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900 Euro im Monat als Altlast aus Förderstedt / Kritik am Oberbürgermeister der Salzstadt Staßfurt zahlt weiterhin für Anwalt Jauch

Von René Kiel 14.04.2010, 06:49

Die Liberalen der Stadt Staßfurt laufen Sturm gegen einen sechsjährigen Beratervertrag, den der damalige Bürgermeister der Gemeinde Förderstedt, Bodo Messerschmidt ( CDU ), am 16. Januar 2008 und damit knapp ein Jahr vor der Eingemeindung des Dorfes in die Stadt Staßfurt mit dem Zorbauer Rechtsanwalt Thomas Jauch abgeschlossen hatte.

Staßfurt / Förderstedt. " Wir fordern, dass dieser Vertrag sofort gekündigt wird ", sagte FDP-Kreischef Johann Hauser unter Hinweis darauf, dass der Jurist aus dem Burgenlandkreis nicht nur als Rechtsbeistand für Täter aus der rechten Szene bundesweit bekannt sei, sondern nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes auch Beratungen für die rechtsextreme NPD anbiete ( Volksstimme berichtete ).

Zudem sei diese Beratertätigkeit, für die Jauch nach Volksstimme-Informationen insgesamt 64 800 Euro – 900 Euro pro Monat – erhält ( unabhängig von einer erbrachten Dienstleistung ), völlig überflüssig, da die Stadt Staßfurt über ein eigenes Rechtsamt verfügt.

Deshalb legte Hausers Fraktion in der jüngsten Sitzung des Ortschaftsrates Förderstedt am vergangenen Montag einen entsprechenden Antrag vor. Auf Vorschlag der CDU-Fraktion wurde dort über dieses brisante Thema aber nicht öffentlich diskutiert, sondern hinter verschlossenen Türen.

" Ich habe bei einer öffentlichen Behandlung Bedenken ", sagte Ortsbürgermeister Peter Rotter ( CDU ). " Ich habe keine Lust, irgendwann vor dem Kadi zu stehen ", fügte er hinzu.

Wie die Rechtsexpertin der Stadt, Antje Herwig, gestern der Volksstimme mitteilte, haben die Ortschaftsräte dazu keinen Beschluss gefasst, weil dafür nur der Stadtrat zuständig sei. Sie hätten jedoch ihre Meinung bekräftigt, die Stadtverwaltung zu beauftragen, diesen Rechtsberatervertrag aufzulösen.

Oberbürgermeister René Zok ( parteilos ) hingegen sieht derzeit keine Möglichkeit, den Beratervertrag zu kündigen. Deshalb hatte er sich mit der Bitte um eine Prüfung an das Innenministerium in Magdeburg gewandt. " Es muss geklärt werden, ob es nicht doch noch eine Möglichkeit zur Auflösung gibt und wenn ja, zu welchen Konditionen ", sagte der Stadtchef.

Ein Ergebnis aus Magdeburg liege im Rathaus bislang noch nicht vor. Wenn es eintreffe, werde er sofort den Stadtrat informieren und ihn entscheiden lassen, " wie wir uns künftig verhalten sollen ". Bislang habe die Stadt Jauchs Dienste noch nicht in Anspruch genommen, sagte Zok. Seinen Worten zufolge habe er bereits ein- bis zweimal versucht, mit Jauch darüber ins Gespräch zu kommen, was nicht möglich gewesen sei. Der Rechtsanwalt habe der Stadt mitgeteilt, dass er bereit wäre, die Zusammenarbeit einzustellen, aber nur dann, wenn er von der Kommune eine Abstandszahlung von zirka 50 000 Euro erhalte, sagte Herwig.

Hauser warf Zok vor, ein Jahr ohne Ergebnis verstreichen lassen zu haben. " Da platzt mir der Kragen. Das kann man dem normalen Bürger angesichts der Kosten nicht mehr vermitteln ", wetterte der Liberale.

Das Einschalten des Innenministeriums hält Johann Hauser für unnötig. " Die Entscheidung können wir selber fällen ", meinte er.

In diesem Zusammenhang verwies Hauser auf die Stadt Nienburg. Deren Bürgermeister Markus Bauer ( SPD ) hatte im vergangenen Jahr nach dem Bekanntwerden von Jauchs Kooperation mit Rechtsextremen die noch von der Verwaltungsgemeinschaft Nienburg eingefädelte Zusammenarbeit sofort beendet. " Wir haben gekündigt, weil ich das als moralisch nicht für tragbar und förderlich hielt ", sagte Bauer, der auch SPD-Kreischef ist, gestern der Volksstimme. Das sei von Jauch akzeptiert worden.

Auf ähnliche Weise könnte auch die Stadt Staßfurt das leidige Problem lösen, ist Johann Hauser überzeugt.

Zudem verlangt er von der Stadtverwaltung Aufklärung, warum Förderstedts Ex-Bürgermeister Bodo Messerschmidt ( CDU ) diesen Sechs-Jahres-Vertrag eigenmächtig unterschrieben habe. Ein Kontrakt für ein oder zwei Jahres bis zur Eingemeindung hätte völlig ausgereicht, sagte Hauser und fügte hinzu, das dürfe nicht ohne Konsequenzen bleiben.

Messerschmidt wollte sich gestern auf Anfrage der Volksstimme nicht zu seinen damaligen Beweggründen äußern. Er sagte nur so viel : " Herr Jauch hat viel für uns gewonnen. "

Das Innenministerium werde sich zu dieser Angelegenheit erst morgen zu Wort melden, sagte Ministeriumssprecher Martin Krems. Rechtsanwalt Jauch war gestern nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.