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BBW-Chef Wittig beurteilt die Förderwege als falsch / Landespolitiker wollen Lösungen suchen Berufsbildungswerke leiden unter Inklusion

Von Nadin Hänsch 30.11.2013, 02:07

Seit 2009 die UN-Konventionen für die Inklusion in Deutschland eingeführt wurden, hat das Berufsbildungswerk Stendal mit der neuen Geschäftspolitik der Bundesagentur für Arbeit so seine Not.

Stendal l In den letzten drei Jahren wurden weniger Jugendliche mit Lernbehinderung und leichter körperlicher Behinderung an das Berufsbildungswerk Stendal durch Förderung vermittelt. Der Bildungsträger wird durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zusammen mit dem Land Sachen-Anhalt und der Bundesagentur für Arbeit zu gleichen Teilen gefördert. Derzeit werden 200Jugendliche im BBW Stendal ausgebildet. Jedoch müssten laut Netzwerkplan mindestens 281 Auszubildende vorhanden sein, damit die Kapazitäten nicht leerstehen.

Gunter Wittig, Geschäftsführer des BBW Stendal , findet diese Entwicklung bedenklich: "Die Bundesagentur versteckt sich hinter der Inklusion, um Kosten zu sparen." Laut Bundesagentur eröffnet der demografische Wandel und die Arbeitsmarktentwicklung den jungen Menschen mit Behinderung zunehmend die Chance auf einen betrieblichen oder betriebsnahen Ausbildungsplatz. Das wird von den Agenturen gefördert.

Wittig bemängelt an der neuen Geschäftspolitik, dass die Berufsbildungswerke in ihrer Entwicklung nicht mehr begleitet werden. Die Bundesagentur würde sich somit aus ihrer Verantwortung, ein flächendeckendes Netz von Berufsbildungswerken zu erhalten, ziehen. Aus Kostengründen werden die Jugendlichen, die von Förderschulen kommen oder im normalen Berufs- und Ausbildungsleben besondere Unterstützung benötigen, an andere Ausbildungsträger, die günstiger seien, vermittelt, sagt Wittig. So bekämen oft Bildungsträger im Rahmen einer Ausschreibung den Zuschlag, die keine solche Angebotspalette wie die Berufsbildungswerke vorweisen können. Zudem seien nicht alle Träger für diese Anforderungen geeignet. "Es müssen auch wieder qualitative Aspekte oder Kriterien bei der Vergabe berücksichtigt werden." Nach Aussage der Bundesagentur besteht ein Rückgang in den Schülerzahlen in Förderschulen und eine verstärkte Nachfrage von Betrieben zur dualen Ausbildung von jungen Menschen mit Behinderung. Laut Wittig entspreche diese Aussage nicht den Tatsachen.

Landespolitik soll Hilfestellung geben

Das Berufsbildungswerk Stendal bietet jungen Menschen mit Lerneinschränkungen und zunehmend auch mit psychischen oder seelischen Behinderungen gute Förderbedingungen durch ein ganzheitliches Konzept, um nach der Ausbildung einen guten Start in den ersten Arbeitsmarkt zu finden. Neben der Ausbildungsstätte sind auch die Berufsschule, das Wohnen und eine fachliche Betreuung mit integriert.

Wittig schloss den Stendaler Agenturbezirk von seiner Kritik aus. "Mit der hiesigen Agentur verbindet uns eine sehr gute Zusammenarbeit." Das BBW bekomme die jungen Auszubildenden nun einmal aus dem gesamten mitteldeutschen Raum und auch darüber hinaus zugewiesen. Genau von dort sind die Rückgänge bei den Zuweisungen sehr erheblich.

Der Geschäftsführer wandte sich im September 2012 mit einem Schreiben an alle regionalen Landesabgeordneten, um auf die Missstände aufmerksam zu machen. Diese Woche traf er mit Vertretern der Partei Die Linke aus Stendal wie Helga Paschke und Mario Blasche zusammen. Die Landespolitiker versprachen, dass sie das Anliegen des Ausbildungsbetriebes im Landtag in Magdeburg zur Sprache bringen werden. Ziel sei es, einen Weg zu finden, um die Problematik parlamentarisch zu lösen.