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Bürgerinitiative sammelt Unterschriften für Krankenhaus Calbe / Chef der Kassenärztlichen Vereinigung rät : Stadt sollte sich Mitsprache sichern

Von Anja Keßler und Andreas Pinkert 21.08.2009, 05:01

In der Diskussion um das Krankenhaus von Calbe macht jetzt eine Bürgerinitiative mobil. Zwei Mitglieder vor Ort haben eine Unterschriftensammlung gestartet. Außerdem haben die den Vorsitzenden der Kassenärztlichen Vereinigung in die Debatte einbezogen.

Calbe. 3633 Unterschriften haben Franz Schmitt, Gründer der " Bürgerinitiative pro Krankenhaus ", und sein Mitstreiter Thomas Kühne nach eigenen Aussagen gesammelt. " Ein Drittel der Calbenser unterstützen uns ", sagt Schmitt, der einen Verbleib des Krankenhauses in städtischer Trägerschaft fordert. Gesehen hat die Sammlung, die mit Unterstützung von Mitarbeitern des Krankenhauses, die in ihrer Freizeit für die BI unterwegs gewesen seien, wie Schmitt betont, noch niemand. Die Liste sollen Bürgermeister Dieter Tischmeyer und dem Stadtrat, Ende August, Anfang September übergeben werden.

Die Idee, die BI zu gründen, hatte der 64-jährige Schmitt, der seit zwölf Jahren in Calbe lebt, im Februar. Neben Schmitt und Kühne gehören fünf weitere Mitstreiter dem harten Kern der BI an. Zwei kämen aus Calbe, zwei weitere aus dem Stuttgarter Raum und seien ehemalige Calbenser. Sie unterstützten ihn mit rechtlichem Rat, so Schmitt. Grund für sein Engagement sei, dass " mir im Krankenhaus bereits zweimal das Leben gerettet wurde ", so Schmitt.

Erste Aktivitäten gab es Mitte Juli. Da verteilte er ein Flugblatt in der Saalestadt. Dann folgte die Unterschriftensammlung. Mit der Krankenhausleitung hat Schmitt nach eigener Aussage keinen Kontakt. Auch nicht mit Bürgermeister oder Stadtrat. Den lehnt er auch ab, da er nicht wisse, " worüber ich mich mit denen unterhalten sollte ". Ein Gespräch mit Tischmeyer wolle man jedoch in nächster Zeit vereinbaren.

Ende Juli jedoch schrieb Schmitt einen offenen Brief an Tischmeyer. Darin weist die BI darauf hin, dass das Krankenhaus als Geriatrisches Zentrum von der Landespolitik nicht in Frage gestellt ist und dass es keine Notwendigkeit gebe, das Haus aus der städtischen Trägerschaft zu nehmen. Bisher habe es aus dem Rathaus ihm gegenüber keine Reaktion dazu gegeben. Tischmeyer hatte sich allerdings in der Volksstimme dazu am 15. August geäußert.

" Die verscherbeln das Tafelsilber der Stadt ", so der Schmitt ‘ sche Vorwurf. " Egal welcher Träger, ob eine Kette oder ein gemeinnütziger, nach dem Ende des Bestandsschutzes der Arbeitsverträge, werden die Gehälter gesenkt und das Fachpersonal eingespart ", so Schmitt. Er plädiere darum für den Verbleib in der Stadt beziehungsweise das Eigenkonzept des Krankenhauses, das noch im Rennen ist. Wie die Volksstimme aus informierten Kreisen erfuhr, sieht auch das von Chefarzt Dr. Karl-Heinz Ulrich vorgelegte Angebot die Einführung eines Haustarifs vor und nicht die Bezahlung nach dem bisherigen Tarif des öffentlichen Dienstes.

Bürgermeister Dieter Tischmeyer und Stadtratsvorsitzender Dr. Georg Hamm zeigen sich verärgert über das Vorgehen der Bürgerinitiative. " Es ist sehr bedauerlich, dass sich die Vertreter der Initiative nicht persönlich an mich oder den Stadtrat wenden, sondern in der Bevölkerung Ängste schüren. Ich verurteile scharf die Art und Weise, wie auf Internetseiten und Flyern gegen mich vorgegangen wird. Dennoch möchte ich zu einer gemeinsamen Zusammenkunft einladen, schließlich wollen wir im Grunde das Gleiche ", denn : Der Erhalt des Krankenhausstandortes habe unumstritten äußerste Priorität.

" Ein derzeit gut funktionierendes Krankenhaus allein ist aber keine Garantie für ein Weiterbestehen. Wir brauchen einen starken Partner. " Die Option, das Stadtkrankenhaus weiter als Eigenbetrieb und " Einzelkämpfer " zu erhalten bestehe auch weiterhin. Diese Option müsse sich aber im Rahmen der Markterkundungsanalyse mit einem Trägerwechsel objektiv messen lassen. " Der Stadtrat klopft dabei alles intensiv ab ", sagt Tischmeyer. Konzepte zur Standortsicherung, Medizinische Konzepte, Wirtschafts- und Investitionskonzepte sowie umfassende Zusagen zum Kündigungsschutz sowie die Tarifbindungen würden genau geprüft.

Warum der mögliche Trägerwechsel diskutiert wird, führt Stadtratsvorsitzender Dr. Georg Hamm Gründe auf, die sich teilweise in jüngster Zeit im Krankenhaus bereits abzeichnen. " Wir haben einen Mangel an Fachärzten im Geriatrischen Bereich, Stellen sind unbesetzt, die Versorgung damit gefährdet. Bei einem Krankenhausverbund könnte im Rotationsprinzip ein Austausch der Ärzte aus anderen Häusern erfolgen ". Das alles Entscheidende seien jedoch die Patientenströme, die derzeit nur auf Basis von Kooperationsvereinbarungen mit den Salzlandkliniken bestehen. " Für die Zukunft braucht das Krankenhaus einen Partner, der die Ströme vertraglich garantieren kann ".

Alle im Konzept der Bieter gemachten Zusagen werden, so Hamm, vertraglich und juristisch so abgesichert, dass bei Verstößen mit Vertragsstrafen bis zur kostenfreien Rückgabe des Hauses an die Stadt als Alteigentümer zu rechnen ist.

" Wir geben damit als Stadt doch nicht die Fäden aus der Hand ", sagt Tischmeyer.

Von der BI eingeladen, äußerte sich jetzt auch der Vorsitzendes der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalts, Burkhard John. " Mit dem Krankenhaus Calbe bin ich seit gut zehn Jahren verbunden und schätze die Qualität des Hauses, vor allem beim Schwerpunkt, der Geriatrie. " Ein Haus, das schwarze Zahlen schreibt, zu verkaufen, hält auch er für unnötig. " Allerdings muss sich das Krankenhaus Partner suchen, um die Zuweisung von Patienten zu erhalten und auszubauen ", so John. Als guten Partner sehe der KV-Chef die landkreiseigene Holding der Salzlandklinken, auch wenn Staßfurt sich um die Geriatrie bemühe. " Aber auch der Landkreis würde sich nicht gegen ein funktionierendes Haus entscheiden ", ist sich John sicher. Gegen die Holding hatten sich die Stadträte bereits im Mai ausgesprochen. Bei der Partnersuche sei eines für Calbe wichtig, so John : " Die Stadt sollte sich ihr Mitspracherecht erhalten oder Mehrheitsanteile sichern. "

Über die Bieter-Angebote will der Stadtrat am 24. September in nicht-öffentlicher Sitzung beraten.