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Stendaler Kinder- und Jugendklinik zum dritten Mal zertifiziert / Chefarzt beklagt bundesweit sinkende Standards "Die Kindermedizin wird vernachlässigt"

25.02.2014, 01:21

Zum dritten Mal in Folge hat die Stendaler Kinder- und Jugendklinik ein bundesweit vergebenes Zertifikat bekommen. Die Kriterien, die es zu erfüllen gilt, sind nicht selbstverständlich an deutschen Kinderkliniken.

Von Nora Knappe

Stendal l Für Chefarzt Dr. Hans-Peter Sperling ist das Zertifikat "Ausgezeichnet. Für Kinder" weit mehr als nur eine Urkunde zum An-die-Wand-Hängen. "Zunächst einmal ist es eine wichtige Orientierungshilfe für Eltern. Sie haben damit eine Möglichkeit, im Internet zu schauen, welche Klinik in ihrer Nähe die Qualitätskriterien erfüllt." Zum anderen sei das Zertifikat aber auch für die Geschäftsführung einer Klinik ein wichtiges Signal, an den bestehenden Standards festzuhalten. Denn, so Sperling: "Kinder und Jugendliche haben in Deutschland keine Lobby, die Kinder- und Jugendmedizin wird vernachlässigt."

Etwa 40 Prozent der stationären Behandlungen von Kindern und Jugendlichen erfolgten in Krankenhausabteilungen für Erwachsene, Pädiater würden häufig nicht einmal hinzugezogen. Die Entgelte für die Versorgung von Kindern seien viel zu niedrig, wenn man bedenke, dass für Kinder eine viel intensivere und ganz andere Betreuung vorgehalten werden müsse, moniert Dr. Sperling. "Standards, wie wir sie hier in unserer Klinik haben, sind nicht selbstverständlich."

Diesen Schluss kann man wohl auch schon allein daraus ziehen, dass sich von den rund 340 Kinder- und Jugendkliniken in Deutschland nur 254 überhaupt um das Zertifikat beworben haben und von bislang 140 geprüften Einrichtungen bereits 13 durchgefallen sind.

Wer das Zertifikat haben oder behalten möchte, muss unter anderem eine kontinuierliche kinderärztliche und kinderchirurgische Besetzung, Kinder- und Jugendkrankenpfleger, die ausschließlich für die jungen Patienten da sind, sowie speziell für Kinder qualifizierte Teams aus dem pädagogischen und medizinisch-therapeutischen Bereich nachweisen. Und es muss für ein Elternteil von Säuglingen oder Kleinkindern möglich sein, kostenlos mit in der Klinik zu übernachten. Pluspunkt für Stendal sind noch dazu die Spezialisten für Kinderkardiologie, Neonatologie, Neuropädiatrie und Kindergastroenterologie.

Die Stendaler Klinik - mit 28 vorhandenen Betten und etwa 2000 Fällen pro Jahr eher klein - hat das für zwei Jahre gültige Siegel jetzt zum dritten Mal in Folge bekommen - als einzige Kinderklinik der Altmark; Salzwedel und Gardelegen halten die geforderten Strukturen nicht vor.