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Landesmodellprojekt in Hecklingen läuft aus Wie geht es für Bürgerarbeiter weiter?

Von Nora Stuhr 18.05.2011, 06:30

Das Landesmodellprojekt der Bürgerarbeit läuft in Hecklingen nach vier Jahren im Juni aus. Rund 100 Arbeitslosen hatte die Bürgerarbeit im Ort in gemeinnützigen Bereichen einen neuen Job gebracht. Nachdem feststeht, dass ihre Anstellungen vom Land nicht mehr gefördert werden, ist für Betroffene derzeit noch nicht klar, was ihnen ihre berufliche Zukunft bringt.

Hecklingen. In knapp sechs Wochen ist die Bürgerarbeit in Hecklingen passé. Dass es die Beschäftigungsmaßnahme dann nicht mehr geben wird, weiß auch Ingrid Schäpsmeier (Name geändert). Die junge Frau ist seit vier Jahren als Bürgerarbeiterin in Hecklingen aktiv. Wie es nach dem Ende der Maßnahme für sie weitergeht, kann sie im Moment noch nicht sagen. "Wir haben derzeit noch nichts in der Hand. Alles sind Spekulationen."

Bis jetzt wisse man noch nicht, ob möglicherweise im Anschluss ein Ein-Euro-Job oder andere Beschäftigungsmaßnahmen folgen. Termine beim Jobcenter hätten zwar schon stattgefunden, auch ein Antrag auf Leistungen für Arbeitslosengeld II habe sie schon ausfüllen müssen. Anspruch auf Arbeitslosengeld habe sie aber trotz der vierjährigen Tätigkeit nicht. Nach dem Ende der Bürgerarbeit falle sie zurück zu Hartz IV. Eine Vorstellung, die Schäpsmeier Kopfzerbrechen bereitet.

Auch weil die Erwartungen groß waren, als die Bürgerarbeit 2007 in Hecklingen startete. Eine neue Chance zu erhalten, sich in seiner Arbeit mit Freude zu engagieren, mit diesen Anforderungen an sich selbst trat die junge Frau ihre neue Herausforderung an.

Nach wie vor macht ihr die Arbeit Spaß. Einen Alltag ohne den Job will sie sich jetzt kurz vor Schluss nicht vorstellen. Für sie und ihre Mitstreiter der Projektgruppe stehe daher fest, dass sie ehrenamtlich auch über das Ende der Bürgerarbeit hinweg in ihrem Projekt weitermachen. Das, was über Jahre aufgebaut worden sei, könne nicht einfach wegfallen, müsse für die Einwohner erhalten bleiben, spricht Schäpsmeier von einem vielfältigen Angebot.

Von Vereinsarbeit bis Landschaftspflege

Noch existiert es. In Hecklingen sind rund 100 Bürgerarbeiter für zwei Trägergesellschaften (ÖSEG Wilsleben und GSI Hohenerxleben) im Einsatz. Sie kümmern sich um den Betrieb der Hecklinger Tafel. Wieder andere stellen Veranstaltungen für Senioren auf die Beine oder unterstützen die Arbeit von Vereinen in vielerlei Hinsicht, organisieren etwa Aktionen sportlicher Art. So konnte unter anderem ein Neujahrslauf in Hecklingen wieder ins Leben gerufen werden. Außerdem laufen Projekte im Bereich der Landschaftspflege etwa im Hecklinger Weinbergsgrund, einem Landschaftsschutzgebiet, in dem der Schutz von Pflanzen und Tieren gefördert werden konnte.

Aber auch im Ort selbst sind Aktivitäten in Gang gesetzt worden. Dazu gehört auch die Anlage eines Klostergartens auf dem Areal zwischen der Basilika und dem Stadtschloss. Ferner wurden Sport- und Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche geschaffen. Bürgerarbeiter sind darüber hinaus in der Grundschule, im örtlichen Pflegeheim, für die Lebenshilfe und für die Kirche beschäftigt.

Was passiert mit Projekten dieser Art, wenn es die Bürgerarbeit ab Juli in Hecklingen nicht mehr gibt? Auf diese Frage angesprochen, teilt Eveline Funke, verantwortlich für die Bürgerarbeit bei der GSI Hohenerxleben mit, dass eine Fortführung der Projekte über andere Beschäftigungsmaß- nahmen beantragt worden sei. Denkbar wären etwa Ein-Euro-Jobs, so die Auskunft. Im Moment sei eine mögliche Fortführung darüber aber noch auf dem Prüfstand und noch nicht bewilligt.

Aus dem Ministerium für Arbeit und Soziales heißt es dazu: "Auch nach Auslaufen der Bürgerarbeit gibt es natürlich andere Möglichkeiten zur Unterstützung von Arbeitslosengeld-II-Empfängern. Erstes Ziel bleibt immer die Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt. Konkreter Ansprechpartner ist immer der Träger der Grundsicherung vor Ort, sprich, das Jobcenter."

Nur wenige in festen Job gebracht

Konkret bedeute das, so Pressesprecher Holger Paech, dass dort jeweils vor Ort geprüft werden müsse, welche Inhalte von auslaufenden Bürgerarbeits-Projekten fortgeführt werden können. Wichtig sei, dass es sich immer um zusätzliche Angebote im Rahmen der Vereinsarbeit handelt. "Ziel ist und bleibt die Eingliederung von arbeitslosen erwerbsfähigen Hilfebedürftigen auf den Arbeitsmarkt."

Paech verweist zudem auf ein anderes mit Landesgeld unterstütztes Programm zur Integration von erwerbsfähigen Langzeitarbeitslosen, die Arbeitslosengeld II beziehen. Dabei handele es sich um das Programm "Aktiv zur Rente".

Holger Paech dazu: "Hier werden Menschen gefördert, die älter als 50 Jahre sind. Die Maßnahmen finden ebenso im Sport- und Sozialbereich statt. Es werden zusätzliche Angebote gefördert. Die Förderdauer beträgt maximal drei Jahre. Eine Bewerbung aus Hecklingen ist nicht bekannt."

Zurück zur Bürgerarbeit. In Sachsen-Anhalt war das von der Landesregierung und der Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen konzipierte Projekt Bürgerarbeit 2006 gestartet. "An sechs Modell- standorten, unter anderem Hecklingen, wurden in einem mehrstufigen Verfahren Arbeitslose aktiviert. Insgesamt kosteten die Projekte 22 Millionen Euro, wovon das Land sieben Millionen Euro finanziert hat", bilanziert der Pressesprecher.

Das Ziel der Bürgerarbeit, langzeitarbeitslose Menschen über das Projekt in einen festen Job zu bringen, hat sich in Hecklingen nur für einen kleinen Teil der Männer und Frauen erfüllt. Nach Angaben aus dem Ministerium für Arbeit und Soziales konnten dort zehn Menschen in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden.

Ingrid Schäpsmeier gehört nicht dazu. Auch wenn sie weiß, dass ihre vereinsunterstützende Arbeit gefragt ist. "Jemanden zu finden, der mich anstellt und dafür entlohnt, wird es sicher nicht geben", ist sie sich der finanziellen Lage vieler Unternehmen bewusst. "Vielleicht springt aus der ehrenamtlichen Tätigkeit eine kleine Entschädigung raus", hofft sie nach dem Ende der Bürgerarbeit jetzt dennoch auf einen kleinen Obolus.