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Nachfrage bei Pilzberatern und Naturschützern Nicht in jedem Wald darf man in die Pilze gehen

Von Karolin Aertel 19.10.2009, 07:01

Schönebeck / Staßfurt. Werden die Tage kürzer, die Blätter bunt und die Nächte kühler, dann ist gewiß, es ist Herbst. Eine Zeit einzigartiger Naturspektakel - Stürme, Nebelschwaden, Farbenspiele. Und es ist Pilzzeit. Stundenlang stapfen Pilzliebhaber durch den Wald. Den Blick gesenkt. Ein Körbchen in der Hand. Immer in der Hoffnung Pilze zu entdecken. Die Saison ist bereits voll im Gang.

Versteckt sind die Gewächse, die eigene Gattung bilden. Der eine im Moos, der andere eher im Sandboden. Zumeist sind sie nicht leicht zu finden. Daher scheint jeder Fund einem kleinen Feuerwerk gleich. Zu den Höhepunkten im Leben eines Pilzsammlers gehört in jedem Fall das Finden eines schönen Steinpilzes. Vorzugsweise in Laubwäldern, gern unter Eichen und Buchen.

Dies kann zumeist nur noch durch das Finden einer Krause Glucke ( auch fette Henne genannt ) übertroffen werden. Sie zu finden ist gar nicht so leicht. Sie wachsen versteckt an Stümpfen von Nadelbäumen, in der Regel an erwachsenen Kiefern, sehen aus wie Schwämme und sind sehr schmackhaft.

Doch gibt es eigentlich einen typischen Pilzwald ? Einen, in dem man garantiert fündig wird. " Jeder Wald ist ein Pilzwald ", antwortet Martin Groß, Vorsitzender der Pilzberatungsstelle Sachsen-Anhalt auf diese Frage. " Sie sind ein wichtiger Bestandteil des Ökosystems Wald und vor allem für die Zersetzung der Biomasse von Bedeutung. " Richtig gestellt muss die Frage daher lauten, wo finde ich essbare Pilze ? Pilzsucher haben die besten Chancen in einem Mischwald fündig zu werden, erklärt Groß. " Maronen wachsen nicht unter Laubbäumen und Pfifferlinge in jungen Kiefernwäldern ", gibt der Pilzsachverständige als Tipp noch mit auf den Weg.

Martin Groß ist einer von 93 Pilzsachverständigen in Sachsen-Anhalt. Rund 10 000 Menschen suchen jährlich Rat bei den Profis. Im Salzlandkreis gibt es ebenfalls Pilzberater. Auch in diesem Jahr haben schon zahlreiche Sammler ihre Funde von Martin Groß begutachten lassen. Dabei habe er sogar so manchen hochgiftigen Grünen Knollenblätterpilz aussortieren müssen, erzählt Martin Groß.

Damit es keine bösen Überraschungen in Form einer Pilzvergiftung gibt, rät der Sachverständige die kostenlose Beratung in Anspruch zu nehmen. Man könne zuvor telefonisch einen Termin ausmachen oder zur Sprechstunde kommen. Zudem biete auch das Gesundheitsamt eine Pilzberatung an.

Wenn es dann aber doch passiert ist und nach dem Verzehr von Pilzen Symptome wie Unwohlsein, Übelkeit, Erbrechen, Fieber, Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten, muss sofort ein Arzt oder Krankenhaus aufgesucht werden. Von vermeintlichen Hausmitteln wie Milch, Salzwasser oder Alkohol trinken, sollte Abstand genommen werden, sagt der Experte.

Wichtig bei einer vermuteten Pilzvergiftung ist, dem Arzt Reste der verzehrten Pilze mitzubringen, gegebenfalls auch Erbrochenes, damit in einem Labor untersucht werden kann, um welchen Pilz es sich handelt.

Von rund 5000 bekannten mitteleuropäischen Pilzarten sind etwa 150 als Giftpilze identifiziert. Zahlreiche Pilze stehen sogar auf der roten Liste, wie Michael Wunschik vom Naturschutzbund Nabu, Ortsgruppe Schönebeck, mitteilt. Beispielsweise stünden der Schneeweiße Birkenpilz, die Rotkappe und der Echte Pfifferling auf der roten Liste, so Wunschik.

Damit nicht noch mehr Pilzarten vom Aussterben bedroht werden, ist richtiges Verhalten im Wald wichtig. Dazu gehört selbstverständlich den Wald sauber zu halten. Auch sollten Pilze in kleinen Größenordnungen gesammelt werden, so Wunschik. Zudem kommt es auf das richtige Pflücken an. Die Frage, ob Pilze rausgedreht oder abgeschnitten werden sollten, wird dem Naturschutzbeauftragten häufig gestellt. " Beides ist möglich ", erklärt er hierzu. Beim Rausdrehen sei es wichtig, dass das sogenannte Myzel ( Pilzgeflecht im Boden ) nicht beschädigt werde. Denn was gemeinhin als Pilz bezeichnet wird ist eigentlich nur der Fruchtkörper. Die Pilzpflanze selbst lebt unterirdisch. Die Fundstelle sollte nach dem Herausdrehen mit Laub oder Moos abgedeckt werden.

Um sicher zu gehen, dass das Myzel nicht beschädigt wird, hält der Nabu-Experte das Abschneiden des Fruchtkörpers mit einem Messer für sicherer.

Trotz aller Freuden im Wald kann die Sammelleidenschaft nicht grenzenlos sein. Nicht in jedem Wald darf drauflos gesucht werden. In Naturschutzgebieten beispielsweise regelt eine jeweilige Verordnung, inwiefern man sich auf die Pilzsuche begeben darf.

" Man muss sich eben vorher informieren ", erklärt dazu Michael Wunschik. Theoretisch könnte es auch zu Konflikten mit Förstern und Waldeigentümern kommen. Sinnvoll sei es daher sich über die Waldgebiete zu informieren, in denen gesammelt werden will und sich gegebenfalls sich das Einverständnis des Besitzers einzuholen. So sei man zumindest auf der sicheren Seite, erklärt Wunschik.