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Eröffnungskonzert der Musikreihe " Klänge im Raum " im Bernburger Carl-Maria-von-Weber-Theater Leise Töne, die vibrieren und flimmern

Von Caroline Vongries 27.04.2010, 04:49

Der Salzlandkreis ist für Kultur gut. Das zeigte sich jetzt einmal mehr : Als Landrat Ulrich Gerstner im Bernburger Carl-Maria-von-Weber-Theater die Konzertreihe " Klänge im Raum " eröffnete, klang die Begeisterung vom Besuch der Landesgartenschau in Aschersleben noch durch. Zum 17. Mal trägt die Mitteldeutsche Kammerphilharmonie Schönebeck mit vielen Kooperationspartnern klassische und andere Musik hinaus in die unterschiedlichsten Räumlichkeiten. Bereits der Auftakt war virtuos und außergewöhnlich.

Bernburg. " Wir haben die Tradition der Klänge im Raum aus dem Altkreis Schönebeck gern hier im Salzlandkreis übernommen ", sagte der Landrat zur Begrüßung. Die Veranstaltungsreihe werde in der Hauptsache " von unserem professionellen Orchester getragen ", so Ulrich Gerstner mit Blick auf die hinter ihm sitzenden Musiker der Mitteldeutschen Kammerphilharmonie Schönebeck. Besonders hob er zusätzlich hervor, dass " auch für und mit Kindern Musik gemacht wird ".

Als Meister des Unerwarteten und der Zwischentöne zeigte sich einmal mehr der Chefdirigent und Generalmusikdirektor Christian Simonis. Schon aus seinen wenigen Worten zur Einführung wurde deutlich, dass allein die Zusammenstellung der Musikwerke als höchst außergewöhnlich gelten kann. Zunächst aber dankte er den anwesenden Landtagsabgeordneten, vor allem Petra Grimm-Benne ( SPD ) und Gunnar Schellenberger ( CDU ), die dafür gesorgt hätten, dass die Reihe überhaupt weiterhin mit Unterstützung des Kultusministeriums stattfinden könne. Wie berichtet hatte die rechtzeitige Finanzierung aus verwaltungstechnischenGründenkurzzeitig auf der Kippe gestanden.

Bereits der erste Teil des Konzertes hatte es in sich : Als veritable Entdeckung entpuppte sich das Violinkonzert eines gänzlich unbekannt gebliebenen Komponisten : Franz Hofmann, 1929 in Oberfranken geboren, wurde nur 25 Jahre alt. Das Violinkonzert schrieb er mit 23 Jahren als Soldat an der Front des Zweiten Weltkrieges. Dass er im Schützengraben selbst im Angesicht von Tod und Gewalt komponierte, davon zeugen Briefe an seine Verlobte, die Geigerin Sophie Hagemann, aus denen vorab Christian Simonis vorlas. Außer von der Liebe zu dieser Frau, zur Musik und zum Leben zeugen die Aufzeichnungen Hofmanns auch von der unbegreiflichen Zerstörungsmacht eines jeden Krieges. Unter den 55 bis 60 Millionen Menschenleben, die der Krieg zwischen 1939 und 1945 kostete, war ebenfalls das des Franz Hofmann.

Vor dem biografischen Hintergrund leuchtete die Komposition im Bernburger Theater umso heller, sie berichtet von der Zerbrechlichkeit, aber auch der Kostbarkeit und Schönheit des Lebens, von geistigen Zusammenhängen, Sinnhaftigkeit und der Hoffnung, die bis zuletzt aushält. Ergreifend das Zusammenspiel zwischen den Streichern und Bläsern des Orchesters und dem Sologeiger Daniel Gaede ( lange Jahre Konzertmeister der Wiener Philharmoniker ), in dem gerade die ganz, ganz leisen Töne zu vibrieren, zu flimmern und ihre Wirkung zu entfalten begannen. Eine Sternstunde der Musik.

Mit Franz Lehárs Tondichtung " Fieber " blieb man danach beim Thema : Der 1870 geborene, aus Österreich-Ungarn stammende Komponist beschreibt intensiv und mittels musikalischer Kontraste die letzten Atemzüge eines sterbenden Soldaten. Für die Interpretation der Singstimme ( der Text stammt von dem im Konzentrationslager ermordeten österreichisch-jüdischen Schriftstellers Erwin Weill ) war der Tenor Michael Zabanoff aus Berlin angereist. Bisher kannte man ihn hier im Salzlandkreis nur von seiner heiteren Seite beim Schönebecker Operettensommer.

Auch Lehár hat in diesem Stück eigene Erfahrungen verarbeitet. Er besuchte seinen verwundeten Bruder im Feldlazarett, als dieser bereits im Sterben lag und nur wie durch ein Wunder und wohl durch die tatkräftige Hilfe des Komponisten wieder gesundete.

Die eindringliche und brillante Darbietung der Mitteldeutschen Kammerphilharmonie rief bei vielen Zuschauern der älteren Generation eigene Kriegserlebnisse wach, wie vielen Gesprächen und nachdenklichen Gesichtern in der Pause zu entnehmen war. Mit einer hochkonzentrierten Interpretation von Beethovens Siebter Sinfonie ordnete Simonis nach der Pause das Angerissene emotional und musikalisch. Und es wurde auch im Bernburger Theater begreiflich, warum Beethoven selbst, wenn er dirigierte, stets den zweiten Satz seiner Sinfonie auf Verlangen des Publikums noch einmal spielen musste. Einfach bewegend !

Nach diesem Konzert gilt umso mehr : Man darf auf die weiteren elf Veranstaltungen von " Klänge im Raum " gespannt sein. Am Freitag, 30. April, steht in der Stephanikirche in Aschersleben ein Brückenschlag von Film- bis Kirchenmusik auf dem Programm : " Crossover ". Die Kammerphilharmonie und weitere Musiker stehen unter der Leitung von Kantor Thomas Wiesenberg.

Es folgen am 9. Mai in Staßfurt ( Salzlandtheater ) und am 12. Mai in Schönebeck ( Dr .-Tolberg-Saal ) Konzerte des Orchesters mit und für Kinder : Bei der " musikalischen Zeitreise " stehen Schüler der Kreismusikschule und des Chors des Staßfurter Gymnasiums selbst auf der Bühne, " Vivaldi für Kinder " richtet sich an ein jugendliches Publikum, aber auch an Eltern und Großeltern. Auch auf die weiteren Konzerte an ungewöhnlichen Orten darf man sich sicher freuen ( Klosterhof, Zenser Künstlergarten, Bördelandhalle, Scheune am Schloss Hohenerxleben, aber auch die Johanniskirche in Schönebeck und Sankt Aegidien in Bernburg, sowie die beiden Theater in Staßfurt und Bernburg ). Informationen unter Telefon : ( 03928 ) 400597 oder Email : mkp-sbk@t-online.de.