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Nach der Einführung des Hundegesetzes handhaben Tierheime im Kreis den Umgang mit Listenhunden unterschiedlich "Gassigeher" sorgt sich um Tequila

Von Anja Keßler 07.05.2009, 05:01

Das Gesetz zur Vorsorge gegen die von Hunden ausgehenden Gefahren – das so genannte Hundegesetz – ist seit gut zwei Monaten in Kraft. Allerdings fehlt es den Tierheimen im Kreis noch an Durchführungsbestimmungen. Das führt nun in Schönebeck zu Problemen.

Schönebeck. Heinz Wünsche macht sich Sorgen : Seit dem 1. März darf sich der ehrenamtliche " Gassi-Geher " im Schönebecker Tierheim nicht mehr um Tequila kümmern. Tequila ist ein Stafford. Seit eineinhalb Jahren geht Wünsche mit dem Hund an den Wochenenden Gassi. " Ich habe auch Verbesserungen in seinem Verhalten bemerkt. Er ist nicht mehr so ängstlich, reagiert auch nicht aggressiv ", erklärt Wünsche. Tequila scheint in einem Umfeld aufgewachsen zu sein, in dem der Hund mit Schlägen erzogen wurde.

Schlechte Voraussetzungen für eine Vermittlung. Umso besorgniserregender empfindet Wünsche die aktuelle Entwicklung. Seit Inkrafttreten des Hundegesetzes dürfen in Schönebeck die so genannten Listenhunde nicht mehr von ehrenamtlichen Helfern des Tierheims ausgeführt werden. " Wir gehen da auf Nummer sicher ", erklärte Kerstin Kauert, Vorsitzende des Tierschutzvereins Schönebeck, in dessen Trägerschaft das Heim ist. Der Vereinsvorstand hat in Absprache mit dem Veterinäramt des Landkreises verfügt, dass lediglich die beiden hauptamtlichen Mitarbeiterinnen des Tierheims mit den Listenhunden Gassi gehen dürfen. Fünf Hunde betrifft das.

" Das hat versicherungstechnische Gründe ", erklärt Kauert. Sollte etwas passieren, trägt der Verein als Versicherungsnehmer die Kosten über seine Haftpflichtversicherung. Darum die Entscheidung, dass nur hauptamtliche Mitarbeiter mit den Hunden das Tierheimgelände verlassen dürfen. " Alles andere wäre grob fahrlässig ", so Kauert.

Grundsätzlich verstehen die ehrenamtlichen Helfer das Problem. Doch haben sie Sorge, dass die Listenhunde seit dem neuen Gesetz nicht mehr ausreichend beschäftigt werden, von regelmäßigen Ausgängen ganz zu schweigen. " Ich habe bei Tequila Wesensveränderungen festgestellt ", erklärt Heinz Wünsche. Er besucht den Hund weiter an den Wochenenden, doch dürfe er nur in der tierheiminternen Auslauffäche mit dem Tier spielen. " Die betroffenen Hunde reagieren gereizt. Meiner Meinung nach ist das ein Zeichen, dass sie nicht ausreichend versorgt werden. "

Die Ehrenamtlichen suchten das Gespräch mit dem Vorstand und der Tierheimleitung. Zu einer Lösung kam man nicht. " So, wie es unsere Zeit erlaubt, gehen wir mit den Hunden raus. Meist täglich ", erklärte auf Volksstimme-Anfrage Karin Braumann, Leiterin des Tierheims und eine der zwei festangestellten Mitarbeiterinnen.

Das eingeschaltete Veterinäramt versuchte zu vermitteln. Grundsätzlich sei die Entscheidung des Tierheimes richtig, aus Versicherungsgründen nur die hauptamtlichen Mitarbeiter mit der Betreuung zu betrauen, gab die Pressestelle des Landkreises den Standpunkt des zuständigen Amtes weiter. Um ein wenig Kontrolle in die Abläufe im Tierheim zu bringen, habe man verordnet, dass über die Gassigänge mit den Listenhunden nun Buch geführt wird.

Inwieweit das die Situation verbessern kann, daran zweifeln die Ehrenamtlichen. " Wir haben angeboten, dass wir so genannte Sachkundenachweise absolvieren ", erklärte Wünsche seine Bereitschaft. Dem steht Kerstin Kauert offen gegenüber. " Wer einen solchen Nachweis hat, darf die Tiere ausführen ", sagt die Vereinsvorsitzende. Allerdings, und das ist die Krux, gibt es für das Gesetz noch keine Durchführungsbestimmungen. Soll heißen, bisher ist nicht geregelt, wer diesen Nachweis von Amtsseite durchführen darf.

Doch wie regeln die anderen Tierheime im Landkreis die neue Gesetzeslage ? Im Bernburger Tierheim hat sich seit dem 1. März nichts verändert. " Unser Tierheimleiter steht gerade in Beratung mit dem Amtstierarzt. Aber vorerst ist alles wie bisher geblieben ", erklärt Diana Hildebrand. Die Mitarbeiterin im Tierheim ergänzt : " Bei uns dürfen auch ehrenamtliche Helfer mit den Hunden ausgehen. Allerdings haben wir unser Heim in einem abgelegenen Gebiet, da gibt es kaum Kontakt zu fremden Menschen. "

Auch in Aschersleben hat sich vorerst im Umgang mit den Listenhunden nichts geändert. " Wir schauen danach, ob das Verhalten von Hund und Mensch zueinander passen ", sagt Silvia Wolter, Vorsitzende des dortigen Tierschutzvereins. Von den Problemen in Schönebeck hatte sie bereits gehört : " Ich kann das nicht verstehen. Wenn sich bisher zuverlässige Leute um die Tiere gekümmert haben, ist es doch egal, ob das ehrenamtliche oder hauptamtliche Mitarbeiter sind. " Bei der Behandlung der Hunde mache der Verein keine Unterscheidung nach der Rasse, sondern nach dem Wesen der Tiere. " Wir haben drei Hunde der schwierigen Rassen. Zwei der Tiere sind unter höchst fragwürdigen Verhältnissen aufgewachsen und schwer geschädigt. Diese Hunde sind nicht vermittelbar. " Bei allen Gassigängen, egal wer die macht, werden die Auflagen wie Beißkörbe eingehalten.

Im Schönebecker Tierheim geht man einen anderen Weg. Um die Tiere vermittelbar zu machen und zu beschäftigen, kommen seit Kurzem regelmäßig Hundetrainer. " So sollen die Tiere für den vom Gesetzgeber verlangten Wesenstest fit gemacht werden ", erklärt Kerstin Kauert.