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Stipendium der Salzlandsparkasse Jan Focke liebt Elektro-Abzweigdosen

Von Thomas Linßner 10.07.2009, 07:02

Zu den Teilnehmern des diesjährigen Wilhelm-von-Kügelgen-Stipendiums, das die Salzlandsparkasse zum zwölften Mal auslobt, gehört auch der Schönebecker Jan Focke. Der 31-Jährige, der im Ortsteil Frohse lebt, sorgte im Kreismuseum Schönebeck und der AOK Magdeburg mit seinen fotorealistischen Bildern bereits für Aufsehen.

Bernburg / Schönebeck. Ziel des Stipendiums ist, dass Künstler die alte Residenzstadt für sich entdecken und Eindrücke mit ihren Mitteln umsetzen. Die Ergebnisse werden dann im Herbst in der Sparkassen-Filiale Bernburg zu sehen sein. Jan Focke, der von sich sagt, dass er " schon als Kind gern gemalt und einfach nicht damit aufgehört hat ", bleibt auch in der Salzland-Kreisstadt seinem realistischen Genre treu.

In erfrischend freimütiger Art gesteht er zur Stipendium-Halbzeit, noch nicht viel von Bernburg gesehen zu haben. " Ich komme hier einfach nicht vom Hof. Es sind zu viele Dinge, die mich abhalten ", beschreibt er seinen Aufenthaltsort, das Bürgeratelier in der Rittmeisterstraße. Damit meint Focke ganz profane Schalterdosen von Telefon- und Elektroverteilern, die ihn auf dem Grundstück gefangen nehmen. Was freilich austauschbare Motive sind, die überall im Osten Deutschlands zu finden sind.

Wird er damit aber dem Stipendiatsgedanken gerecht ? " Ich will demnächst auch Stadttypisches ins Visier nehmen ", verspricht der 31-Jährige. Dabei denkt er an die Techniken Holzschnitt und Zeichnung. Meisterlich sind seine " malerisch überspannten fotorealistischen " Arbeiten. Für Jan Focke steht nicht ein tiefgründiger Themeninhalt im Vordergrund, er komponiert der Wirkung wegen. Deshalb haben seine Gestalten jede für sich eine starke Ausdruckskraft. Im Bernburger Bürgeratelier steht ein großformatiges Bild, das den Betrachter spontan an eine Szene der Oktoberrevolution erinnert. Aus der in Rot getauchten Männermenge ragen blau gefärbte Frauen heraus, die Gewehre im Anschlag halten. Doch die fröhlichen Gesichter widerlegen sie als Klassenkämpfer.

Der Maler vereinigte allein aus kompositorischen Gründen Motive von Zeitungsjungen und Frauen, die vor und nach dem Ersten Weltkrieg fotografiert wurden. Jede Figur steht für sich, erst die Komposition fügt sie zum Ganzen. Eine Herangehensweise, die Interpreten ohne Ende auf den Plan ruft. " Was die Leute in meinen Bildern sehen, ist manchmal weit weg von dem, was ich mir dabei gedacht habe ", gesteht der Frohser schelmisch.

Weitere Stipendiaten sind Anne Rose Bekker ( 50 ) und Donata Hillger ( 30 ), die einen völlig anderen malerischen Ansatz haben.

Besonders für Künstler ist Bernburg mit seiner vielschichtigen und stellenweise romantisch-morbiden Bausubstanz ein Erlebnis. Teilweise leer stehende Renaissance-, Barock- oder Jugendstilhäuser, überwucherte Höfe oder wohltuende Ausblicke auf das Saaletal machen den Charme dieser Stadt aus.