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Neue Gesetzgebung für Demenzeinrichtungen eröffnet Langzeitarbeitslosen Perspektive für den ersten Arbeitsmarkt 50 freie Stellen im Pfl egebereich

Von Daniel Wrüske 28.03.2009, 06:31

Demenzerkrankte Bewohner von Pfege- und Alteneinrichtungen haben neben der Pf ege einen Anspruch auf Betreuung. Die neue Gesetzgebung zur Pf egeversicherung macht den Einsatz von Betreuungskräften möglich. Die Arbeitsverwaltungen bieten Qualif - zierungen für Langzeitarbeitslose an, die so wieder Fuß in der Arbeitswelt fassen sollen. Doch die Einrichtungen reagieren noch zögerlich.

Staßfurt. Neun Frauen und ein Mann qualif zieren sich derzeit in einem zwölfwöchigen Kurs bei der Staßfurter Urania zu Betreuungskräften. Getragen wird diese Maßnahme von der Arbeitsgemeinschaft ( Arge ) Aschersleben-Staßfurt, die mit dem Angebot auf die aktuelle Gesetzgebung zur Sozialen Pf egeversicherung ( Sozialgesetzbuch SGB XI ) vom August 2008 reagiert.

Die Teilnehmer bringen ganz unterschiedliche Voraussetzungen mit. Sie kommen teilweise aus Berufen in Medizin, Pfege und Therapie, aber auch aus ganz anderen Bereichen. Das neue Gesetz ermöglicht ihnen, sich zu Betreuungskräften ausbilden zu lassen, die neben den examinierten Kräften in Pfege- und Altenheimen eingesetzt werden, um die Betreuungs- und Lebensqualität der an Demenz erkrankten älteren Menschen umfassender zu gestalten.

Die Einstellung dieser zusätzlichen Kräfte wird voll von den Pfegekassen getragen, ein neuer Pfegeschlüssel legt fest, dass eine Einrichtung einen zusätzlichen Betreuer einstellen muss, wenn 25 Demenzerkrankte dort leben. Dementsprechend sind es zwei Kräfte bei 50 Kranken. " Durch das Gesetz ist es möglich, dass Menschen, die lange keine Arbeit gefunden haben, sich für diesen Bereich qualif zieren und so wieder einen Job auf dem ersten Arbeitsmarkt f nden ", sagt Doreen Albrecht, Teamleiterin der Arge in Staßfurt und zuständig für den Bereich Integration.

Die Expertin stellt klar, dass die Kräfte, die jetzt ausgebildet werden, dem Pf egepersonal nicht die Stellen wegnehmen würden, ein Argument, das in der Öffentlichkeit immer kursiert. " Im Gegenteil, die Betreuer werden zusätzlich eingestellt, um mit ihrer Arbeit die betroffenen Pf egeheimbewohner zu betreuen und zu aktivieren. "

Sie machen die Dinge, die in der Pfege manchmal zu kurz kommen, wie Spaziergänge, Spielen und kreative Beschäftigung, Besuch von Veranstaltungen.

" Die Betreuungskräfte sollen den Pf egebewohnern für Gespräche über Alltägliches und ihre Sorgen zur Verfügung stehen, ihnen durch ihre Anwesenheit Ängste nehmen, Sicherheit und Orientierung vermitteln ", so Doreen Albrecht. Betreuungs- und Aktivierungsangebote würden sich dabei immer an den Wünschen, Fähigkeiten und Bef ndlichkeiten der Heimbewohner unter Berücksichtigung der jeweiligen Biograf e, einschließlich des Migrationshintergrundes, dem Geschlecht sowie dem jeweiligen situativen Kontext orientieren, heißt es in entsprechenden Richtlinien zum Gesetz.

Diesen Anforderungen wird die Staßfurter Urania als Träger der Maßnahme gerecht. Zum ersten Mal bildet sie im Bereich der Arge Aschersleben-Staßfurt Betreuungskräfte aus. Zum Kurs gehören theoretische Grundlagenvermittlung ebenso wie mehrere Praktika. " Wichtig ist vor allem, dass die zukünftigen Betreuer im Berufsleben sicher und einfühlsam gegenüber den Patienten auftreten und individuell auf den Einzelnen zugehen, um Hilfe zu gewährleisten ", fasst Urania-Chefn Monika Borchert den Inhalt der Qualif zierung zusammen.

Die Beschäftigungschancen stehen gut. Doreen Albrecht berichtet, dass es allein im Bereich ihrer Arge 50 offene Stellen zu besetzen gebe. Die Teamleiterin macht aber keinen Hehl daraus, dass die Einstellung der Betreuungskräfte auf dem Gebiet des Altkreises nur schleppend anläuft. Dafür gebe es mehrere Ursachen. Zum einen scheuten sich die Heime noch, zusätzliches Personal einzustellen, weil sie nicht um ihre Verpf ichtung zur Betreuung wüssten, wenn sie nicht vom Patienten oder Angehörigen thematisiert wird.

Auch die Krankenkassen wollen daneben mitreden. Nach Inkrafttreten des Gesetzes prüfen sie alle als demenzerkrankt eingestuften Pfegebedürftigen, zum Teil mit dem Ergebnis, dass Pf egestufen wieder herabgesetzt werden und in einigen Einrichtungen der erforderliche 25 er-Schlüssel nicht mehr erreicht werde.

Dabei sieht Doreen Albrecht den Gesetzgeber gefragt, der Lücken in den neuen Regelungen schließen müsse. Die Teamchefn erkennt aber dennoch gute Chancen, dass die Staßfurter Betreuungskräfte auf dem ersten Arbeitsmarkt unterkommen. Die Argen selbst hätten reagiert und alle Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im Pf egebereich eingestellt, um den Betreuungskräften nicht Konkurrenz aus dem eigenen Haus zu machen.

Ein Umdenken im Zusammenhang mit der neuen Gesetzgebung ist auch bei den Angehörigen von Demenzkranken und Schwerstbehinderten nötig.

Die Kranken haben einen gesetzlichen Anspruch auf Betreuung. Den können sie nur noch in den seltensten Fällen selbst für sich einfordern. Hier seien die Angehörigen gefragt, die Interessen der Kranken in den Pf egeeinrichtungen anzusprechen.

Die Heimleitungen müssten dann entsprechende Kräfte zur Verfügung stellen, die die Alltagsbegleitung und Betreuung übernehmen.