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Freiwillige Feuerwehr Hohenerxleben kann auf 130-jährige Geschichte zurückblicken 1885 gründete ein Gastwirt die Wehr

Von Franziska Richter 23.03.2015, 02:34

Kuriose Begebenheiten, Momente des Stolzes und der Kameradschaft, aber auch ganz tragische Situationen ergeben sich in der Geschichte einer Ortswehr. Die Hohenerxlebener Kameraden blickten jetzt auf ihre 130-jährige Geschichte zurück.

Hohenerxleben l Am Sonnabendabend versammelten sich die Kameraden der Hohenerxlebener Ortswehr im Dorfgemeinschaftshaus. Mit von der Partie war alles, was Rang und Namen hat: Der Oberbürgermeister, Verwaltungsmitarbeiter, Ortsbürgermeister, Vertreter weiterer Ortswehren. Es galt das 130-jährige Bestehen der Freiwilligen Feuerwehr Hohenerxleben zu feiern.

Und außerdem hagelte es eine Beförderung und Ehrung nach der anderen, so dass Michael Heldt, amtierender Ortswehrleiter und über lange Strecken Redner, sichtlich ein Stein vom Herzen fiel, als er endlich fertig war. Oberbürgermeister René Zok lobte die neue Kinderwehr, die sich 2014 mit vier Kindern gegründet hatte und jetzt acht Mitglieder hat - inklusive "einer ganz jungen Anwärterin, die eigentlich noch gar nicht mitmachen darf", wie er sagte.

130 Jahre Feuerwehr bedeuten auch, so Zok: die Entwicklung vom Brandbekämpfer mit Schlauch und Spritze zur heutigen "High Tech"-Einheit, die technische Hilfeleistungen und Gefahrenlagen aller Art meistert. Zwölf aktive und 14 Alterskameraden zählt die Wehr aktuell.

Ortsbürgermeister Sven Wagner, der mit den Worten "Am 19. Mai 1885 gründete der Gastwirt Ernst Schwenke die Wehr mit 61 Mitgliedern" die Historie kurz anriss, konnte nicht genug betonen, wie bedeutend der Dienst der Kameraden, "die viele Stunden ihrer Freizeit für unser aller Wohl opfern", sei. Wie er bedankten sich auch Vertreter von Vereinen, Kreisfeuerwehrverband und Firmen des Ortes ganz herzlich für das Engagement.

Neben Beförderungen und Auszeichnungen der Kameraden (siehe Fotos) war die Ehrung von Rudi Krebes durch Michael Heldt der Höhepunkt des Abends. Rudi Krebes hatte vergangenes Jahr sein Amt als Wehrleiter an Michael Heldt weitergegeben und war stolze 25 Jahre Wehrleiter. "Er hat die Wehr ab der Wendezeit maßgeblich aufgebaut", sagte Oberbürgermeister René Zok über ihn.

Rudi Krebes blickte in seiner Rede auf die Zeit von 1990 bis 2014 gern zurück. Er erinnerte sich an die Barkas 1000, dessen "Kupplung jedes zweite Jahr repariert werden musste wegen der schrägen Einfahrt zum Gerätehaus". Und an spektakuläre Einsatzübungen: 1998 hatten die Kameraden zu Übungszwecken einen alten Traktor auf dem Hof eines Bauern in Brand gesetzt, um ihn ohne Schaum zu löschen. "In der Zeitung stand dann als Überschrift: `Schwarze Wolken über Hohenerxleben`. Daraufhin bekam ich einen Anruf vom Kreisfeuerwehrleiter, man solle es doch nicht übertreiben", schmunzelte Rudi Krebes.

Für Lacher sorgte auch ein Einsatz am Vatertag 1998: Hier hatten die Fahrer eines Traktors die Kontrolle über ihr Fahrzeug verloren und der Ausflug endetet im Steinbruch, wohin die Kameraden zur Bergung des Gefährts ausrücken mussten.

Unerfreulich waren Einsätze wie der bei einem Konzert Rechtradikaler 2011 im Ort, der Getreidefeldbrand im Sommer 2007 oder ein Missbrauch der Sirene 2000. Auch das Bergen von Tierkadavern und Leichen gehört zu den Aufgaben der Kameraden, die deswegen immer wieder an der Bode im Einsatz waren. Ein Drama spielte sich im Oktober 2003 ab, als bei dem Brand eines Wohnhauses eine ganze Familie ums Leben kam.

Auch an "Kamerad Förster in der Wathose" erinnerte sich Rudi Krebes noch. Dieser unterstützte im Mai 1995 die Kriminalpolizei und fischte Computertechnik und einen Tresor aus der Bode. Ein unerfreulicher Höhepunkt für die Feuerwehr und das ganze Dorf war auch der Winter 1996. "Durch eingefrorene Trinkwasserleitungen waren 19 Haushalte über 21 Tage lang ohne Wasser", so Rudi Krebes. Die Wehr versorgte die Einwohner mit Wasser - insgesamt 143 Kilometer wurden bei den Versorgungsfahrten zurückgelegt.

Zur Geschichte der Wehr, die 1885 mit Saug- und Druckspritze begann, gehört auch die Pflichtwehr, die 1939 und 1940 existierte, und 1959 bis 1969 der Umbau der alten Gurkeneinlegerei Wagener zum neuen Feuerwehrgerätehaus, das 1997 und 2006 nochmals modernisiert wurde. Mal schauen, was die nächsten 150 Jahre bringen, scherzten die Kameraden an dem Abend.