1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Staßfurt
  6. >
  7. "Kiste auf den Kopf gestellt": Gericht prüft Losverfahren

EIL

Fraktion der Unabhängigen Wählergemeinschaften klagt gegen die Stadt "Kiste auf den Kopf gestellt": Gericht prüft Losverfahren

Von René Kiel 16.12.2009, 05:52

Der Vorsitzende der Fraktion Unabhängige Wählergemeinschaften, Hartmut Wiest, hat beim Verwaltungsgericht in Magdeburg Klage gegen die Stadt Staßfurt, den Vorsitzenden des Stadtrates Dr. Walter Blauwitz ( Die Linke ) und Oberbürgermeister René Zok ( parteilos ) eingereicht. Aus seiner Sicht ist seine Fraktion bei der Besetzung der Stadtratsausschüsse benachteiligt worden.

Staßfurt. Die erfolgte in der Stadtratssitzung am 27. August. Da die Fraktion Unabhängige Bürgervertretung Staßfurt ( UBvS ) durch den Beitritt des ehemaligen CDU-Mitglieds Dietmar Doktor auf drei Sitze anwuchs und damit plötzlich die gleiche Mandatszahl aufwies wie die Fraktion Unabhängige Wählergemeinschaften, musste an diesem Tag per Los entschieden werden, welche dieser beiden Fraktionen den Zugriff auf den jeweils siebenten Ausschusssitz bekommt.

Dieses Verfahren oblag dem amtierenden Stadtratsvorsitzenden Sven Wagner ( SPD / Grüne-Fraktion ), der bei insgesamt sechs Ziehungen fünfmal den Zettel mit der Aufschrift " UBvS " und nur einmal den mit der " UWGn " aus dem Kasten fischte.

Dieses Vorgehen hat Wiest in Abstimmung mit den anderen Mitgliedern der UWGn beanstandet, " da für ihn offensichtlich war, dass das gesamte Verfahren keine gleiche Erfolgswahrscheinlichkeit für die Gesamtheit der sechs Ziehungen garantieren konnte ", heißt es in der Klageschrift.

Auffällig sei gewesen, dass bei der sechsten Ziehung, bei der das Los mit der Aufschrift UWGn einmalig gezogen wurde, der Mischvorgang durch den Helfer einmalig anders durchgeführt wurde, in dem die Kiste auf den Kopf gestellt und zusätzlich diagonal bewegt wurde, schrieb Wiests Anwalt Klaus Goldhammer.

Seinen Worten zufolge sei Wiest im Ergebnis weiterer Überlegungen inzwischen auch zu der Auffassung gelangt, dass eine Erweiterung der Fraktion UBvS von zwei auf drei Sitzen nicht erfolgt sei. Das begründete er mit Paragraf 43 der Gemeindeordnung. Danach dürfen sich nur Mitglieder, die derselben Partei, politischen Vereinigung oder politischen Gruppierung angehören, zu einer Fraktion zusammenschließen. Im zweiten Satz allerdings heißt es, dass auch Mitglieder verschiedener Parteien oder politischer Gruppierungen eine Fraktion bilden können. Dennoch ist die UBvS für Wiest nur eine " Zählgemeinschaft ", " auch deshalb, weil es an dem Merkmal grundsätzlicher politischer Übereinstimmung zwischen Herrn Doktor und den zwei Mitgliedern der Wählergruppe UBvS fehlt. "

Das könne dadurch bewiesen werden, dass Dietmar Doktor aufgrund seiner eigenen politischen Überzeugung und Parteimitgliedschaft zur Wahl des Stadtrates nicht auf der Liste der Wählergemeinschaft UBvS erschienen sei, sondern auf der Liste der CDU. " Darin spiegelt sich die politische Inhaltslosigkeit des Zusammenschlusses wieder ", so die Klageschrift.

Aus diesem Grund verlangt die UWGn vom Verwaltungsgericht festzustellen, dass das Stadtratsmitglied Dietmar Doktor für die Dauer der Wahlperiode 2009 bis 2014 kein Mitglied der Fraktion UBvS ist.

Für den Fall, dass dieser Hauptantrag scheitert, beantragt die Fraktion den Stadtratsvorsitzenden und den Oberbürgermeister gemeinsam zu verpflichten, die Wiederholung des Losentscheides auf die Tagesordnung der nächsten Stadtratssitzung am 17. Dezember zu setzen. Das hatte die Mehrheit des Rates schon einmal abgelehnt. Stadtratschef Dr. Blauwitz soll dann per Losentscheid die Besetzung der fünf Ausschüsse und der Gesellschafterversammlung der Wohnungsund Baugesellschaft vornehmen.

Die Stadtverwaltung Staßfurt, die den Sachverhalt noch einmal gründlich untersucht hat, sprach von " absurden Vorstellungen und nicht nachvollziehbaren Vermutungen ". Nach Einschätzung der für Rechtsfragen zuständigen Sachbearbeiterin, Antje Herwig, sei der Eintritt von Dietmar Doktor in die UBvS ordnungsgemäß erfolgt. " Eine Manipulation ist nicht möglich ", fügte sie hinzu.

Auch das Losverfahren sei nicht zu beanstanden gewesen. " Die dafür verwandte Kiste war schon öfter maßgeblich für derartige Zwecke verwandt worden, was bisher noch nie zu Beanstandungen geführt hatte ", sagte Herwig. Eine Vorschrift, wie ein solches Verfahren durchzuführen ist, gebe es nicht. Als falsch bezeichnete sie Wiests Behauptung, dass die Stadtverwaltung für die Lose A 4-Zettel verwandt hatte, die zweimal geknickt wurden. Stattdessen habe es sich um A 5-Zettel gehandelt, die dreimal geknickt wurden.

Oberbürgermeister Zok wollte sich zu Details nicht äußern, wies aber die " Angriffe gegen die Verwaltung " strikt zurück. " Ich sehe auch keine Schuld bei einem der, Angeklagten ‘", so Zok.

Die 9. Kammer des Verwaltungsgerichts bemüht sich darum, noch bis zum Donnerstag eine Entscheidung zu fällen, sagte der Vorsitzende Richter Uwe Haak.