss führen, da von allen beteiligten Behörden Stellungnahmen vorliegen, die zu keinem Versagen der Genehmigung führen könnten? Dann seien da die acht Einwendungen ein unerheblicher Fakt, der nur den Verfahrensvorgaben geschuldet sei, jedoch keinerlei Einfluss auf das Endergebnis habe, weil ja schon alle zugestimmt haben", meinte Scholz. Deren Zustimmung sei im vorauseilendem Gehorsam erfolgt, obwohl selbst der Minister zugeben musste, dass eine abschließende Prüfung des Langzeitsicherheitsnachweises durch den Behördengutachter bislang noch nicht erfolgt sei.

Die fachliche Durchsicht und Plausibilitätsprüfung der Unterlagen durch den Behördengutachter habe jedoch auch nicht dazu geführt, zu erkennen, dass bei einer Verwertung der gefährlichen Abfälle im Sinne des Abfallrechtes als Versatz in bergbaulichen Hohlräumen die Versatznotwendigkeit zu belegen sei. Dieser entscheidende Beweis fehle für die Kavernen 2 und 4 und die Begründung dafür, dass es notwendig sei, die beiden zu versetzen und die benachbarten und viele weitere in Deutschland nicht.

"Deshalb waren die ausgelegten Unterlagen nicht vollständig und eine ordentliche Prüfung durch beteiligte Behörden eigentlich nicht möglich. Nach meiner Meinung ist die Genehmigung noch lange nicht durch. Hoffentlich wird eine Verlängerung des Probebetriebes diesmal kritischer gesehen", so das Fazit von Scholz.