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Kontaktbeamte sind die Verbindung zwischen Polizei und Bevölkerung / Devise von Brigitte Horn: "Wir sind zwar nicht zuständig, aber wir kümmern uns darum"

Von Elisa Sowieja 20.05.2011, 06:28

Brigitte Horn und Lutz Maser sind Polizisten ohne Stressfaktor. Solche, die nicht von Einsatz zu Einsatz hetzen, sondern sich auch mal in Ruhe um- oder einfach nur zuhören. Kontaktbeamter heißt dieser Job, dem die beiden zusammen mit einem weiteren Kollegen im Revierkommissariat Schönebeck nachgehen. Er ist Bindeglied zwischen Polizei und Bevölkerung. Im gesamten Salzlandkreis gibt es neun Kontaktbeamte.

Schönebeck. Sorge, weil sich ein Unbekannter in der Nachbarschaft herumtreibt. Ärger, weil jemand ein Parkverbotsschild ignoriert hat. Ratlosigkeit, weil man nach einem Unfall nicht weiß, wie es sich mit der Versicherung verhält. Solchen Problemen und Problemchen kann sich die Polizei in der Regel nur oberflächlich widmen. Schließlich werden die Einsatzwagen täglich von A nach B und danach gleich weiter nach C geschickt. Kontaktbeamte bilden eine Ausnahme. Sie sind im Besitz des Luxusgutes Zeit.

"Wir pflegen den Kontakt zum Bürger auf der Straße, zum Behördenmitarbeiter oder zum Ladenbesitzer nebenan", erklärt Lutz Maser. Der Polizeioberkommissar ist einer von drei Kontaktbeamten im Revierkommissariat Schönebeck. Seit acht Jahren macht er diesen Job – ein Jahr länger als seine Kollegin Brigitte Horn. Der Dritte im Bunde, Frank Käsebier, ist schon seit 1996 dabei.

Kein Arbeitstag gleicht bei ihnen dem anderen. Nur eines passiert jeden Morgen: Die Drei gehen die Einsatzprotokolle der vergangenen 24 Stunden durch: Gibt es Auffälligkeiten? Hat es zum Beispiel in Straße A gleich mehrere Pkw-Einbrüche gegeben, macht sich der Kontaktbeamte – jeder ist einem festen Gebiet zugeteilt – auf zum "Klinken putzen", wie es Lutz Maser nennt. Er zieht von Tür zu Tür, fragt nach, ob jemand etwas gesehen hat.

Zeigen die Einsatzprotokolle am Morgen keine Besonderheiten, ziehen die Drei durch ihr Revier und schauen mal hier, mal da nach dem Rechten. "Wir fragen an verschiedenen Stellen nach, ob es Probleme gibt", erzählt Polizeihauptmeisterin Brigitte Horn.

Oft müssen die Beamten gar nicht nachhorchen, sondern werden von allein angesprochen. Schließlich kennt man sie, vertraut ihnen – mittlerweile. Brigitte Horn erinnert sich zurück: "Am Anfang dachten wohl viele, wir wollten sie ausspionieren wie zu DDR-Zeiten die Abschnittsbevollmächtigten."

Wer sich an die Kontaktbeamten wendet, hat manchmal Fragen, oft auch Hinweise – zum Beispiel, wenn irgendwo illegal Müll entsorgt wurde oder jemand eine Bushaltestelle mit Graffiti vollgeschmiert hat. Doch auch außergewöhnliche Anliegen erreichen sie, wie Lutz Maser erzählt: "Es kam auch schon vor, dass eine ältere Dame einfach ihrem Ärger Luft machen wollte, weil das Brötchen, das sie sich gerade gekauft hat, zu hart war."

Helfen können die Polizisten in vielen Fällen nicht. Aber sie leiten die meisten Probleme zumindest weiter. So will man den Bürgern das Gefühl geben, für sie da zu sein. Die drei Schönebecker folgen einer Devise, die Polizeihauptmeisterin Brigitte Horn auf den Punkt bringt: "Wir sagen immer: Wir sind zwar nicht zuständig, aber wir kümmern uns darum."

Auch Prävention und Schulwegsicherung

Das Aufgabenfeld der Kontaktbeamten hört beim nach dem Rechten sehen und Klinken putzen noch lange nicht auf. So sind die drei Schönebecker auch für den Bereich Prävention zuständig. "Wir gehen zum Beispiel in Jugendclubs und klären über die Gefahren von Alkohol auf", erklärt Brigitte Horn. Auch die Schulwegsicherung gehört zu den Aufgaben. "Und ab und zu nehmen wir auch Unfälle auf", ergänzt die Polizeihauptmeisterin noch einen Bereich, der nicht ins klassische Aufgabenfeld gehört.

Früher hatte Brigitte Maser ein ganz anderes Berufsprofil: Sie verbrachte jede Menge Zeit hinter dem Schreibtisch. Nach der Wende arbeitete die heute 52-Jährige lange im Stabsbereich der Bereitschaftspolizei Magdeburg, bereitete dort Einsätze vor. "Das hier ist viel interessanter", schwärmt sie. "Man hat viel Kontakt zu Bürgern und ist nicht ständig unter Zeitdruck."

Auch Lutz Maser war vor seinem Wechsel zum Kontaktbeamten-Job eher koordinativ tätig. Der 46-Jährige arbeitete als Schichtführer bei der Schutzpolizei. Zum Aufgabenwechsel kam es damals gesundheitsbedingt. Doch Maser scheint seinem alten Job nicht nachzutrauern. "Hier kann man sich selbst Ziele setzen. Außerdem treffe ich immer wieder Menschen, die ich noch nie zuvor gesehen habe."

Für den Job als Kontaktbeamter ist nicht jeder geeignet, davon ist Andreas Pretzlaff, Leiter des Revierkommissariats Schönebeck, überzeugt: "Heißsporne nehmen wir für so etwas nicht. Wir brauchen jemanden mit Lebenserfahrung. Denn Kontaktbeamte sind auch Seelsorger." Auch ein gewisses Maß an Ruhe und Gelassenheit sei Voraussetzung. Lutz Maser fällt dazu prompt ein Beispiel ein: "Neulich hat mir jemand gesagt: Mit Bullen rede ich nicht. Da meinte ich nur: Wie, mit denen auf der Weide?" Und seine Kollegin fügt einen Satz hinzu, der sie und ihren Kollegen zweifelsohne charakterisiert: "Man muss die Schnauze am rechten Fleck haben."