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Kritik an Haase-Äußerung, dass Barby die Mitarbeit im Grundwassermanagement verwehrt wird / Landtagsabgeordneter Johann Hauser: "So ein Egoismus ist einfach unerträglich"

Von Olaf Koch und Daniel Wrüske 02.02.2011, 04:34

Das Land lässt die Region mit ihrer Wassersituation nicht allein. Sachsen-Anhalts Umweltministerium hat die Gründung regionaler Arbeitsgruppen angekündigt, um Probleme zu erörtern, individuelle und nachhaltige Lösungswege zu finden. Doch das Gerangel geht los, ausgelöst durch Schönebecks Oberbürgermeister Hans-Jürgen Haase (parteilos). Er verweigert der Stadt Barby die Mitarbeit beim Schönebecker Grundwassermanagement.

Schönebeck/Barby. Ein bisschen klingt es nach "Basta-Politik", was da aus dem Schönebecker Rathaus kommt. "Ausschließlich die Stadt Schönebeck ist ein Modellprojekt des Landes in Sachen Grundwasser. Von den Ergebnissen, die wir hier erörtern, können die anderen Kommunen lernen", sagt Hans-Jürgen Haase, Oberbürgermeister in der Elbestadt. Für ihn Grund genug, Interessenbekundungen aus der Stadt Barby für eine Mitarbeit in der Arbeitsgruppe zum Grundwassermanagement auszuschlagen und die Stadt an die Spitze der Bewegung zu stellen.

Im Elbe-Saale-Winkel ist man über die Schönebecker Argumentationsweise empört. "Ich habe mich wirklich abgewatscht gefühlt", sagt Barbys Bürgermeister Jens Strube (parteilos). In seinen Augen betrifft das Wassermanagement die gesamte Region. "Man kann nicht einzelne Quartiere herausnehmen, auch wenn die möglichen Ursachen vielfältig gelagert sind, was erst noch untersucht werden muss. Das Problem ist viel komplexer und betrifft nicht nur die Stadt Schönebeck, sondern den Altkreis und darüber hinaus." Strube nennt exemplarisch das Grundwasser in Gnadau, das aus dem Mühlinger Bereich komme und sich bis nach Felgeleben ziehe. Da könne man nicht in Grenzen denken. Ein Aspekt, dem man übrigens auch in den übergeordneten Behörden so sehe, sagt der Barbyer Stadtchef. Denn nicht umsonst habe das Landes-Umweltministerium ein Programm aufgelegt, bei dem in ganz Sachsen-Anhalt Arbeitsgruppen gebildet werden.

Gerade aus Magdeburg erhält Jens Strube Rückendeckung – ganz aktuell. Vorgestern kam ein Brief, datiert auf den 26. Januar, im Barbyer Rathaus an. Absender und Unterzeichner: Sachsen-Anhalts Umweltminister Dr. Hermann Onko Aeikens (CDU) höchstpersönlich.

"Die Stadt Schönebeck und ihr Umland sind landesweites Pilotgebiet"

Der Ressortchef reagiert damit auf einen Brief Strubes von Anfang Januar. "Eine ganz auf Sachsen-Anhalt anzuwendende Lösung wird es nicht geben. Deshalb habe ich die Bildung von regionalen Arbeitsgruppen veranlasst", schreibt Minister Hermann Onko Aeikens. Und weiter: "Ich erwarte mir hiervon konstruktive Lösungsvorschläge auch für Ihre (Elbe-Saale-Winke, Anmerkung der Redaktion) Region. Aufgrund der besonderen Schwierigkeiten in Ihrem Gebiet ist die Stadt Schönebeck und ihr Umland als landesweites Pilotgebiet für die exemplarische Bearbeitung ausgewählt worden."

Eindeutiger geht es für Jens Strube nicht. "Das Schreiben hat mir Mut gemacht. Denn unsere Probleme werden in den Behörden ernst genommen und die Situation hier wird mit der entsprechenden Ernsthaftigkeit in Magdeburg erkannt. Wir müssen jetzt erreichen, dass wir mit Schönebeck zusammenarbeiten." Seinen Schönebecker Amtskollegen hat Jens Strube bisher noch nicht angerufen. Montagabend sprach er das Schreiben aus dem Ministerium zunächst mit dem Barbyer Ortschaftsrat ab. Jetzt will man einen erneuten Schritt in Richtung Schönebeck unternehmen. "Es geht einfach nur zusammen."

Und noch jemand war gestern völlig außer sich: Landtagsabgeordneter Johann Hauser (FDP), der das Thema im Dezember auf die politische Bühne in Magdeburg hob. "Es dürfte schon alleine die Tatsache einmalig sein, dass ein Stadtoberhaupt mit seiner Vorgehensweise so einen Egoismus an den Tag legt. Es ist unerträglich, dass nach Vorstellungen von Herrn Haase die Nachbarkommune Stadt Barby von der Minimierung oder Minderung der Grundwassersituation abgeschnitten werden soll. Dies stimmt mich sehr traurig, und ich bin über diese Vorgehensweise mehr als empört, dass man somit in der Nachbarkommune die Menschen in ihrem Elend sitzen lässt", schäumte der Atzendorfer Abgeordnete am Telefon.

Er kündigte gestern scharfen Gegenwind an – und wer Hauser kennt, weiß, dass es hier nicht um ein laues Lüftchen gehen wird, sondern um einen Sturm. "Gegen so etwas werde ich mit allen politischen Mitteln vorgehen. Dies ist nicht hinnehmbar. Als ich in der vergangenen Landtagssitzung als Einziger die Sache im Plenum in Bewegung gebracht habe, habe ich an solche Manieren, dass so etwas überhaupt aufkommen könnte, nicht gedacht."

Die Absurdität der Haase-Äußerung machte Johann Hauser noch an einem anderen Beispiel deutlich: Wenn es in einer Barby-Gemeinde brenne und das Feuer in Richtung Schönebeck umschlagen sollte, darf dann die Feuerwehr nur bis zur Kommunalgrenze fahren?

Eine von der Volksstimme geforderte schriftliche Begründung, warum das Schönebecker Stadtoberhaupt nicht mit der Stadt Barby zusammenarbeiten möchte, blieb trotz mehrfacher Anfragen gestern aus. Oberbürgermeister Hans-Jürgen Haase wagte am Mittag stattdessen eine vorsichtige Rückwärtsrolle. Er ließ über seinen Pressesprecher Hans-Peter Wannewitz mitteilen: "Ich möchte die Frage, ob der Kreis der Teilnehmer der Arbeitsgruppe erweitert werden sollte, zunächst in der Arbeitsgruppe selbst abstimmen."

Und wieder passiert das, was Reinhard Banse (FDP), Mitglied im Schönebecker Stadtrat, bereits vor 14 Tagen kritisierte: Der OB reagiere immer erst dann, wenn er unter Druck gesetzt werde.