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Sozial engagierte Stendalerin verlässt ihre Heimatstadt und folgt der Liebe nach Wismar Anni Lange ist kein Frosch und geht

Von Thomas Pusch 27.03.2014, 02:22

Manche nennen sie eine Stendaler Institution, andere sagen, sie gehört zur Stadt wie der Roland. Und doch wird die sozial engagierte Christa Anni Lange ihre Heimatstadt verlassen.

Stendal l Leicht fällt ihr der Abschied nicht. Eher schwer. Christa Anni Lange, die fast alle nur Anni nennen, sitzt im Wohnzimmer ihrer Wohnung im obersten Stockwerk eines Hauses an der Juri-Gagarin-Straße und schaut auf ihren Balkon. "Wie oft habe ich da gestanden", sagt sie nachdenklich, "nach draußen geguckt und nachts manchmal nach Sternschnuppen Ausschau gehalten." Und wenn sie sich etwas gewünscht hat, dann war es wohl, dass es den Kindern gut geht. Kinder liegen ihr am Herzen, aber nicht nur die.

Schwanenteich war Kindheitsdomizil

1942 wurde sie in Stendal geboren, in einem Haus an der Breiten Straße. "Ich war schon immer sozial", sagt sie. Und damit meint sie nicht nur, dass sie sich für Kinder eingesetzt hat, die bedroht wurden, sondern auch für eine ganz andere Spezies. Der Schwanenteich war in Kindheitstagen ihr Revier. Als andere Kinder dort Frösche quälten und in den Teich warfen, rettete sie die Tiere. Damals begann wohl ihre Liebe zu den grünen Amphibien.

Über die Jahre hat sie viele gesammelt und geschenkt bekommen. Keine lebenden, sondern Exemplare aus Keramik, Plastik, gestrickte, gemalte oder auf sonst eine denkbare Art produzierte Frösche. Gezählt hat sie sie nie, aber jeder einzelne hat einen Namen von ihr bekommen. Da gibt es Rosalie, Julia, Hugo und viele mehr. Allerdings nicht so viele mehr in ihrer Wohnung in Stadtsee. Die meisten haben schon den Weg nach Wismar angetreten. In die Stadt, in die Anni Lange ihrer Liebe, Bernd, folgt.

Erstmals verließ sie Stendal 1960. Als staatlich anerkannte Erzieherin war sie zumeist in Köthen tätig. Sie erwarb die Befähigung für den Unterricht in Heimen, arbeitete auch in anderen Kindereinrichtungen. 1992 kam sie nach Stendal zurück, sie wollte sich um ihre älter gewordene Mutter kümmern. "Der Mensch ist mir wichtig", ist diese Haltung für sie aber nicht eine reine Familienangelegenheit. Und sie kümmert sich um Menschen. Zwar wird sie nicht Leiterin der Kinderkombination Süd, wirbelt aber in den Einrichtungen an der Otto-Nuschke-Straße und "Sonnenschein". Sie sitzt im Vorstand der GEW und wird Vorsitzende des Sozialausschusses.

Mit ihrem 60. Geburtstag am 1. Dezember 2002 verabschiedet sie sich aus dem Berufsleben. "Ich kann mich doch auch so überall einbringen, die jungen Kollegen brauchen ihre Arbeit", ist ihre Überzeugung. Und der folgt sie auch. Sie engagiert sich für Stendals Städtepartnerschaften, ist im Kirchenkreis aktiv, der Glockenturm der Marienkirche wird ihr neues Domizil. Dort fesselt sie bei Märchenlesungen die Kleinen, ebenso wie bei Kirchenführungen die Großen. Sie bringt sich bei Unicef ein, spielt im Theater und nimmt an Veranstaltungen im Asylbewerberheim teil. Ihre Wohnung wollte die Mutter zweier Töchter auch einer Familie aus einem fernen Land überlassen, doch dazu kam es nicht.

Politisch hat sie sich nie engagiert. "Ich war immer ohne Partei, aber habe immer Partei für Menschen ergriffen, die Hilfe brauchten", sagt sie. Dass sie Menschen mag, zeigt sie mit Umarmungen. "Ich drücke sie gerne und dann drücken auch die Zurückhaltenden zurück", hat sie festgestellt.

Auftritt in "Arsen und Spitzenhäubchen"

Das Leben ist für sie auch eine Bühne. Von der tritt sie nicht ab, wechselt nur den Spielort. Aber das mit einem passenden Schlussakt. Am 31.März ist sie bei einem Ausschnitt von "Arsen und Spitzenhäubchen" im Landratsamt zu sehen. Dann ist Schluss. Aber nur in Stendal.