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Verein feiert heute in Hecklingen Wiedergründung vor 20 Jahren / Mitglieder erinnern sich: Schützengilde erlebte einst Ansturm an Neuzugängen

Von Nora Stuhr 29.04.2011, 06:28

Die Hecklinger Schützengilde hat heute was zu feiern. Vor 20 Jahren wurde der Verein zum zweiten Mal aus der Taufe gehoben. Das Jubiläum der Wiedergründung ist für die Schützen Anlass genug, zurück zu blicken. In seinen Anfangsjahren erlebte der Verein einen wahren Ansturm neuer Mitglieder. Heute unvorstellbar: Der Verein musste Neuzugängen sogar einen Riegel vorschieben, weil die räumlichen Kapazitäten nicht ausreichten.

Hecklingen. 1990 holte die Hecklinger Schützengilde zum zweiten Schlag aus. Jürgen Butscher kann sich an den neuen Anlauf noch ganz genau erinnern. Er selbst war dabei, als der älteste Verein der Stadt Hecklingen, so Butscher, wiederbelebt wurde. Die Schützengilde 1849 e.V. gründete sich nach mehrjähriger Pause im Mai 1991 zum zweiten Mal. 30 Mitglieder zählten zum neuen Stamm. Auf den Tag genau, kann Butscher sagen, wann es dazu kam. "Am 19. April 1991 hatten wir unsere erste Hauptversammlung. Der Vorstand wurde gewählt, die Satzung beschlossen", denkt er zurück. Die Nachfrage seitens der Bevölkerung, dem Verein beizutreten, sei damals riesig gewesen. Schon nach einem Jahr hatte sich die Mitgliederzahl verdoppelt. Hinzu kamen 15 Jugendliche. 85 Schützen zählte der Verein 1992.

Alle packten kräftig mit an, das Vereinsleben wieder aufleben zu lassen. Eine Ausrüstung sei beschafft worden. Schießsportleiter erfuhren eine Ausbildung, legten vor dem Landesschützenbund Prüfungen ab. "Die nächste Frage war, wo sollten wir trainieren?" Butscher klärt auf: "Wir sind umher gezogen in der gesamten Region – Von Wanzleben über Schönebeck bis nach Nienburg." Auf den Schießsportständen anderer Vereine wurde geübt. Das sei aber nicht die kostengünstigste Alternative gewesen. Für die Nutzung habe man Geld zahlen müssen. Ein eigener Schießstand in Hecklingen schwebte dem Verein vor. Zunächst eine Vision.

"Eine alte Siloanlage wurde zum Schießstand umgebaut"

Dafür marschierte 1992 der erste Schützenumzug durch den Ort. "Wir wollten einen Schützenball mit Umzug. Das war natürlich alles Neuland." Der Verein betrat es trotzdem und kleidete sich außerdem passend dazu ein. Schützentrachten wurden für die Frauen und Männer beim Schneider nach Maß bestellt, Hüte, Jacken, Hosen angeschafft. Wie viele es anfangs genau waren, kann Butscher so genau nicht sagen. Sicher sei, dass der Verein wegen des großen Zuspruchs den Neuzugängen einst sogar einen Riegel vorschieben musste. Die Kapazitäten reichten nicht. "Versammlungen mussten zu Beginn im Speiseraum der Schule abgehalten werden. In der Schulküche war nicht ausreichend Platz. Also blieb uns damals nichts anderes übrig als zu sagen, dass bei 100 Mitgliedern Schluss sein muss", bedauert Butscher noch immer.

Kein Wehmut, dafür mehr Freude bescherte ein folgender Meilenstein der Vereinsgeschichte. Die Rede ist vom Traum des eigenen Schützenheims. Am Weinbergsgrund wurde er wahr. 1995 bekamen wir von der Stadt das Angebot, den Schießstand dort zu bauen. Eine alte Siloanlage wurde umgebaut. "Der Innenminister des Landes kam sogar zum ersten Spatenstich", denkt Butscher an den Bauanfang zurück. Zwei Jahre später hatte das Vorhaben Gestalt angenommen. Der Stand ging in Betrieb. "Unzählige Stunden haben viele Mitglieder mit dem Aufbau verbracht. Immer waren Leute von uns draußen, die mit angepackt haben." Ganz ohne Fördermittel, nur durch Sponsoren, Mitglieder und Firmen sei der Sportschießstand möglich geworden, erzählt Butscher.

Er spricht zugleich aber auch ein Ansinnen an, das dem Verein von Anfang an am Herzen lag. Es geht darum, der Opfer beider Weltkriege am Volkstrauertag zu gedenken. "Ein Kriegerdenkmal gab es in Hecklingen früher nicht. Am 11. September 2001 wurde ein Gedenkstein schließlich auf Initiative der Schützen mit Unterstützung der Ortsgruppe vom Sozialverband und weiteren Firmen eingeweiht", erzählt der frühere Vorsitzende des Vereins.

2006 gab Jürgen Butscher den Staffelstab nach 16 Jahren an den heutigen Vorsitzenden der Gilde ab. Harry Wehr übernahm die Leitung. Er freut sich über das Erreichte. Auch sportlich sind die Hecklinger gut aufgestellt. Sie nehmen an Landesmeisterschaften und Deutschen Meisterschaften teil, einmal habe die Mannschaft sogar den Landesmeister gestellt, berichtet Wehr nicht ohne Stolz. 64 Mitglieder machen im Verein derzeit mit. Der Schießstand wurde über die Jahre gepflegt und weiter ausgebaut, zur Sicherheit laufend modernisiert. Veranstaltungen und Turniere werden dort ausgetragen. Das Kreisschützenfest hat schon einmal stattgefunden, Landesmeisterschaften und Kreismeisterschaften laufen immer wieder.

Der Abwanderung junger Leute aus der Region und dem damit ausbleibenden Nachwuchs begegnete der Verein mit neuen Angeboten. Vor nicht all zu langer Zeit haben die Mitglieder sich neben ihrer Vereinsanlage mit einem Bogensportstand eine Alleinstellung geschaffen

Eine solche Anlage gebe es im näheren Umkreis kein zweites Mal, so Harry Wehr. Eine Sektion Bogensport gehört seitdem zum Verein. Schützen aus fünf Bundesländern seien schon zu offenen Landespokal-Rangschießen angereist. Einziger Wermutstropfen: Der Verein hat zwar Trainer für den Bogensport ausgebildet, auch an Interesse der Mitglieder mangelt es nicht. Jedoch sind die Übungsleiter beruflich derzeit so stark eingespannt, dass das laufende Training im Bogensport noch nicht möglich ist. Die Schützen geben die Hoffnung trotzdem nicht auf. Auch ein geselliges Miteinander hält sie zusammen. Auch heute wird es wieder zu spüren sein.

"Unzählige Stunden haben viele Mitglieder mit dem Aufbau verbracht"

Harry Wehr kündigt eine Festveranstaltung zur Wiedergründung des Vereins vor 20 Jahren im Stadtsaal "Stern" an. Beginn ist um 19 Uhr. Ein Gruppenfoto soll entstehen. Daher sind die Schützen gebeten, ihre Tracht anzuziehen "Aber ohne Hut", betont Wehr. Warum? Dazu fällt Jürgen Butscher eine lustige Begebenheit ein. Einst habe ein Schützenbruder sich auf einem Treffen einen Scherz erlaubt und alle Hüte vertauscht. Weil es sich aber um maßgeschneiderte Kopfbedeckungen handelt, landete so manch großer Hut auf einem kleinen Kopf, erzählt Butscher und lacht.