1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Staßfurt
  6. >
  7. Willkommen muss organisiert sein

"Junge Stadträte im Salzlandkreis" tauschen in Staßfurt Erfahrungen zum Thema Flüchtlinge aus Willkommen muss organisiert sein

Von Falk Rockmann 15.04.2015, 03:24

Sind Kleiderspenden immer passend? Sollten Flüchtlingszahlen auf der Homepage des Salzlandkreises stehen? Wie startet man Flüchtlingsinitiativen? Und welche Dinge sind in einer Willkommenskultur zu beachten? Fragen, die kürzlich mit dem Miteinander e.V. und Christiane Bölian vom Landesflüchtlingsrat bei einer Veranstaltung diskutiert wurden, zu der das Bündnis "Junge Stadträte im Salzlandkreis" nach Staßfurt eingeladen hatte.

Staßfurt l Es war die erste von vier Informationsveranstaltungen zum Thema "Flüchtlinge und Willkommensinitiativen". "Gegründet im November 2014, erhoffen wir jungen Stadt- und Gemeinderäte uns, mit sachlichen Informationen Ängste und Besorgnisse in der Bevölkerung gegenüber Flüchtlingen abzubauen und den Weg zu Willkommensinitiativen zu ebnen", erklärt Henriette Krebs, parteilose Stadträtin in Bernburg, das Ziel der Diskussionsrunden.

Mittlerweile gehören 15 Stadträte im Alter bis 35 Jahren aus Kommunen aller vier Altkreise zu dem Bündnis. Ihrer Einladung nach Staßfurt waren etwa 25 interessierte Bürgerinnen und Bürger gefolgt.

Schließlich informierte Christine Bölian als Vertreterin des Flüchtlingsrates Sachsen-Anhalt über Flüchtlingsursachen, Flüchtlingswege und die rechtlichen Rahmenbedingungen von Flüchtlingen, welche sich in Deutschland aufhalten und Asyl beantragt haben.

"Denn schnell kann gut gemeinte Hilfe ins Gegenteil umschlagen"

Schließlich referierten zwei Mitglieder des Miteinander e.V. zum Thema Flüchtlingsinitiativen. Zum Beispiel darüber, wann es sinnvoll ist, Willkommensinitiativen zu beginnen. Zunächst stehe immer die Frage nach dem Bedarf im Vordergrund. Existiert vor Ort ein Problem? Nach Bejahung dieser Frage sei zu prüfen: Wie genau steht der Einzelne zu Flüchtlingen? Welche Position nimmt er oder sie ein? Welche zeitlichen und persönlichen Kapazitäten können eingebracht werden? Bevor diese Fragen nicht geklärt sind, raten die Referenten davon ab, sich bereits in die Planung oder sogar in die Umsetzung von Willkommens- initiativen zu stürzen. "Denn schnell kann gut gemeinte Hilfe ins Gegenteil umschlagen", so die Referenten, die selbst Missverständnisse beobachtet hätten, beispielsweise indem falsche Größen bei Kleiderspenden angegeben wurden und es zu Unverständnis auf beiden Seiten kam: Der Helfende ist irritiert, dass die Kleiderspenden nicht in dem Maß angenommen werden, wie erwartet. Der Beschenkte ist verunsichert über Kleidungsstücke, die er oder sie nicht benötigt, möchte aber nicht als undankbar erscheinen. Der Verein Miteinander empfiehlt, sich im Vorfeld bei den zuständigen Stellen umfassend zu informieren, um solche Missverständnisse zu vermeiden und zielgerichtet helfen zu können.

In der Diskussion zeigte sich, dass sich viele interessierte Bürger bereits intensiv Gedanken zu diesem Thema gemacht haben. "Dass der Salzlandkreis jedoch zeitnah die neusten Zahlen zu Flüchtlingen und Menschen mit Migrationshintergrund auf seiner Webseite veröffentlichte, war hingegen den wenigsten bekannt", berichtet Henriette Krebs erstaunt.

Schließlich verglichen Teilnehmer aus Bernburg und Staßfurt die jeweilige Situation vor Ort. Da wurde zum Beispiel berichtet vom Osterbasteln mit Kindern, unabhängig ihrer Herkunft, im Wahlkreisbüro der Landtagsabgeordneten Bianca Görke oder über die bei der Stadtverwaltung Staßfurt angesiedelte Arbeitsgemeinschaft Flüchtlinge, welche sich mit langfristigen Konzepten für eine Willkommenskultur auseinandersetzt.

"Aber es müssen die Anwohner vorbereitend informiert werden."

"Wir haben auch über Gemeinschaftsunterkünfte und dezentrale Unterbringung diskutiert", berichtet die Bernburger Stadträtin weiter. Von einer großen Mehrheit sei die dezentrale Unterbringung favorisiert worden - versehen jedoch mit großem Aber: "Aber es müssen die Anwohner vorbereitend informiert werden. Aber es müssen Strukturen geschaffen werden, welche die Flüchtlinge vor Ort abholen, auffangen und den Weg in das tägliche Leben begleiten. Aber es muss Betreuung in den dezentralen Wohnungen geben."

Große Hoffnung wurde an dieser Stelle in die künftigen Soziallotsen gesetzt, um gleichzeitig auch zu fragen, was und wie viel Ehrenamt leisten kann und sollte. Nicht alles, darin waren sich alle Teilnehmer am Ende der Veranstaltung einig.

In zahlreichen Einzelgesprächen im Anschluss an die Veranstaltung wurden einzelne Positionen separat ausgelotet und auch die Chance auf Vernetzung wahrzunehmen.

Zu ihrer nächsten Veranstaltung laden die Jungen Stadträte im Salzlandkreis im Mai nach Bernburg ein.