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In mehr als 40 Ordnern hat Günter Bresch die Volksstimme-Berichterstattung über Tangermünde archiviert Hier kommt die Zeitung unters Messer

Von Anke Hoffmeister 29.10.2010, 06:16

Seit fast 50 Jahren sind Günter und Margot Bresch Leser der Volksstimme. Mitte der 70er Jahre begann Günter Bresch damit, die Zeitung zu archivieren. Alle Berichte über Tangermünde, über Themen, die ihn interessieren, werden seitdem ausgeschnitten und abgeheftet. Der Keller ist sein Archiv. Mehr als 40 Aktenordner beanspruchen hier inzwischen Platz für sich.

Tangermünde. Es ist so etwas wie ein Ritual: Wenn Günter Bresch am Morgen die Volksstimme aus dem Briefkasten holt, dann ist seine Frau Margot die Erste, die sie liest. "Erst danach bin ich an der Reihe", berichtet der rüstige Senior. Und diese Reihenfolge hat seinen Grund. Ist Günter Bresch mit dem Zeitungsstudium am Ende, ist das vielseitige Exemplar nur noch eine löchrige Ausgabe. Wo immer er in seiner Tageszeitung etwas über Tangermünde, die Geschichte der Stadt, über Elbe oder Gustav Nagel liest, setzt er die Schere an und schneidet den Bericht aus.

Das macht Günter Bresch seit Anfang der 70er Jahre. Damals hob er auch noch überregionale Berichte auf, zum Beispiel den über Sigmund Jähn, der als erster Deutscher ins Weltall flog. In den Jahren darauf konzen- trierte sich der heute 73-Jährige auf Artikel aus Tangermünde.

"Den Großbrand 1991 habe ich selbst miterlebt"

30 Jahre lang war Bresch im Versorgungslager der Grenztruppen tätig. Es war in der ehemaligen Zuckerfabrik untergebracht, auf dem Areal der heutigen Firma Sturm. "Deshalb hat mich auch die Geschichte von Zucker-Meyer schon immer interessiert", sagt der Tangermünder. Alle Berichte, die in der Vergangenheit über dieses Unternehmen veröffentlicht wurden, schnitt er aus und heftete ab. Beim Durchblättern der vielen Ordner, die in seinem kleinen Keller exakt an ihrem Platz stehen, werden Erinnerungen wach. "Den Großbrand 1991 habe ich selbst miterlebt", sagt er und zeigt auf den Bericht, der damals in der Volksstimme veröffentlicht war. "Da sind die Zuckersäcke durch die Gegend geflogen." Noch heute weiß der Senior genau, was in welchem Gebäude der ehemaligen Zuckerfabrik untergebracht war. Viele Male war er selbst mit dem Versorgungslager auf dem Areal hin- und hergezogen.

Fünf Aktenordner seiner großen Sammlung sind allein der Elbe gewidmet. Für die Jahrhundertflut legte Günter Bresch einen Extra-Ordner an. Außerdem hat er alles ausgeschnitten, was in der Vergangenheit über Gustav Nagel veröffentlich wurde. "Das interessiert mich besonders", sagt er. Gustav Nagel habe er nämlich noch persönlich kennengelernt.

Wenn der 73-Jährige seine Ordner ausbreitet und die nach Datum sortierten Berichte nacheinander aufschlägt, ist es wie ein Spaziergang durch die jüngere Geschichte der Stadt Tangermünde. "Es interessiert mich einfach, wie sich die Stadt entwickelt, was in den vergangenen Jahren wo passiert ist", sagt Günter Bresch. "Hier, so wenig Autos parkten damals in der Stadt", sagt er und zeigt auf ein in der Volksstimme veröffentlichtes Bild, das die Innenstadt in den 80er Jahren zeigt. "Auch damals wurde an der Erhaltung der Häuser gearbeitet", fügt er hinzu. Ein Baugerüst vor einem der alten Fachwerkhäuser zeugt davon.

"Vielleicht übernimmt mein Sohn die Sammlung"

Selbst eine kulturelle Zeitreise durch die Kaiserstadt lässt die große Sammlung von Günter Bresch zu. Es scheint bald so, als hätte er in den vergangenen Jahren kontinuierlich Zeitungen zerschnitten. "Meine Frau beklagt sich zwar darüber, dass ich das tue", sagt er. Doch was er einmal begonnen hat, möchte er nicht einfach so aufgeben. Auch wenn der 73-Jährige noch nicht so genau weiß, wo seine Sammlung eines Tages landen wird. "Vielleicht übernimmt sie ja mein Sohn", so die leise Hoffnung des Tangermünders.

So gut wie jeden Tag macht sich Günter Bresch zu Fuß auf den Weg in die Innenstadt. Hier kauft er sich noch eine andere Zeitung und schaut zugleich persönlich nach Veränderungen in seinem Wohnort. "Die Promenade ist wirklich gut geworden", lobt er das Ergebnis von einigen Jahren Bauzeit am Hafen. Was ihm nicht gefällt, das sind die Schmutzecken in der Stadt. "Wenigstens einmal im Jahr sollte das Ordnungsamt die Säumigen zur Verantwortung ziehen", lautet sein Vorschlag.

Im Übrigen gehört auch die Jubiläums-Ausgabe der Volksstimme zum 120-jährigen Bestehen der Tageszeitung zur Sammlung des Günter Bresch.

Wer einen kleinen Einblick in die 120-jährige Volksstimme-Geschichte haben möchte: Am Montag, 1. November, wird um 13 Uhr in der Wandelhalle, Markt 14, in Stendal eine Ausstellung eröffnet. Bis zum 12. November ist sie dort zu sehen.