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Fall von Selbstjustiz in Osterburg: Bewährungsstrafe für Security-Mann Richter Ulrich Galler: "Niemand darf das Gesetz in die eigene Hand nehmen"

Von Wolfgang Biermann 21.03.2014, 01:17

Stendal l "Niemand darf sich per Selbstjustiz über das Gesetz hinwegsetzen." Damit begründete Richter Ulrich Galler, Vorsitzender der Strafkammer 11 am Landgericht Stendal, am Dienstag die Verurteilung eines 37-jährigen Osterburgers zu einer für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzten sechsmonatigen Freiheitsstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung.

Strafe bei erster Berufung gekürzt

Der Berufungsprozess war der wiederholte Aufguss in selber Sache. Zum Werdegang: Der Geschäftsführer einer Osterburger Sicherheitsfirma und zwei seiner Mitarbeiter waren angeklagt, einen ehemaligen Mitarbeiter am 14. August 2011 zusammengeschlagen und zu Boden gebracht zu haben. Dafür gab es für alle drei Angeklagten im November 2012 vom Amtsgericht Stendal je ein Jahr Gefängnis, das für alle drei zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Das Trio legte gegen das Urteil erfolgreich Berufung ein, wie die Volksstimme im April 2013 berichtete. Die Strafkammer 10 am Landgericht Stendal unter Vorsitz von Richter Gundolf Rüge sprach einen der Angeklagten frei und verkürzte die vom Amtsgericht ausgesprochenen Bewährungsstrafen der beiden anderen auf sechs beziehungsweise sieben Monate. Gegen seine sechsmonatige Bewährungsstrafe legte der mit dem Gesetz schon mehrfach in Konflikt geratene Chef der Sicherheitsfirma Revision ein, die nun verhandelt wurde.

Strafkammer verzichtet auf Zahlung von 1500 Euro

Das Oberlandesgericht in Naumburg hatte auf die Revision das Urteil wohl aufgehoben und an eine andere Kammer des Landgerichts Stendal zurückverwiesen. Allerdings hatten die Richter dort das vom Landgericht im Vorjahr festgestellte Tatgeschehen festgeschrieben. Sie hatten lediglich bei der Strafberechnung einen auszubügelnden Mangel entdeckt.

Der Verteidiger nutzte die Chance, völligen Straferlass zu fordern. Schließlich habe sich der Angeklagte durch länger währende Anschläge durch das Opfer auf Hab und Gut terrorisiert gefühlt. Der Angeklagte habe das Opfer, das angeblich "außer Rand und Band" war, nur "fixiert und hingelegt". Dass sich der Angeklagte drangsaliert fühlte, erkannte Richter Galler in der Urteilsbegründung an. Gleichwohl dürfe dieser "das Recht nicht in die eigene Hand nehmen". Deshalb bleibe es bei der im Vorjahr ausgesprochenen sechsmonatigen Bewährungsstrafe.

Allerdings konnte der Angeklagte doch noch einen Erfolg für sich verbuchen. Denn die Strafkammer 10 hatte 2013 für den nach eigenen Angaben völlig Überschuldeten eine Zahlung von 1500 Euro an einen gemeinnützigen Verein zur Bewährungsauflage gemacht. Darauf verzichtete die Strafkammer 11 jetzt.